Jaeger
brannte und begann anzuschwellen.
»Noch mal …«
Er gehorchte.
Und noch einmal. Wut und Begierde trieben ihn an.
Sie liebte ihn, wie sie noch nie zuvor irgendjemanden oder irgendetwas auf der Welt geliebt hatte.
Er machte immer weiter, mittlerweile mit beiden Händen. Erst bearbeitete er ihr Gesicht, dann ihren Körper.
Sie schloss die Augen. Gab sich ganz dem Schmerz hin.
Der Verzückung.
Ihrer ganz besonderen, einzigartigen Liebe.
15 Marina ging langsam zum Wagen zurück. Eine lebende Tote. Das Herz war ihr so schwer wie seit langem nicht mehr. Vielleicht schwerer als jemals zuvor.
Sie öffnete die Fahrertür und sank auf den Sitz. Lehnte den Kopf gegen die Kopfstütze. Sie hörte ihr Schluchzen, noch bevor sie die Tränen auf den Wangen spürte. Es klang, als säße etwas in ihr fest, das nur in kurzen, abgerissenen Fetzen herauskommen konnte. Wut. Schmerz. Trauer. Ohnmacht.
Josephina. Phil, Don und Eileen. Ihr Leben.
Gefühle wie Schwerthiebe, von denen jeder einzelne eine tiefe Wunde schlug.
Sie ballte die Fäuste und begann laut schreiend aufs Lenkrad einzuschlagen. Sie war wie von Sinnen. Sie fand keine Worte für ihren Zustand, nur unartikulierte Wut. Immer und immer weiter schrie und trommelte sie, bis sie leer war. Bis sie keine Kraft mehr hatte, um noch irgendeinem Gefühl Ausdruck zu verleihen. Bis zur totalen Erschöpfung. Danach verharrte sie keuchend und mit zurückgelegtem Kopf, als wäre sie einen Marathon gelaufen. Leer. Sie war leer und am Boden. Ihr Inneres war wie ausgebrannt.
Doch sie wusste, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein würde. Schon bald würden sich neue Gefühle in ihr ansammeln und sich immer weiter anstauen, bis sie irgendwann ein neues Ventil brauchte. Das war vollkommen unausweichlich. Was sie gerade durchmachte, war so fundamental, eine solche Kontinentalverschiebung, dass es auf kurz oder lang zu einem neuerlichen Erdbeben kommen musste.
Sie hoffte nur, dass sie es irgendwie überstehen würde.
Love Will Tear Us Apart.
Hastig griff sie nach ihrer Handtasche, die sie zuvor auf den Beifahrersitz geworfen hatte. Sie begann, Sachen herauszuholen und achtlos beiseitezuwerfen. Endlich fand sie das Handy und hob es ans Ohr.
»Hallo … hallo …« Ihre Stimme war hoch und schrill. Sie schluckte. Sie durfte sich jetzt nicht in ihre Verzweiflung ergeben. »Hallo?«
»Braves Mädchen.« Die Stimme. Es war wieder dieselbe Stimme.
Marina sagte nichts. Wartete ab.
Die Stimme sagte auch nichts.
Schließlich musste Marina das Schweigen brechen. »Wo ist sie? Wo ist Josephina?«
»Alles zu seiner Zeit.«
»Ich will mit ihr reden. Ihre Stimme hören …«
»Noch nicht. Sie müssen noch … Es gibt da noch was, was Sie erledigen müssen.«
Verzweiflung überkam sie. Eine Woge ohnmächtigen Zorns baute sich in ihr auf. Sie war so gewaltig, dass ihre Beine und Füße anfingen zu kribbeln und ihre Zehen sich verkrampften. »Aber … bitte, lassen Sie mich doch mit meiner Tochter sprechen.« Schweigen. »Bitte …«
Mehr Schweigen. Dann hörte sie Rascheln. Gedämpfte Stimmen im Hintergrund, Geflüster. Verstehen konnte sie nichts. Schließlich: »Noch nicht. Erst müssen Sie was für uns erledigen.«
Marina war den Tränen nahe. Sie wusste nicht, ob es ihr gelingen würde, sie zurückzuhalten. »Was … Sagen Sie mir, was ich tun soll, und ich tue es.« Sie war am Ende ihrer Kräfte.
»Geben Sie das hier in Ihr Navi ein.« Es folgten Koordinaten. »Fahren Sie sofort los. Wenn Sie da sind, erhalten Sie weitere Anweisungen.«
Marina versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Sich auf das zu besinnen, was sie gelernt hatte. »Warum tun Sie das?«, fragte sie. »Hören Sie, warum reden wir nicht einfach darüber? Wie … wie heißen Sie?«
Höhnisches Gelächter am anderen Ende. »Kommen Sie mir bloß nicht mit diesem dämlichen Psycho-Gerede. Das können Sie gleich vergessen.«
»Aber –«
»Fahren Sie los.«
Sie war zu schwach, um zu widersprechen.
»Dieselben Regeln. Keine Polizei. Keine Mitwisser. Keine Spuren. Bisher haben Sie Ihre Sache gut gemacht. Leisten Sie sich jetzt keinen Fehler.«
»Und danach … Kann ich danach meine Tochter sehen?«
»Wenn Sie brav sind und alles machen, was wir Ihnen sagen.«
»Bitte, tun Sie ihr nichts. Tun Sie ihr nichts. Bitte …«
Die Verbindung wurde beendet.
Noch nie hatte Marina sich so verlassen gefühlt.
Sie legte das Handy auf den Beifahrersitz, auf den Haufen Kleinkram, den sie aus ihrer Handtasche geholt
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