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Jaeger

Jaeger

Titel: Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Weg ein, der mit spitzem Schotter bedeckt und voller Schlaglöcher war. Sie fuhren einen Hang hinab, und er wurde im Auto regelrecht durchgerüttelt. Unten am Hang stand dann das Haus. Oder ein Cottage, verbesserte er sich in Gedanken, da sie ja auf dem Land waren. Früher einmal war es weiß gewesen, aber jetzt schien es nicht mehr so genau zu wissen, welche Farbe es hatte. Die Fensterscheiben waren schmierig, von den Wänden blätterte die Farbe ab. Die Haustür sah aus, als hätte jemand sie eingetreten. Es gab keine Blumen und auch sonst nichts, was einem das Gefühl gegeben hätte, willkommen zu sein. Ein altes silbernes Auto, lang und eckig, parkte in der Einfahrt.
    »Da wären wir. Alles aussteigen.«
    Er stieg aus. Sah sich um. Die Luft roch anders hier. Nach Salz. Nach Meer. Er schloss die Augen und lauschte. Hörte das Rauschen von Wasser. Sie befanden sich in der Nähe der See. Oder wenigstens eines großen Flusses. Er konnte auch Hunde kläffen hören. Sie klangen wie Wachhunde, die außerhalb des Hauses gehalten wurden und deren Aufgabe darin bestand, alles und jeden zu verbellen. Und dann hörte er noch etwas. Ein schrilles, abgehacktes Geräusch, das der Wind ihm zuwehte.
    »Was ist das? Weint da ein Kind?«
    Jiminy Grille tat so, als hätte er ihn nicht gehört.
    Er versuchte es erneut. »Wo sind wir hier?«
    Daraufhin lächelte sein Begleiter, blieb ihm aber erneut eine Antwort schuldig.
    Sie gingen ums Haus herum und blieben vor dem Wohnwagen stehen. Dort wurde ihm eröffnet, dass dies jetzt sein neues Zuhause sei.
    Er starrte den Wohnwagen an. Die rostzerfressenen Wände, die platten Reifen. Blinde Scheiben mit scheußlichen Gardinen davor, die lauter Löcher hatten, als wären sie angefressen worden. Das sah ihm nicht nach Freiheit aus. Das sah aus wie eine neue Zelle. Als wäre er immer noch eingesperrt, selbst unter diesem riesigen blauen Himmel.
    »Ich will hier nicht bleiben«, verkündete er und schluckte die aufsteigende Panik hinunter. »Ich muss hier weg.«
    Er drehte sich um und stapfte los. Eine Hand legte sich auf seinen Arm. »Du gehst nirgendwohin.« Dann Gelächter und ein amerikanischer Akzent, wie um den Worten die Schärfe zu nehmen. »Ich brauche dich, Decks. Ich brauche den alten Blade Runner. Ich brauche deine Magie.«
    Er hatte keine Ahnung, wovon Jiminy sprach, und versuchte weiterzugehen. »Bitte. Ich will nicht hierbleiben. Ich will gehen.«
    Der amerikanische Akzent verschwand, doch die Hand an seinem Arm blieb. »Wohin denn? In irgendein Heim oder eine Herberge? Wo man dir hinterherschnüffelt? Wo du alle zwei Wochen irgendeinen Wisch unterschreiben musst? Ist es das, was du willst?«
    Er antwortete nicht.
    »In eine Resozialisierungseinrichtung. Zusammen mit den Kinderfickern und Mördern. Echten Mördern, wohlgemerkt, nicht solchen Typen wie du. Mit den Durchgeknallten. Den Bekloppten.«
    »Aber … im Gefängnis war es doch auch so.«
    »Ja, das stimmt. Aber da gab es eine dicke schwere Eisentür, die sie dir vom Hals gehalten hat. Glaubst du, so was gibt’s auch in der Einrichtung?«
    Er schwieg.
    Jiminy Grille interpretierte dies als eine Form der Zustimmung. »Dachte ich mir. Nein, hier bist du besser aufgehoben. Außerdem hatten wir eine Abmachung.«
    »Was?«
    »Weißt du nicht mehr? Vor all den Jahren?« Jiminys Lächeln wurde breiter. Seine Zähne waren scharf wie die eines Haifischs. »Ich hab damals gesagt, wenn du alles genau so machst, wie ich es dir sage, dann stehst du am Ende als Gewinner da. Hab ich dir das gesagt oder nicht?«
    Schon möglich. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern.
    »Ich hatte einen Plan, weißt du noch? Na, und es hat eben einfach ein Weilchen gedauert, diesen Plan umzusetzen, das ist alles. Die ganze Sache ist langfristig ausgelegt.«
    »Und was … was ist das für ein Plan? Was hab ich davon?«
    »Ein neues Leben. Rache. An den Leuten, die dich eingebuchtet haben. Die dir dein Leben gestohlen haben. Jetzt spitzt du die Lauscher, was?«
    »Aber … und jetzt?«
    »Wirst schon sehen.« Jiminy Grille zeigte auf den Wohnwagen. »Bis dahin mach’s dir gemütlich. Leg die Füße hoch.«
    Er blinzelte mehrmals hintereinander. Irgendetwas machte ihm zu schaffen.
    »Aber … die Bewährung. Ich muss unterschreiben. Ich kriege Geld zum Leben.«
    »Du hast bald genug Geld. Du hast bald alles, was du brauchst. Und noch mehr. Millionen.«
    »Aber ich … mein Name. Ich … Die werden doch nach mir suchen.«
    »Du hast jetzt einen

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