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Jaeger

Jaeger

Titel: Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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ein Wohnwagen, der in einem ähnlich erbärmlichen Zustand war wie das Haus. In der Einfahrt parkten zwei Autos.
    In einem zweiten Schritt suchte er nach Fluchtwegen. Das Haus war auf drei Seiten von Feldern umgeben. Davor lag die einsame Straße, an der er geparkt hatte. Wenn sie mit dem Auto fliehen wollten, mussten sie an ihm vorbei.
    Gut.
    Er öffnete das Handschuhfach und holte ein kleines Fernglas heraus, mit dessen Hilfe er die Front des Hauses nach Alarmanlagen, Kabeln oder Hinweisen auf versteckte Sicherheitssysteme absuchte. Die Leute ließen sich alles Mögliche einfallen, um solche Geräte zu tarnen, aber er wusste genau, wonach er Ausschau halten musste: ein neues Kabel an einer alten Wand – vielleicht hatte man es überpinselt, damit es nicht so herausstach, aber es gab unweigerlich kleine Farbabweichungen; die leicht erhabenen Umrisse von Bewegungssensoren an Fensterrahmen oder Türen; eine scheinbar defekte, uralte Alarmanlage an der Hauswand, in deren Gehäuse sich in Wirklichkeit ein nagelneues System verbarg. Er kannte sämtliche Tricks.
    Dieses Haus schien jedoch keinerlei Geheimnisse zu bergen. Er konnte nicht die kleinste Auffälligkeit entdecken.
    Ein weiteres gutes Omen. Die Zeichen für diesen Auftrag schienen in der Tat günstig.
    Nun richtete er das Fernglas auf den Wohnwagen, gerade als eine Frau aus dem Haus kam. Sie zog ein kleines Mädchen am Handgelenk hinter sich her und steuerte auf den Wohnwagen zu. Der Golem analysierte die Körpersprache der beiden. Die Kleine sah verheult aus und folgte der Frau nur äußerst widerwillig. Die Frau wiederum wirkte gestresst, als wolle sie etwas so schnell wie möglich hinter sich bringen.
    In einem früheren Leben hätte der Anblick des kleinen Mädchens vielleicht sein Mitgefühl erregt. Aber jetzt nicht mehr. Jetzt war es nur noch ein Auftrag. Er hatte klare Instruktionen erhalten: den Mann und die Frau töten, egal wie. Den zweiten Mann lebend zu den Sloanes bringen. Und das kleine Mädchen … Mit ihr sollte er nach eigenem Ermessen verfahren.
    Erneut inspizierte er die Grundstücksgrenzen. Wenn sie ihn kommen sahen, konnten sie nichts anderes tun als wegzulaufen. Das würde ihm die Arbeit ein wenig erschweren, aber weit würden sie nicht kommen. Er hatte quer auf der Fahrbahn geparkt. sein Wagen blockierte die Zufahrt zur Hauptstraße.
    Die Straße war von Bäumen gesäumt, die er als Deckung benutzen konnte, während er sich anschlich. Ausgezeichnet. Er stieg aus, schloss den Wagen ab und ging los. Er hielt sich immer im Schatten der Bäume und achtete darauf, dass sein eigener Schatten nicht auf die Fahrbahn fiel.
    Erneut warf er einen Blick zum Haus. Trotz des strahlenden Sonnenscheins haftete ihm eine beklemmende Atmosphäre an. Als hätten seine Bewohner bereits mit allem abgeschlossen.
    Wie wahr , dachte er.
    Hinter einem der Fenster im Erdgeschoss nahm er eine Bewegung wahr. Er blieb stehen und zog das Fernglas aus seiner Tasche. Am Tisch saß ein Mann vor einem Laptop.
    Den würde er sich als Erstes vornehmen.
    Er steckte das Fernglas weg und ging weiter. Hatte das Haus erreicht und bog um die Ecke.
    In dem Moment schlugen die Hunde an.
    41 »Das ist Josephina. Josephina, das hier ist …« Die Frau überlegte mehrere Sekunden lang. Sie schien allen Ernstes Tyrells Namen vergessen zu haben.
    »Malcolm«, sagte Tyrell. Es kam ihm komisch vor, den Namen laut auszusprechen. Als würde er dadurch seine neue Identität besiegeln.
    Das kleine Mädchen starrte ihn wortlos an.
    Er erwiderte ihren Blick. Ihre Augen waren gerötet vom Weinen, ihre Nasenlöcher mit getrocknetem Rotz verkrustet. Sie wirkte müde und verängstigt, als wäre sie aus einem Alptraum hochgeschreckt, nur um festzustellen, dass es gar kein Traum gewesen war. Die Frau hielt sie grob am Handgelenk. Der andere Arm des Mädchens war leicht abgewinkelt, als hielte sie darin ein imaginäres Kuscheltier.
    Tyrell befürchtete, dass er ihr vielleicht Angst machte, und setzte sich hin, damit er mit ihr auf gleicher Höhe war.
    »Hallo, Josephina. Na, wie geht’s dir?«
    Sie starrte bloß.
    »Haben sie dir weh getan?«
    »Also, jetzt reicht’s aber …« Die Frau verdrehte Josephina den Arm, um sie von Tyrell wegzuziehen und zurück ins Haus zu bringen.
    »Sie bleiben gefälligst hier.«
    Die Frau blinzelte, verblüfft über den bestimmenden Ton, den Tyrell plötzlich angeschlagen hatte.
    Josephina war bei den lauten Worten zusammengeschreckt und sah aus, als stünde sie

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