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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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sich.
    »Papperlapapp!« machte der andere. »Wir alle wissen, daß der Mann ein blinder Dummkopf ist. Er sieht nur, was er sehen will. Ich weiß nicht, was im Moment in der Stadt los ist, aber von der Atmosphäre dort bekomme ich eine Gänsehaut. Wie wär’s mit einem Gläschen?«
    Kit nahm die Einladung dankbar an. Der erste Brandy des Tages hob im allgemeinen die unangenehmen Folgen der Exzesse der vorangegangen Nacht auf, und seine Kopfschmerzen nahmen von Minute zu Minute zu. Eine halbe Stunde später und nachdem sie ihrem Ärger über ihre Vorgesetzten Luft gemacht und noch einen zweiten Brandy zusammen getrunken hatten, verabschiedete er sich von Hauptmann Johnson und ging, in dem Gefühl wiederhergestellt zu sein, hinaus in die Straßen.
    Er ließ sein Pferd beim Schatzamt zurück und wanderte zu Fuß durch die engen Gassen. Johnson hatte recht gehabt. Selbst die Luft in der Stadt schien vor Unruhe und mühsam unterdrückter Gewalt zu vibrieren. Er war an die Feindseligkeit der Einwohner gewöhnt, aber diese Stimmung war anders. Da lag offene Unverschämtheit in den Augen, die den seinen begegneten, und eine unterschwellige Herausforderung in der Art, wie die Männer zur Seite traten, um ihm Platz zu machen, als fürchteten sie, sich durch die Berührung mit dem Feringhee anzustecken.
    Er betrat den lauten, geschäftigen Basar und bemerkte, daß die eine Hand unbewußt auf dem Schwert an seiner Seite unter dem Reitermantel und die andere auf dem Pistolenknauf in seiner Tasche lag. Um ihn herum lärmten Käufer und Verkäufer, und Neuigkeiten wurden ausgetauscht, aber alles kam zum absoluten Stillstand, sobald er dazutrat, und die dunklen Augen starrten ihn durchdringend an.
    Kit hatte plötzlich entschieden, daß er sich nicht mehr länger im Basar aufhalten wollte. Er machte auf dem Absatz kehrt … und dann sah er sie. Das Blut schien ihm in den Adern zu gefrieren, und sein Atem stockte. Der seidige weiße Chadri hob sich wie schon früher aus einem See von dunkler selbstgesponnener Kleidung ab, aber auch ohne dieses Merkmal, selbst wenn sie genau wie alle anderen gekleidet gewesen wäre, er hätte sie erkannt. Es war die Art, wie sie den Kopf trug, ihre Körperhaltung. Sie befühlte Stoffballen an einem teppichverkleideten Stand, und der Händler stand dabei, beobachtend und wartend. Sie sagte etwas zu einer der Frauen, die sie begleiteten, und die Frau sprach mit dem Standinhaber. Ein rascher Wortwechsel fand statt, zu dem Ayesha jedoch schwieg. Eindeutig übernahmen ihre Gefährtinnen den Handel nach ihren Anweisungen.
    Kit wollte, daß sie ihn sah. Er brauchte es unbedingt. Das Verlangen, einen Blick dieser jadegrünen Augen durch die Maschen des Schleiers hindurch zu erhaschen, war unbezähmbar. Energisch bahnte er sich einen Weg auf den Stand zu, ungeachtet des bedrohlichen Murmelns und der feindseligen Blicke. Er kam um den Stand herum.
    Ayesha lauschte konzentriert Sorayas Fortschritten bei dem Handel, obwohl die Sitte es verlangte, daß sie vollkommen unbewegt blieb. Ihre Augen wanderten ziellos, als sich ihr die Nackenhaare aufstellten. Sie warf den Kopf herum und traf auf den verlangend-forschenden Blick von Christopher Ralston.
    Kalter Schweiß brach ihr aus und lief über die Haut unter ihrem Kaschmirgewand, als sie sich zu absolutem Stillstehen zwang und mit jeder verzweifelten Faser der Versuchung widerstand, seinen Körper mit dem ihren zu berühren. Ihr Kopf bewegte sich unendlich langsam … zeigte er eine Ablehnung oder eine Einladung an? Aber es gelang ihr nicht, die Augen zu senken. Sie sogen ihn in sie hinein, Körper und Seele, als wolle sie ihn über ihre Augen in sich aufnehmen.
    Endlich gewahrte sie, daß Soraya mit ihr sprach. Ihre Begleiterin durfte nichts von der eigentümlichen Versunkenheit ihrer Schutzbefohlenen merken. Gleich würde ihr die Anwesenheit des englischen Soldaten, der wie angewurzelt weniger als fünf Schritte entfernt stand, auffallen, und sie konnte unmöglich den Strom, der zwischen ihnen beiden floß, übersehen. Man konnte ihn nahezu mit den Händen greifen, und die Luft zwischen ihnen schien zu vibrieren wie eine angeschlagene Saite. Akbar Khan durfte erst recht nichts wissen von diesem … diesem … konnte man es Treffen nennen? Wohl kaum, aber er mußte weiter davon überzeugt sein, daß Christopher Ralston ihr gleichgültig war, daß die Nacht, die sie mit dem Engländer verbracht hatte, im Nebel der Erinnerungen verschwunden war. Wenn er die Wahrheit

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