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Jaeger

Jaeger

Titel: Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Neugierige lauerten.
    Anfangs war der Rummel immer weitergewachsen, als träume er in einem Anflug von Größenwahn davon, sich mit Alton Towers, dem größten Vergnügungspark Großbritanniens, messen zu können, nur um dann infolge verschärfter kommunaler Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften wieder zu schrumpfen. Inzwischen fürchteten sich die amüsierwilligen Familien von außerhalb mehr vor der ortsansässigen Jugend als vor der Geisterbahn.
    Die gemütlichen Cafés von früher gab es schon lange nicht mehr, dafür florierten in unmittelbarer Nähe zum Meer jetzt diverse Imbissbuden, in denen alles serviert wurde, was schnell ging, sich frittieren ließ und dick machte.
    Das zaghafte Auftreten der Karfreitags-Sonne hatte mehr Menschen als sonst in die Spielhallen und Bars gelockt. Marina kam an alten, zerkratzten Holzbänken vorbei, die vor heruntergekommenen Pubs standen. Drinnen drehten tätowierte Männer in Unterhemden sich Zigaretten, tranken Lager, zeigten beim Lachen die Zähne und versuchten den Frauen ihrer Freunde an die Wäsche zu gehen. In ihrem Verhalten war eine mühsam unterdrückte Aggression zu spüren, nicht unähnlich der ihrer Kampfhunde, die unter den Tischen lagen und dort sporadisch an ihren Leinen zerrten.
    Marina eilte am Wasser entlang. Sie ging so schnell, dass sie außer Atem war, auch wenn sie nach außen hin ruhig wirkte.
    Nachdem sie das Krankenhaus verlassen hatte, war sie zunächst auf die A 12 , dann auf die A 127 eingebogen. Anfangs war sie so schnell gefahren, wie sie nur konnte, allerdings hatte sie sich schon bald besonnen und den Fuß vom Gas genommen. Wenn die Polizei sie wegen überhöhter Geschwindigkeit anhielte, würde das im günstigsten Falle eine längere Verzögerung bedeuten, im schlimmsten jedoch eine erzwungene Rückkehr ins Krankenhaus.
    Und dann hätte sie Josephina zum letzten Mal gesehen.
    Also war sie knapp unterhalb der zulässigen Höchstgeschwindigkeit geblieben. Ihr Herz war schneller gerast als der Motor des Wagens.
    Da sie sich in Southend nicht sonderlich gut auskannte, war sie den Hinweisschildern zum Wasser und zu den Parkplätzen gefolgt. Sie hatte gerade aus dem Wagen springen wollen, als sie im Rückspiegel ihr Bild auffing. Sie sah zum Fürchten aus. Das Gesicht voller Blut und Schrammen, die Haare ein verfilztes Nest. Notdürftig säuberte sie sich das Gesicht und richtete sich die Haare – kein Vergleich zu dem, was sie normalerweise tat, bevor sie aus dem Haus ging, aber mehr war nun einmal nicht möglich.
    Außerdem war das ihr altes Selbst gewesen. Ihr altes Leben. Jetzt war sie jemand Neues. Eine gänzlich andere Person.
    Sie stieg aus und schlug den Weg parallel zum Pier ein. Sie tat ihr Bestes, die vor den Bars sitzenden Leute zu ignorieren, auch wenn sie sich von ihren Blicken verfolgt fühlte. Verurteilende Blicke waren es. Gemeine, verschwörerische Blicke.
    Sie durfte sich keinen Fehler erlauben, während all diese Augen auf sie gerichtet waren. Um Josephinas willen.
    Sie bog um eine Ecke in eine Straße ein, die vom Wasser fortführte. Sie hatte sich den Weg auf der Karte angesehen und genau eingeprägt. Ein Weg, der zu einer ganz bestimmten Straße führte. Und zu einem Namen: Coasters.
    Sie ging weiter und hatte die Straße bald gefunden. Sie lag nicht direkt am Wasser, doch die Geräusche und Gerüche vom Pier erreichten sie hier immer noch: Klangfetzen der Spielhallenmusik, das Kreischen der Achterbahn-Fahrenden, der Geruch von billigem, altem Fett. All das wurde mit der Brise zu ihr hingetragen und dann genauso schnell wieder fortgeweht, sobald der Wind sich drehte, ganz wie die Möwen, die auf der Suche nach Essensresten durch die Luft schossen.
    Doch Marina hatte keine Augen für ihre Umgebung. Sie ging einfach weiter.
    Kurz darauf kam ihr Ziel in Sicht: das Coasters. Es war ein Lokal, das selbst in der Kategorie der Absturzkneipen sehr weit unten rangierte.
    Mehrere eingeschossige Gebäude aus Gasbetonsteinen säumten einen ungepflegten Parkplatz voller Schlaglöcher, Glasscherben und Autos, die ihre Besitzer nur aus einem einzigen Grund dort abgestellt hatten: um die Versicherungssumme zu kassieren, wenn das Unvermeidliche eintrat und ihr Gefährt einem Akt von Vandalismus zum Opfer fiel. Ein Großteil der Häuser war mit Brettern vernagelt, die übrigen hatten massive Eisengitter oder Maschendraht vor den verwitterten, schmutzigen Fenstern und metallene Rollläden vor den Türen. Es gab einen Gebrauchtwarenladen,

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