Jäger der Macht: Roman (German Edition)
Rechtswissenschaften studierte.
Doch er war wesentlich liebenswürdiger, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie war immer der Meinung gewesen, er sei barsch und stoisch. Es hatte sie überrascht, dass er wie ein Ehrenmann sprach. Und natürlich war da die entspannte, wenn auch etwas schroffe Weise, wie er mit Wayne umging. Fünf Minuten mit den beiden hatten lange Jahre jugendlicher Illusionen über den ruhigen, schweigsamen Gesetzeshüter und seinen aufbrausenden, ihm völlig ergebenen Stellvertreter zerstört.
Und dann hatte sich der Angriff ereignet. All die Schüsse, all die Schreie. Und Waxillium Ladrian war wie ein heller, mächtiger Blitzstrahl inmitten eines chaotischen und dunklen Sturms gewesen. Er hatte sie gerettet. Wie oft hatte sie in ihrer Jugend sehnsüchtig davon geträumt, dass so etwas geschehe?
» Herrin Colms«, sagte der Diener und trat in den Türrahmen. » Ich bitte um Entschuldigung, aber der Herr sagt, er könne die Zeit nicht erübrigen, zu Ihnen herunterzukommen und sich mit Ihnen zu unterhalten.«
» Oh«, sagte sie und verspürte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Also hatte sie sich doch lächerlich gemacht.
» So ist es, Herrin«, sagte der Diener und zog die Mundwinkel noch weiter herunter als üblich. » Sie sollen mich zu seinem Arbeitszimmer begleiten, damit er dort mit Ihnen sprechen kann.«
Oh. Nun, das hatte sie nicht erwartet.
» Hier entlang, bitte«, sagte der Diener. Er drehte sich um und eilte die Treppe hoch, während Marasi ihm folgte. Am oberen Ende bogen sie in einen Gang ein, liefen weitere abzweigende Korridore entlang, kamen an einigen Bediensteten vorbei, die sich respektvoll vor ihr verneigten, und erreichten schließlich einen Raum am westlichen Ende des Gebäudes.
Der Diener bedeutete ihr mit einer Geste einzutreten. Das Zimmer dahinter war viel unordentlicher, als sie erwartet hatte. Die Läden waren vorgelegt und die Blenden heruntergezogen. Auf dem Schreibtisch, der die gegenüberliegende Wand beherrschte, lagen Röhren, Brenner und andere wissenschaftlich anmutende Gerätschaften.
Waxillium stand daneben. Gerade hielt er etwas mit einer Zange hoch und betrachtete es eingehend. Er hatte eine schwarze Schutzbrille aufgesetzt und trug ein weißes Hemd, dessen Ärmel er hochgerollt hatte. Sein Jackett hing über einem Stuhl an der Seite des Zimmers; der runde Hut thronte darauf, und über dem Hemd trug Waxillium nur eine schwarz und grau karierte Weste. Im Raum selbst roch es nach Rauch und seltsamerweise auch nach Schwefel.
» Herr?«, fragte der Diener.
Waxillium drehte sich um. Er hatte seine Schutzbrille noch nicht abgesetzt. » Ah! Herrin Marasi. Kommen Sie herein, kommen Sie herein. Tillaume, du kannst uns jetzt allein lassen.«
» Ja, Herr«, sagte der Diener in leidendem Tonfall.
Marasi trat in das Zimmer und warf einen Blick zur Seite, wo ein großes gefaltetes Blatt Papier auf dem Boden lag, das über und über mit einer kleinen Handschrift bedeckt war. Waxillium drehte gerade an einem Einstellrad, da spuckte eine schmale Metallröhre auf dem Schreibtisch eine kleine, aber sehr helle Feuerzunge aus. Kurz hielt er seine Zange in den Strahl, nahm sie wieder weg und ließ das, was in ihr steckte, in eine kleine Keramikschale fallen. Er betrachtete es, nahm eine Glasröhre von einem Ständer auf dem Schreibtisch und schüttelte sie.
» Hier«, sagte er und hielt die Röhre hoch, so dass Marasi sie sehen konnte. Eine klare Flüssigkeit befand sich darin. » Sieht das in Ihren Augen blau aus?«
» Äh … nein. Sollte es?«
» Anscheinend nicht«, meinte er und schüttelte die Röhre erneut. » Hm.« Er legte sie beiseite.
Schweigend stand Marasi da. Es fiel ihr sehr schwer, nicht daran zu denken, wie er mit der Waffe in der Hand durch die Reihe der Tische gebrochen und zwei der Männer, die sie hinaus in die Nacht hatten zerren wollen, mit großem Geschick zu Boden geschickt hatte. Oder daran, wie er durch die Luft geflogen war, wie von unten Schüsse geknallt hatten, die Lüster zersplittert waren und das Kristall das Licht um ihn herum gebrochen hatte – und wie er aus der Luft einen der Männer erschossen hatte und seinem Freund zu Hilfe geeilt war.
Sie sprach mit einer Legende. Und diese Legende trug nun eine sehr lächerlich wirkende Schutzbrille.
Waxillium schob sie sich auf die Stirn. » Ich versuche herauszufinden, welche Legierung sie in ihren Waffen benutzt haben.«
» In den Aluminiumwaffen?«, fragte sie neugierig.
»
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