Jäger der Macht: Roman (German Edition)
Durch den Saal schwärmten Polizisten und Ärzte in annähernd gleicher Anzahl. Die Verwundeten saßen auf dem erhöhten Holzboden vor dem Ausgang; es schienen zwanzig oder dreißig zu sein. Waxillium bemerkte den Großherrn Harms, der etwas abseits an einem Tisch saß und mürrisch vor sich hin starrte; Marasi versuchte ihn zu trösten. Wayne befand sich ebenfalls an diesem Tisch; er wirkte gelangweilt.
Waxillium ging zu ihnen hinüber, nahm seinen Hut ab und setzte sich. Er stellte fest, dass er nicht wusste, was er dem Großherrn Harms sagen sollte.
» He«, flüsterte Wayne. » Hier.« Unter dem Tisch gab er Waxillium etwas. Es war ein Revolver.
Waxillium sah ihn verwirrt an. Es war nicht seine eigene Waffe.
» Dachte mir, du willst eine davon haben.«
» Aus Aluminium?«
Wayne lächelte, in seinen Augen glitzerte es. » Hab sie aus der Sammlung, die sich die Polizisten angelegt haben. Anscheinend gab es zehn davon. Man kann sie bestimmt gut verkaufen. Ich hab eine Menge Biegmetall beim Kampf gegen diese Penner verbraucht, und jetzt brauche ich Geld, damit ich es wieder auffüllen kann. Aber mach dir keine Sorgen. Für den Revolver habe ich eine hübsche Zeichnung dagelassen. Hier.«
Er gab Waxillium noch etwas. Es war eine Handvoll Patronen. » Die hab ich auch mitgenommen.«
» Wayne«, sagte Waxillium, als er die langen, schmalen Patronen befingerte, » hast du nicht bemerkt, dass es sich um Gewehrmunition handelt?«
» Na und?«
» Sie passt nicht in einen Revolver.«
» Ach nein? Warum nicht?«
» Darum nicht.«
» Ziemlich dämlich, nicht wahr?« Er schien verblüfft zu sein. Natürlich verblüffte Wayne fast alles, was mit Waffen zu tun hatte, denn er war geschickter darin, ein Gewehr als Wurfgeschoss zu benutzen, als jemanden damit zu erschießen.
Belustigt schüttelte Waxillium den Kopf, gab die Waffe aber nicht zurück. Er hatte schon immer eine solche haben wollen. Sofort steckte er den Revolver in eines seiner Schulterhalfter und wandte sich an Harms.
» Herr«, sagte Waxillium. » Ich habe Sie im Stich gelassen.«
Harms betupfte sich das Gesicht mit einem Taschentuch. Er sah blass aus. » Warum haben sie Steris genommen? Sie werden sie doch wieder freilassen, nicht wahr? Sie haben gesagt, dass sie das tun werden.«
Waxillium schwieg.
» Nein, sie werden es nicht«, sagte Großherr Harms und schaute auf. » Sie haben bisher keine Geisel freigelassen, nicht wahr?«
» Nein«, bestätigte Waxillium.
» Sie müssen sie zurückbringen.« Harms ergriff Waxilliums Hand. » Das Geld und die Juwelen, die sie mir gestohlen haben, sind mir egal. Das alles kann ersetzt werden, außerdem war das meiste sowieso versichert. Aber für Steris werde ich jeden Preis bezahlen. Bitte! Sie wird Ihre Verlobte sein. Sie müssen sie finden!«
Waxillium sah dem älteren Mann in die Augen und erkannte Angst darin. Welche Tapferkeit dieser Mann auch immer bei früheren Treffen gezeigt hatte, sie war nur eine Schau gewesen.
Seltsam, wie schnell jemand einen anderen nicht mehr Übeltäter und Schurke nennt, wenn er dessen Hilfe braucht, dachte Waxillium. Aber wenn es etwas gab, das er nicht unbeachtet lassen konnte, dann war es eine ernsthafte Bitte um Hilfe.
» Ich werde sie finden«, sagte Waxillium. » Das verspreche ich Ihnen, Großherr Harms.«
Harms nickte. Dann stand er langsam auf.
» Ich begleite dich zu deinem Wagen«, bot Marasi an.
» Nein«, sagte Harms und winkte sie weg. » Nein. Lass mich … lass mich einfach von hier weggehen und mich irgendwo allein hinsetzen. Ich werde nicht ohne dich aufbrechen, aber bitte schenk mir etwas Zeit für mich allein.« Er ging davon. Marasi hatte die Hände gefaltet und sah ihm nach.
Dann setzte sie sich wieder. Ihr schien elend zumute zu sein. » Er wünschte, Sie hätten nicht mich, sondern seine Tochter gerettet«, sagte sie leise.
» Also, Wax« warf Wayne ein, » wo ist eigentlich dieser Kerl, der meinen Hut hat?«
» Ich habe dir doch gesagt, dass er verschwunden ist, nachdem ich ihn angeschossen habe.«
» Vielleicht ist ihm der Hut dabei vom Kopf gerutscht. Wenn man angeschossen wird, lässt man schon mal was fallen.«
Waxillium seufzte. » Ich fürchte, er hatte ihn noch auf dem Kopf, als er sich davongemacht hat.«
Wayne fluchte.
» Wayne«, meinte Marasi, » das war doch nur ein Hut.«
» Nur ein Hut?«, fragte er erschüttert.
» Wayne hängt sehr an diesem Hut«, erklärte Waxillium. » Er glaubt, der Hut bringe ihm Glück.«
» Das
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