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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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war.
    In einem Bergdorf, dessen Lehmhäuser sich an den Hang festklammerten und an dessen Eingang ein einsamer Wachtturm Posten stand, fanden sie Unterkunft für die Nacht. Der Anführer der Dorfgemeinschaft, der Aksakai, trat ihnen grüßend entgegen und beugte seinen ehrwürdigen alten Kopf in Anerkennung des Khans. Sie wurden in seine Hütte geführt, die nur aus einem Raum bestand und in der ein Feuer aus Schafdung widerspenstig schwelte. Der Dori -Mullah kam durch die niedrige Tür, und Ayesha überließ sich den langen Begrüßungszeremonien, die Angelegenheit der Männer waren. Vor Beendigung des Rituals würde es kein Abendbrot geben, und sie fühlte sich halbverhungert. Zu ihrem Trost mußten auch die Männer mit dem Essen warten, und mit etwas Glück würde Akbar Khan die Dinge ein wenig beschleunigen.
    Geduld war eine schon lang erlernte Stärke, sie blieb daher in vollkommener Unbeweglichkeit stehen, die Kit so beeindruckt hatte, während die Worte gewechselt wurden und das Feuer weiterhin seinen üblen Rauch verbreitete. Die Männer nahmen grünen Schnupftabak in Empfang und legten ihn unter die Zunge, indessen der heilige Mann seine Rede in geradezu hypnotisierender Eintönigkeit fortsetzte. Aber schließlich kam er zum Ende, und Ayesha spürte das Gefühl von Erleichterung, das sich unter den übrigen Frauen breitmachte. Jetzt konnten sie endlich essen.
    Wie es in einem armen Dorf nicht anders zu erwarten war, äußerte sich die Gastfreundschaft nicht in übermäßiger Reichhaltigkeit, und Ayesha wußte nur zu gut, welch großes Loch ihre große Reisegruppe in die Vorräte des Aksakai reißen mußte. Aber andere Dorfbewohner erschienen mit ihren eigenen Gaben: Talkhan, ein Kuchen aus getrockneten Maulbeeren mit Walnüssen; runde, flache Weizenlaibe, mit denen man Gaimac, die dicke gelbliche Schicht, die sich auf der Sahne bildet, auftunken konnte; Streifen getrockneten Antilopenfleisches; und Salz, welches von einem wohlgehüteten Block abgekratzt wurde. Zu trinken gab es nur Dugh. Ayesha empfand diese gekochte und mit Wasser verdünnte Milch als einen nur mageren Ersatz für den Tee, nach dem sie sich sehnte, und die Lebensfreude kehrte sichtbar in sie zurück, als Akbar Khan seinem Gastgeber einen Riegel Tee anbot, der mit rotem Pfeffer versetzt war. Aber würde man solchen Luxus auch den Frauen anbieten? Sie wartete und schmorte im Fieber der vorauszusehenden Enttäuschung.
    Der Samowar wurde mit viel Aufregung und Händereiben herbeigeholt. Man bereitete den Tee zu, gemeinschaftliche Schalen wurden gefüllt und unter den Männern herumgereicht. Ayesha fühlte, wie sich unaufhaltsam Tränen hinter ihren Lidern sammelten. Es war lächerlich, sich wegen einer Tasse Tee so schmerzhaft beraubt zu fühlen. Aber der Tag war lang und hart gewesen, und der kraftraubende Ritt mit Akbar Khan forderte seinen Tribut.
    Akbar Khan blickte sich zu ihr um. Sie trug den alles verbergenden Chadri nicht mehr, aber aus Rücksicht auf die gemischte Gesellschaft war ihr unverschleiertes Gesicht von den Männern abgekehrt. Dennoch fühlte er ihre Enttäuschung durch den ganzen kleinen, rauchigen Raum, der sie trennte. Manchmal überraschte es ihn, wie fein er auf ihre Gefühle abgestimmt zu sein schien, selbst bei einer so trivialen Angelegenheit wie dieser. Er sprach zu dem Aksakai, der sich beeilte, die Schale des Khan neu zu füllen, und brachte selbst Ayesha den Tee.
    »Vielen Dank«, seufzte sie und hob ihre Augen, um in sein Gesicht zu blicken, nur für den Bruchteil einer Sekunde.
    »Ich weiß, wie sehr du das genießt«, erwiderte er leise. »Und nach so einem Ritt brauchst du, meine ich, etwas, was dich wieder zu Kräften kommen läßt.« Er blickte sich in dem überfüllten kleinen Raum um, und ein reuiges kleines Lächeln spielte auf seinen Lippen. »Es gibt andere Freuden, auf die wir, fürchte ich, werden verzichten müssen, Ayesha … bis wir in Kabul anlangen.«
    Sie senkte ihren Kopf bestätigend und vergrub ihre Nase in dem reichen, pfeffrigen Duft des Tees.
     
    »Ich begreife nicht, was General Sale zugestoßen sein mag«, lärmte Elphinstone und zupfte auf die gewohnte Weise an der Decke auf seinen Knien herum. »Er hat den Befehl, ohne Verzögerung nach Kabul zurückzukehren, wenn er den sicheren Transport seiner Verwundeten ermöglichen kann.« Die letzte Oktoberwoche war angebrochen.
    »Ich nehme an, Sir, daß der General nicht bereit ist, den Ghilzai zu vertrauen.« Kit blickte von der Karte auf,

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