Jäger der Nacht (German Edition)
halbverwandelten Zustand gelaufen war, als sein scharfes Gehör in der Nähe des Wagens etwas Eigenartiges wahrnahm. Er blieb sofort stehen. Faith klammerte sich an ihn und wollte etwas sagen.
„Schsch“, machte er so leise wie möglich.
Sie hatte es trotzdem gehört, und sobald er ihre Beine losließ, glitt sie mit seiner Hilfe vollkommen lautlos auf den Boden und verharrte dort absolut bewegungslos. Er überprüfte die Umgebung mit seinen tierischen Sinnen und spürte instinktiv, dass sie auf der Hut sein mussten.
Über Faiths Kopf hinweg sah er in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Ein geeigneter Baum stand in unmittelbarer Nähe. Er wandte ihr wieder den Rücken zu und sie sprang auf. Mit der katzengleichen Geräuschlosigkeit, die ihm zur zweiten Natur geworden war, schlich er zu dem großen Mammutbaum und stieg hinauf, indem er sich mit den Krallen am Stamm festhielt. Faith gab keinen Mucks von sich, während er immer höher kletterte. Er war stolz auf sie.
Als er gefunden hatte, was er suchte, drehte er sich so, dass sie heruntersteigen und sich in das Versteck zwischen den Zweigen setzten konnte. Erst dann fragte sie flüsternd: „Was ist?“
Er vergewisserte sich erst, dass man sie vom Boden aus nicht sehen konnte. „Etwas, was hier nicht hergehört.“ Er beugte sich vor und küsste sie. Auf seine Art. Fest, wild und rau. „Bleib auf diesem Baum, bis ich wieder da bin oder jemand anderes aus dem Rudel dich holt. Und schick keine telepathischen Nachrichten an Sascha, benutze auch nicht irgendwelche anderen Fähigkeiten.“
Die Sterne in ihren Augen erloschen augenblicklich. „Sie sind hinter mir her.“
„Niemand wird Hand an dich legen.“ Das war ganz einfach nicht möglich. „Mach genau, was ich dir gesagt habe. Sie könnten dich aufspüren, wenn du mediale Fähigkeiten anwendest.“ Er war kein Medialer, aber er war Soldat – er kannte die Strategien, ein Ziel ausfindig zu machen.
„Ich will dir helfen“, flüsterte sie.
„Ich sag Bescheid, wenn ich dich brauche.“ Ihre Augen leuchteten auf, sie hatte verstanden. Das Band zwischen ihnen konnte nicht angezapft werden, denn es hatte nichts mit der Medialenwelt zu tun.
„Pass auf dich auf und komm zu mir zurück.“
Etwas anderes hatte er auch nicht vor, aber erst musste er etwas Störendes loswerden. In Nullkommanichts war er den Baum hinuntergeklettert. Geräuschlos kam er auf dem Boden auf und fing an, das Wahrgenommene bestimmten Kategorien zuzuordnen. Hier draußen war mit Sicherheit mehr als nur ein Medialer.
Er wusste, dass sie gut sein mussten, sehr gut sogar, denn sie waren tief in das Territorium der Gestaltwandler eingedrungen, ohne dass jemand Alarm geschlagen hatte. Vaughn würde sie keinesfalls unterschätzen. Ihm war auch klar, dass er sie kriegen musste, bevor sie herausfanden, dass er Jagd auf sie machte. Sonst würden sie sein Gehirn mit einem einzigen Energiestoß in Brei verwandeln.
Er zog die Jeans aus, versteckte sie auf einem Baum und wurde zum Jaguar. Die Medialen mochten noch so gut sein, dies war nun mal sein Revier und hier waren sein Pfoten leiser, seine Sinne wacher und niemand konnte sich seiner Wildheit entgegenstellen. Die Medialen hatte ein Gesetz übertreten, als sie in ein Gebiet eindrangen, zu dem nur Leoparden und Wölfe Zugang hatten. Und sie hatten ein weiteres gebrochen, als sie seiner Frau auflauerten.
Das Erste war ein Fehler gewesen, das Zweite eine unverzeihliche Dummheit.
Vaughn schlich erst auf dem Boden entlang und sprang dann auf die Bäume. Sein Geruchssinn war nicht so gut wie seine Augen, aber immer noch besser als der eines normalen Menschen, und sagte ihm, dass sich ein paar Meter links von ihm ein Medialer befand. Vaughn pirschte sich auf einem Ast direkt an ihn heran. Mit geschwärztem Gesicht und ebenso schwarzer Kleidung lag der Mediale auf dem Boden und schaute durch das Zielfernrohr von etwas, das wie eine Ramrod III aussah.
Eine illegale Waffe, mit der man Großkatzen jagte.
Vaughn schlug ohne Vorwarnung zu. Er durfte dem Medialen nicht die Möglichkeit geben, seinen Teamkollegen ein telepathisches Signal zu senden, obwohl das Kommunikationsset an seinem Ohr vielleicht dafür sprach, dass sie auf den geistigen Kanälen Stillschweigen bewahrten. Sie wollen Faith nicht auf ihre Spur bringen. In diesem Fall überwachten sie die Gegend wahrscheinlich auch nicht telepathisch, sondern verließen sich ganz auf ihre körperlichen Sinne. Das war ihr dritter Fehler:
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