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Jäger der Macht: Roman (German Edition)

Jäger der Macht: Roman (German Edition)

Titel: Jäger der Macht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Sie waren nicht seine einzigen Schusswaffen, aber sie repräsentierten sein Leben im Rauland.
    Er schloss den Deckel der Truhe, in der sich sein altes Leben befand. » Nimm sie, Tillaume«, sagte Wax, » und bring sie irgendwohin.«
    » Ja, Großherr«, sagte Tillaume. » Ich werde sie für Sie bereithalten, falls Sie sie noch einmal brauchen sollten.«
    » Das wird nicht mehr der Fall sein«, erwiderte Wax. Er hatte sich noch eine letzte Nacht im Nebel gegönnt, eine erregende Erkletterung des Turms und einen Abend inmitten der Finsternis. Das – und nicht sein Versagen bei den Banditen – wollte er als den Erfolg dieser Nacht verstehen.
    Ein letzter Tanz.
    » Nimm sie, Tillaume«, sagte Wax und wandte sich von der Truhe ab. » Stell sie irgendwo hin, wo sie in Sicherheit ist, aber bring sie weg. Für immer.«
    » Ja, Herr«, sagte der Butler leise. Es klang, als billige er Wax’ Entscheidung.
    Das war es also, dachte Wax. Dann begab er sich ins Badezimmer. Den Gesetzeshüter Wax gab es nun nicht mehr.
    Es war an der Zeit, Waxillium Ladrian zu sein, der sechzehnte Großherr des Hauses Ladrian, der im Vierten Oktanten der Stadt Elantel residierte.

Kapitel 2
    Sechs Monate später
    W ie wirkt meine Krawatte?«, fragte Waxillium, während er sich selbst im Spiegel betrachtete. Er drehte sich zur Seite und zupfte wieder an dem silbernen Binder.
    » Makellos wie immer, Herr«, sagte Tillaume. Der Diener hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt; neben ihm stand auf dem Serviertischchen ein Tablett mit dampfendem Tee. Waxillium hatte nicht um Tee gebeten, aber Tillaume hatte ihn trotzdem gebracht. Von Tee war Tillaume geradezu besessen.
    » Bist du sicher?«, fragte Waxillium und zerrte wieder an der Krawatte.
    » Allerdings, Herr.« Er zögerte. » Ich muss zugeben, dass ich mich schon seit Monaten darüber wundere. Sie sind der erste Großherr, dem ich diene, der sich die Krawatte selbst binden kann. Eigentlich bin ich es gewohnt, dabei behilflich zu sein.«
    » Wenn man im Rauland lebt, lernt man, gewisse Dinge selbst zu tun.«
    » Bei allem Respekt, Herr«, sagte Tillaume, dessen sonst so eintönige Stimme nun eine Spur von Neugier zeigte, » ich wäre doch nie auf den Gedanken gekommen, dass man diese Fähigkeit draußen im Rauland erwerben kann. Mir war nicht bekannt, dass die Einwohner dieses Landes auch nur das geringste Interesse an Mode und Etikette besitzen.«
    » Das ist auch nicht der Fall«, meinte Waxillium mit einem Lächeln und zog ein letztes Mal an seiner Krawatte. » Aber so habe ich es immer gemacht. Es übt eine ganz besondere Wirkung auf die Menschen da draußen aus, wenn man sich wie ein Städter kleidet. Manche haben mich sofort respektiert, andere haben mich sogleich unterschätzt. Beides wirkte sich nur zu meinem Vorteil aus. Und, wie ich hinzufügen möchte, es war ungeheuer befriedigend, den Ausdruck auf den Gesichtern der Banditen zu sehen, wenn sie von jemandem überwältigt wurden, der wie ein Stutzer aus der Stadt aussah.«
    » Das kann ich mir vorstellen, Herr.«
    » Überdies habe ich es für mich selbst getan«, sagte Waxillium etwas sanfter und betrachtete sich wieder im Spiegel. Silberne Krawatte, grüne Seidenweste. Manschettenknöpfe aus Smaragd. Schwarzes Jackett, schwarze Hose. Steif gestärkte Ärmel und Beine. Zwischen den Holzknöpfen an der Weste einer aus Stahl, aus alter Tradition. » Die Kleidung war eine Erinnerung, Tillaume. Das Land um mich herum mag unzivilisiert gewesen sein, aber ich musste dies ja nicht zwangsläufig auch werden.«
    Waxillium nahm ein silbernes Einstecktuch von seinem Ankleidetisch, faltete es geschickt und präzise und schob es in die Brusttasche. Plötzlich ertönte im Haus eine Glocke.
    » Rost und Ruin«, fluchte Waxillium und warf einen Blick auf seine Taschenuhr. » Sie sind zu früh.«
    » Großherr Harms ist für seine Pünktlichkeit bekannt.«
    » Wunderbar. Dann sollten wir es hinter uns bringen.« Waxillium schlenderte auf den Korridor hinaus. Seine Stiefel glitzerten auf dem grünen Samtteppich. Das Haus hatte sich während der zwei Jahrzehnte seiner Abwesenheit kaum verändert. Obwohl er nun seit bereits sechs Monaten wieder hier lebte, hatte er noch nicht das Gefühl, dass es ihm wirklich gehörte. Der schwache Pfeifenduft, der von seinem Onkel herrührte, lag noch immer in der Luft, und die Einrichtung wurde von einer Vorliebe für sehr dunkle Hölzer und schwere Steinskulpturen bestimmt. Im Gegensatz zum modernen Geschmack

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