Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger der Macht: Roman (German Edition)

Jäger der Macht: Roman (German Edition)

Titel: Jäger der Macht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
trug eine saubere schwarze Uniform und weiße Handschuhe. Als er Wax sah, hob er eine Braue. » Großherr Ladrian«, sagte er. » Wie ich sehe, sind Sie zurückgekehrt.«
    » Äh …«, meinte Wax und nahm verlegen die Hand aus der Manteltasche.
    » Ihr Bad ist eingelassen, Herr.«
    » Ich habe nicht um ein Bad gebeten.«
    » Das stimmt, aber in Anbetracht Ihrer … Vergnügungen der letzten Nacht habe ich es für klug gehalten, eines für Sie vorzubereiten.« Der Diener schnüffelte. » Schießpulver?«
    » Äh, ja.«
    » Ich hoffe, Sie haben keine allzu wichtige Person erschossen.«
    Nein, dachte Wax. Nein, ich habe es ja nicht gekonnt.
    Tillaume stand steif und voller Missbilligung da. Er sagte nicht das, was er zweifellos gerade dachte: dass Wax’ Verschwinden von dem Ball einen kleineren Skandal ausgelöst hatte und es nun noch schwieriger sein würde, ihm eine passende Braut zu beschaffen. Er sagte auch nicht, dass er enttäuscht sei. Er sagte all dies darum nicht, weil er schließlich ein guter Diener seines Herrn war.
    Außerdem war es ihm möglich, all dies mit einem einzigen Blick auszudrücken.
    » Soll ich ein Entschuldigungsschreiben an Herrin Cett aufsetzen, Herr? Ich glaube, sie erwartet eines, so wie das, das Sie an Großherrn Stanton geschickt haben.«
    » Ja, das wäre gut«, meinte Wax. Er senkte die Finger zum Gürtel, spürte die Metallphiolen darin, die Revolver an den Hüften und das Gewicht der Waffe in der Innentasche seines Mantels. Was habe ich bloß getan? Ich benehme mich wie ein Narr.
    Plötzlich fühlte er sich ausgesprochen kindisch. Was hatte er sich nur dabei gedacht, den Ball zu verlassen, durch die Stadt zu streifen und Ärger zu suchen? Was war denn los mit ihm?
    Er fühlte sich, als versuche er, sich etwas zurückzuholen – einen Teil der Person, die er vor Lessies Tod gewesen war. Tief in seinem Inneren hatte er gewusst, dass ihm das Schießen nun schwerfallen würde, und er hatte sich das Gegenteil beweisen wollen.
    Aber es war ihm nicht gelungen.
    » Großherr«, sagte Tillaume und trat näher an ihn heran. » Darf ich ganz kurz ein offenes Wort mit Ihnen wechseln?«
    » Ja.«
    » Es gibt eine große Anzahl von Polizisten in der Stadt«, sagte Tillaume. » Und in dem, was sie tun, sind sie auch recht gut. Unser Haus hat aber nur einen Großherrn. Tausende Menschen hängen von Ihnen ab.« Tillaume senkte respektvoll den Kopf und machte sich daran, einige Kerzen im Schlafzimmer zu entzünden.
    Die Worte des Dieners entsprachen der Wahrheit. Das Haus Ladrian war eines der mächtigsten in der Stadt – zumindest historisch gesehen. In der städtischen Regierung repräsentierte Wax die Interessen aller, die für sein Haus arbeiteten. Natürlich hatten sie auch einen – jeweils von ihnen gewählten – Repräsentanten ihrer Gilde, aber vor allem waren sie von Wax abhängig.
    Sein Haus war jedoch fast bankrott. Es war reich an Potenzial, an Besitzanteilen und Arbeitern, hatte aber kaum Bargeld und keine guten Verbindungen mehr, was der Narrheit seines Onkels zu verdanken war. Wenn Wax nichts unternahm, um das zu ändern, würden Arbeitsplätze verlorengehen sowie Armut und Zusammenbruch drohen, während sich die anderen Häuser auf seine Besitztümer stürzen und sie als Entschädigung für nicht bezahlte Schulden nehmen würden.
    Wax fuhr mit den Daumen über seine Sterrions. Die Polizisten sind mit den Banditen gut klargekommen, musste er zugeben. Sie haben mich nicht gebraucht. Diese Stadt braucht mich nicht, nicht so, wie Wettering mich gebraucht hat.
    Er versuchte, sich an das zu klammern, was er einmal gewesen war. Aber so war er jetzt nicht mehr. Er konnte gar nicht mehr so sein. Doch die Menschen brauchten ihn noch aus einem anderen Grund.
    » Tillaume«, sagte Wax.
    Der Diener schaute von den Kerzen hoch. Das Herrenhaus hatte noch kein elektrisches Licht, aber die Arbeiter würden bald kommen, um es zu installieren. Das war etwas, wofür sein Onkel noch kurz von seinem Tod bezahlt hatte und das Wax nicht mehr rückgängig machen konnte.
    » Ja, Großherr?«, fragte Tillaume.
    Wax zögerte zunächst, nahm dann seinen Revolver aus dem Mantel und legte ihn in die Truhe vor dem Bett neben eine andere Waffe, die er bereits vor einiger Zeit dort untergebracht hatte. Dann zog er seinen Nebelmantel aus und legte sich den dicken Stoff über den Arm. Achtungsvoll hielt er den Mantel eine Weile vor sich, dann verstaute er ihn ebenfalls in der Truhe. Seine Sterrion-Revolver folgten.

Weitere Kostenlose Bücher