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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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die er studiert hatte und bemühte sich um die Gelassenheit, von der er wußte, daß sie seinen verdrießlichen Vorgesetzten beruhigen würde. »Er wird wahrscheinlich nicht die Route über den Purwan-Durrah-Paß wählen, um einem möglichen Hinterhalt aus dem Weg zu gehen. Wenn er statt dessen die Bergstraße südlich dieses Übergangs nimmt, dann braucht er länger, um das Jugdulluk-Tal zu erreichen, von wo aus er dann einen Läufer schicken kann.«
    »Warum sollte er ihnen nicht trauen?« wollte Sir William wissen. »Sie sind jetzt unsere Verbündeten. Der Waffenstillstand ist geschlossen. Die Pässe sind frei.«
    Kit seufzte, unternahm jedoch keinen Versuch, den Kronbevollmächtigten in eine Diskussion zu verwickeln. Es wäre eine nutzlose Übung, und er würde zum Schluß nur vor Vergeblichkeit schäumen. Sein Kopf schmerzte bereits.
    »General, darf ich mir einen Vorschlag erlauben? Meinen Sie nicht, daß es vernünftig wäre, das Verpflegungslager innerhalb des Kantonnements unterzubringen?« Diese Frage beschäftigte Kit und andere schon geraume Zeit. Bisher befand sich das Verpflegungslager in einem Fort in der Ebene vor der Siedlung. Waren wurden je nach Bedarf ins Kantonnement geschafft. Es war mit einer verhältnismäßig großen Garnison versehen, aber eine afghanische Befestigungsanlage befand sich auf direkter Linie zwischen dem Verpflegungslager und dem Kantonnement, daher bedurfte es nur geringer Phantasie, um die mögliche Gefährdung, die dieser Umstand für die Briten bedeutete, zu erkennen.
    »Oh, aber wir haben doch bereits alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen«, protestierte Elphinstone. »Wir haben einen Graben um das Kantonnement ausgehoben, nicht wahr, Sir William? Und einen Wall aufgeschüttet.«
    Über den jede Kuh klettern kann, dachte Kit hämisch. »Aber das Gelände ist umgeben von besetzten afghanischen Forts, Sir. Warum versuchen wir nicht, sie zu zerstören, wenn wir sie nicht befehligen können?«
    »Sie überschreiten Ihre Zuständigkeit, Leutnant«, sagte Sir William kalt. »Das Treffen von Entscheidungen ist nicht die Aufgabe eines Adjutanten.«
    »Ich bitte um Entschuldigung, Sir William.« Kit fragte sich, wie lange er sich noch würde zurückhalten können in Anbetracht seines Wissens um die herannahende Katastrophe … einer selbst herbeigeführten Katastrophe. Die Verteidigungslage des Kantonnements war verachtenswert; afghanische Befestigungen häuften sich geradezu in der umliegenden Ebene. Dabei hatte Elphinstone vier gut ausgerüstete und ausgebildete Infanterieregimenter, zwei Artilleriebatterien, drei Kompanien Pioniere und ein Kavallerieregiment zu seiner Verfügung. Und in der Balla Hissar konnte Shah Soojah noch einmal auf eine beträchtliche Zahl Soldaten und Kanonen zurückgreifen. Diese vereinten Kräfte sollten doch dazu in der Lage sein, die afghanischen Forts zu besetzen und damit den Nachschub und die Verteidigung des Kantonnements zu sichern. Aber keiner wollte irgend etwas unternehmen; niemand wollte überhaupt zugeben, daß da eine Bedrohung langsam Gestalt annahm.
    »Ich werde diese Depeschen an Brigadier Shelton schicken lassen«, sagte Kit jetzt, als ob er den vorangegangenen Vorschlag niemals gemacht hätte. »Dann werde ich Hauptmann Johnson im Schatzamt Ihre Anweisungen geben.« Er sammelte die Papiere ein, zog seinen Uniformrock glatt, richtete seine Koppel und das Schwertgehänge daran aus, salutierte forsch und verließ den Raum. Er schickte Shelton, der sich mit seiner Brigade in einem Lager in den Hügeln von Seah Sung anderthalb Meilen vom Kantonnement entfernt befand, einen Läufer, dann verließ er das Hauptquartier und ritt nach Kabul zum Schatzamt.
    Hauptmann Johnson empfing ihn düster. »Macnaghten weiß, daß die Kassen leer sind«, sagte, er, während er dem Befehl entnahm, daß er den Shah mit weiteren hunderttausend Rupien versorgen sollte. »Und jetzt, da wir den Stammesfürsten die Abgaben zurückzahlen mußten, sieht es sogar noch schlechter aus. Woher soll ich nach seinem Dafürhalten diese Summe nehmen?«
    Kit schüttelte den Kopf. »Sir William hat mich nicht ins Vertrauen gezogen, Sir. Ich bin lediglich ein Adjutant, der Botschaften übermittelt.«
    Johnson warf ihm einen scharfen Blick zu. »Höre ich aus diesen Worten einen ärgerlichen Unterton heraus über unseren geschätzten Kronbevollmächtigten, Ralston?«
    »Natürlich nicht, Sir. Es ist nicht meine Sache, Kritik zu üben«, Kit verneigte

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