Jaeger
doch nicht machen. Bitte. Ich habe doch alles getan, was Sie von mir wollten. Bitte …«
»Bis hierher haben Sie Ihre Sache gut gemacht. Vermasseln Sie es jetzt nicht.«
Die Leitung war tot. Marina blickte die Straße in beide Richtungen hinab. Spähte in Hauseingänge, beobachtete Passanten. Sie sah niemanden, der gerade telefonierte.
Sie war ganz und gar allein.
14 »Du bist ein Risiko eingegangen.«
»Und es hat sich ausgezahlt. Ich habe rausgefunden, was wir wissen wollten.«
Sie schüttelte den Kopf. So hatte sie es nicht gemeint, und das wusste er ganz genau.
Der Mann, der sich kurz zuvor als Stuart Milton vorgestellt hatte, setzte sich neben sie aufs Bett. Sie hatte auf ihn gewartet und sich in seiner Abwesenheit so zurechtgemacht, wie er es mochte: Strümpfe mit Nähten, hohe Absätze, Stacheln, Riemen, Schnallen und transparentes Schwarz. Am Bett hatte sie Fesseln aus Leder und Seilen angebracht. Feste Knoten und massive Verschlüsse. Masken und diverse Spielzeuge lagen bereit. Die Haussklavin war auf ihr Zimmer geschickt worden. Sie hatten feiern wollen, nur sie beide. Doch jetzt musste all das warten.
Sie wusste, dass er sie ansah. Aus dem Augenwinkel. Er musterte sie, ließ den Blick über sie wandern, während er sich unbewusst mit der Zunge den Mundwinkel leckte. Sie spürte, wie es in ihr zu kribbeln begann. Trotz ihrer Probleme. Bestimmt ging es ihm genauso. Er konnte ihr nicht widerstehen. Nie. Dafür sorgte sie.
Sie saß regungslos da, konzentrierte sich ganz auf ihren Atem. Betrachtete sich in dem mit Bedacht platzierten mannshohen Spiegel. Ja, sie beherrschte das Spiel nach wie vor. Ihr Haar war immer noch dunkel, ihr Gesicht frei von Falten. Ihre Haut war weich und leicht gebräunt. Ihre Beine waren schlank, die Titten straff. Sie liebte es, sich selbst im Spiegel anzuschauen. Es bestätigte sie in dem, was sie war.
Diesen Zustand aufrechtzuerhalten kostete – und nicht nur Geld. Aber es war jede Mühe wert. Jede.
Ihre Brustwarzen wurden hart, allein davon, dass sie sich selbst im Spiegel betrachtete.
»Ich habe ihnen einen falschen Namen genannt«, fuhr er fort. Auch er hatte den Blick auf ihr Spiegelbild geheftet.
»Welchen denn?«
Er hielt kurz inne und lächelte. »Stuart Milton.«
»Du Idiot! Was, wenn sie –«
»Das werden sie nicht. Keine Spur führt zu mir zurück. Es gibt keinerlei Verbindung. Sei unbesorgt. Ich habe eine absolut bühnenreife Vorstellung hingelegt.« Er lächelte erneut, und diesmal öffnete er dabei den Mund. Er war voller scharfer Zähne. »Du wärst stolz auf mich gewesen.«
Sie sagte nichts. Betrachtete sich weiterhin im Spiegel. Wenn sie ihm keine Beachtung schenkte, würde ihn das womöglich wütend machen. Hoffentlich.
»Die anderen wurden alle ins Krankenhaus gebracht«, sagte er. Seine Stimme war bereits ein klein wenig lauter geworden. »Sie haben sie nicht, ich weiß es.«
Ihr Blick war nach wie vor auf den Spiegel gerichtet. »Und woher weißt du das?«
»Weil die Polizei es mir gesagt hat. Sie haben sie nicht.«
Sie drehte ihm das Gesicht zu und hielt seinen Blick fest, ohne zu blinzeln. Ihr Mund war rot wie ein frischer Bluterguss. »Tatsächlich?«
»Ja. Tatsächlich.« Seine Wangen begannen zu glühen. »Ich habe sie mir gegriffen. Sie davon abgehalten, noch mal ins Haus zu laufen. Und dann …« Sie beobachtete ihn. Wusste, dass er an die Explosion dachte. Konnte seine Erinnerung daran beinahe als Bild auf seiner Iris sehen. Die Flammen, die Hitze … – »haben sie sie weggebracht. Sie haben gesagt, ich hätte ihr das Leben gerettet.«
»Das war nicht der Plan.«
»Nein.« Auch dies sagte er mit erhobener Stimme. »Das ist mir klar. Aber der Plan hat sich eben geändert. Das war nötig, weil … du weißt schon. Sie waren plötzlich da. Ich musste improvisieren.« Er legte eine Hand auf ihren nackten Arm. Seine Finger zogen eine Spur bis zur Armbeuge und hinterließen eine Gänsehaut. »Wir müssen flexibel bleiben. Auf das reagieren, was geschieht. Immer am Ball bleiben. Das ist doch ziemlich aufregend.«
Sie machte keinerlei Anstalten, ihm Einhalt zu gebieten, doch sie ermutigte ihn auch nicht. Das war gar nicht nötig.
»Du hättest dich an den Plan halten sollen.«
Verärgert zog er seine Hand zurück. Er stand auf, entfernte sich ein paar Schritte. Sie sah ihm nach, und der Atem blieb ihr in der Kehle stecken.
»Es ist weg. Alles weg. Ich habe sogar den Wagen verloren.«
»Du hast –«
»Er ist bei der
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