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Jaeger

Jaeger

Titel: Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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unterwegs?«
    »Richtung … Meer.«
    »Und woher kamen Sie?«
    »Ich war in Snape Maltings spazieren, in der alten Mälzerei. Habe mir ein bisschen die Beine vertreten.«
    »Sind Sie von hier?«
    »Ich wohne …« Er hielt inne und sah sie an. Eine leichte Röte stieg ihm ins Gesicht. »Stehe ich etwa unter Verdacht? Was läuft hier eigentlich?«
    »Das sind reine Routinefragen, Mr Milton. Ich muss sie stellen, das gehört zu meinem Job. Sind Sie von hier?«
    »Mehr oder weniger. Ich habe hier ein Wochenendhaus. Den Rest der Zeit lebe ich in London.«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Wollen Sie sich mit mir verabreden, Detective Sergeant?«
    Nun war Jessica diejenige, die errötete. Sie spürte Miltons Blick auf sich. Dunkel, stechend. »Ich wollte lediglich wissen, ob Sie alleine hier sind.« Ihre Kehle war auf einmal ganz trocken. »Mehr nicht.«
    »Verstehe.« Er nickte. »Nein, ich bin mit … Bekannten hier. Arbeitskollegen hauptsächlich. Wegen des Musikfestivals. Aber manchmal wird mir der Trubel zu viel, dann brauche ich ein bisschen Zeit für mich. Deshalb bin ich spazieren gegangen.«
    »Aha.« Sie nickte. In diesen wenigen knappen Sätzen sah sie sein ganzes Leben vor sich: Wochenenden in Suffolk, vermutlich Sommerurlaube in Frankreich oder Italien. Abendliche Theaterbesuche. Definitiv nicht die Sorte Mann, mit der sie normalerweise Umgang pflegte. Im Tiger Tiger in Ipswich waren Typen wie er jedenfalls dünn gesät.
    »Und als Sie am Cottage vorbeikamen, haben Sie die Explosion gehört?«
    »Das ist richtig.«
    »Und dann?«
    »Also … ich wurde zu Boden geschleudert. Es gab … Es war wie ein Windstoß, ein Riesenknall, und dann diese unglaubliche Hitze …« Erneut verstummte er. Jessie wartete. »Dann … habe ich mich aufgerappelt und die Augen aufgemacht. Ich dachte, ich wäre tot. Das war mein allererster Gedanke: dass ich tot bin.«
    »Aber Sie waren nicht tot.«
    »Nein. Ich bin aufgestanden und habe mich vergewissert, dass ich unverletzt bin. Eine Sekunde später kam dann plötzlich diese Frau auf mich zugestürzt.«
    »Auf Sie zugestürzt?«
    »Also, auf das Cottage. Man konnte schon Flammen aus den Fenstern schlagen sehen. Und schwarzen Qualm. Es sah so aus, als wollte sie ins Haus rennen.«
    »Was haben Sie gemacht?«
    »Ich … habe versucht, sie davon abzuhalten.«
    »Indem Sie sie zu Boden gedrückt haben?«
    »Eigentlich habe ich sie eher gezogen. Sie hat sich gewehrt.« Er deutete ihr Gerangel mit Gesten an. »Sie wollte unbedingt ins Haus, aber das wäre natürlich der reinste Irrsinn gewesen. Also habe ich … sie festgehalten. So lange, bis sie … bis sie irgendwann aufgehört hat zu schreien.«
    Jessie nickte. Musterte Milton erneut. Er hielt den Kopf gesenkt, sein Blick war leicht verklärt. Wahrscheinlich durchlebte er den Moment in Gedanken gerade noch einmal.
    »Haben Sie sonst noch jemanden in der näheren Umgebung gesehen?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »War irgendjemand zum Zeitpunkt der Explosion in der Nähe des Cottage? Außer der Frau?«
    Milton runzelte angestrengt die Stirn. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nein. Nicht dass ich wüsste …«
    »Auch kein kleines Mädchen? Etwa drei Jahre alt?«
    »Nein. Wird ein kleines Mädchen vermisst?«
    »Das wissen wir noch nicht.« Jessica kam zu dem Schluss, dass sie alles von ihm erfahren hatte, was es zu erfahren gab. »Also, dann bedanke ich mich, Mr Milton, ich –«
    »Da war noch was.« Stuart Milton nagte an seinem Daumen. Er hatte sich in einen winzigen Fetzen Haut verbissen. Sein Gesicht verzog sich, als kämpfe er gegen die Worte an, die im Begriff waren, ihm über die Lippen zu kommen.
    Jessie fixierte ihn auffordernd.
    »Sie …« Er stieß einen Seufzer aus, bevor er den Hautfetzen mit den Schneidezähnen abriss. Dann sah er Jessie ins Gesicht. »Als ich sie gepackt habe, hat sie etwas gesagt.«
    »Was denn?«
    Er betrachtete angestrengt seinen Daumen. Dort, wo er die Haut abgebissen hatte, quoll ein stecknadelkopfgroßer Tropfen Blut hervor. Er begann heftig an der Wunde zu saugen. »So was wie …« Er sah auf. »›Ich muss da wieder rein. Was habe ich getan?‹ …« Er nickte. »Ja. ›Was habe ich getan?‹ So etwas in der Art hat sie gesagt.«
    Jessie hatte schon den Mund geöffnet, um ihn zu bitten, seine Beobachtung näher auszuführen, als ein heftiges Klopfen an der Scheibe sie innehalten ließ. Sie hob den Kopf. Draußen stand Mickey Philips und gestikulierte. Es schien dringend zu

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