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Jaeger

Jaeger

Titel: Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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gesund und stark bleibe. Silber ist gut. Es hat heilende Kräfte. So bleibe ich fit. Hilft auch gegen Aids, habe ich gehört.«
    »Und Ihre Haut wird grau davon.«
    Der Golem ließ sich das durch den Kopf gehen. »Nein. Ich bin innerlich tot.«
    »Wie Sie wollen, mein Lieber«, sagte Bracken nur und nähte weiter.
    Bracken benutzte einen dicken schwarzen Faden und machte große Schlingenstiche, als würde er Leder oder Tierhaut zusammennähen. Das lokale Betäubungsmittel hatte die Schmerzen nicht vollständig abgeblockt. Den Rest musste der Golem im Kopf erledigen.
    Die Wunde an der Seite hatte Bracken sich zuerst vorgenommen. Sie war am leichtesten zu säubern, zu verschließen und zu verbinden gewesen. Als Nächstes waren die Stichverletzungen im rechten Arm an die Reihe gekommen. Auch sie hatten dem Doktor keine allzu großen Schwierigkeiten bereitet. Sein linker Arm allerdings stellte eine Herausforderung dar. Er war regelrecht zerfleischt worden.
    »Auf kurz oder lang sollten Sie sich einer Hauttransplantation unterziehen«, riet Bracken ihm nun. »Rekonstruktive Chirurgie. Das ist die einzige Methode, mit der er sich vollständig wiederherstellen lässt.«
    »Für so was habe ich keine Zeit«, gab der Golem zurück. »Ich habe Aufträge zu erledigen. Flicken Sie mich irgendwie zusammen, damit ich weiterarbeiten kann.«
    »In Ihrem Zustand sollten Sie die nächsten Tage nicht mal an Arbeit denken«, beschied Bracken ihn.
    »Doch«, widersprach der Golem. Er wollte sich nicht streiten, aber so standen die Dinge nun mal. »Versorgen Sie die Wunden, dann gehe ich. Ich muss arbeiten. Ein Auftrag wartet auf mich.«
    Bracken winkte ab und zuckte mit den Schultern. Das war nicht sein Problem. »Wie Sie wollen …«
    Er zog das letzte Stück Faden durch, machte einen Knoten und schnitt das Ende ab. Dann trat er einen Schritt zurück. »So«, erklärte er. »Mehr war nicht möglich.«
    Der Golem stand auf und betrachtete sich im Spiegel.
    »Lassen Sie das lieber bleiben, sonst kippen Sie noch um …«
    Doch der Golem schwankte nicht einmal, als er sein Spiegelbild in Augenschein nahm.
    Noch mehr Wunden, die heilen mussten. Noch mehr Spuren, die das Leben auf seinem Körper hinterlassen hatte. Er würde sich an sie gewöhnen. Aber Bracken hatte recht. Sein linker Arm sah furchtbar aus.
    »Verbinden Sie mich«, befahl er.
    »Der Arm braucht mehr als einen Verband.«
    »Das wird er auch bekommen. Später.«
    Erneut zuckte Bracken mit den Schultern, ehe er seinem Patienten einen Verband anlegte. Die ganze Zeit über betrachtete sich der Golem im Spiegel.
    »Gut«, sagte er. »Und jetzt Tabletten.«
    »Was?«
    »Tabletten. Geben Sie mir Tabletten. Sie wissen, welche. Dieselben, die Sie mir schon mal gegeben haben.«
    »Passen Sie auf, das ist … das ist keine so gute Idee …«
    »Tabletten. Jetzt. Sie wissen, welche. Die, die mich stark machen. Damit ich nicht schlappmache. Die Tabletten, bei denen man keine Schmerzen mehr spürt.«
    »Davon würde ich wirklich dringend abraten. Sie können … Diese Tabletten sind gefährlich. Sie können Ihnen schaden, wenn Sie sie einnehmen. Ernsthaft schaden.«
    »Und wenn schon«, sagte der Golem mit hartem, kaltem Blick. »Wenigstens spüre ich dann nichts. Die Tabletten. Jetzt.«
    49 Mickey Philips hatte den Anruf vor mehr als einer Stunde erhalten. Ein Mord in Jaywick, er solle so schnell wie möglich an den Tatort fahren.
    Jetzt parkte er ein Stück vom Flatterband entfernt, schaltete die Fleet-Foxes- CD aus, die er im Auto gehört hatte, hielt den Dienstausweis bereit und machte sich auf den Weg zur Absperrung.
    Fleet Foxes, kaum zu glauben. Phil hatte die CD für ihn gebrannt und sie in seinem Wagen liegen lassen. Mickey müsse unbedingt mal reinhören. Einmal hatte er es getan, gezwungenermaßen, aber danach hatte er das Album mit derselben Verachtung, die er dem Großteil der von seinem Boss verehrten Bands entgegenbrachte, in die Tiefen seines Handschuhfachs verbannt. Immerhin hatte er es nicht auf der A 12 aus dem Fenster geworfen. Was man von Neil Youngs Sleeps with Angels nicht behaupten konnte.
    Heute allerdings hatte er sie gerne gehört. Vor allem »Your Protector« war ihm irgendwie nahegegangen. Er hatte den Song dreimal hintereinander gespielt und am Ende sogar mitgesungen. Er wusste auch genau, warum.
    Wegen Anni. Und ihrer gemeinsamen Nacht.
    Anfangs hatten sie zusammen in ihrem Wohnzimmer auf der Couch gesessen. Sie mit einem Glas Wein, er mit einer Dose

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