Jäger der Nacht (German Edition)
nachdenken. Lass mich einfach nachdenken.“
„Allein, Rotfuchs?“
Sie fand es furchtbar, dass die Dunkelheit sie zu einem Duckmäuser gemacht hatte, der sich nicht einmal traute, die Augen zu schließen. „Ja.“ Nie mehr , dachte sie, nie mehr .
„Immer für dich da, Faith, immer.“
Sie beobachtete, wie er durch das Oberlicht kletterte. Auch in menschlicher Gestalt war er genauso anmutig, genauso wundervoll. Das Spiel seiner Muskeln war reine Schönheit, faszinierend, verführerisch und einladend. Unbewusst streckte sie die Hand nach ihm aus.
Aber er war schon verschwunden.
18
Faith hatte sich am nächsten Morgen kaum angezogen, als sie einen höflichen, aber deutlichen telepathischen Kontakt spürte. Sie riss die Augen auf. Es war eine ungewohnte Berührung und nur einer einzigen Gruppe war es gestattet, jeden auf diese Weise anzusprechen. Hier ist Faith NightStar.
Man wünscht Ihre Anwesenheit in den Kammern des Rats. Die erforderlichen Dokumente sind bereits in Ihrem persönlichen Briefkasten hinterlegt.
Ja, Sir. Es war ein männliches Bewusstsein und Faith vermutete, dass es Marshall Hyde war, das älteste Mitglied des Rats.
Man wird Sie dorthin begleiten. Der telepathische Kontakt brach ab.
Zunächst musste sie im Briefkasten nachsehen. Sie traute Kaleb Krychek durchaus ein Täuschungsmanöver zu, aber die Dokumente trugen das fälschungssichere Siegel des Rats. Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt; sie bat den M-Medialen, sie unter keinen Umständen zu stören, und versuchte das Durcheinander in ihren Gedanken zu ordnen. Nichts durfte davon nach außen dringen. Rein gar nichts.
Sie setzte sich auf einen Stuhl in der Nähe des Fensters, atmete tief durch und ging ohne die übliche Anonymität ins Medialnet. Heute musste sie hell leuchten wie eine Kardinalmediale, musste Stärke zeigen.
Zwei Gehirne erwarteten Faith bereits. Während sie den beiden von einem Kontrollpunkt zum anderen ins Innerste des Medialnets folgte, überlegte sie, ob sie es wohl mit Mitgliedern der Pfeilgarde zu tun hatte.
Obwohl weder die Existenz einer solchen Einheit noch das Gegenteil je bestätigt worden war, waren in dem Material, das sie durchsucht hatte, um das Interesse des Rats an ihrer Person zu verstehen, immer wieder Gerüchte über eine Pfeilgarde aufgetaucht. Und hier hatte sie es offensichtlich mit zwei für den Kampf ausgebildeten Gehirnen zu tun, die sich nur durch eine Bestätigung des Rats ausgewiesen hatten.
Die Vorstellung einer geheimen Garde, die unter anderem die Aufgabe hatte, die Kritiker des Rats zum Schweigen zu bringen, war nicht gerade dazu angetan, ihr Vertrauen zu stärken. Aber davon durfte ihr Geist nichts erkennen lassen, wenn sie vor den Rat trat, und so begrub sie diese Vermutungen tief in ihrem Unterbewusstsein. Die Wachen begleiteten sie durch die letzten beiden Kontrollpunkte und übergaben sie dann einem zweiten Paar, das sie noch tiefer ins Innere des Medialnets brachte. Die letzte Kammer betrat sie ganz allein.
Nun war sie mit den strahlenden Sternen der sechs mächtigsten und gefährlichsten Wesen des Medialnets in einem Raum eingeschlossen. Nikita Duncan konnte Gehirne mit geistigen Viren lahmlegen, Ming LeBon war bekannt für seine Fähigkeiten im geistigen Zweikampf und Tatiana Rika-Smythe sagte man nach, sie könne selbst die innersten Schutzschilde, die Schilde ersten Grades, ohne Wissen des Opfers durchbrechen.
Faith hatte sich deshalb gleich vierfach geschützt. Vielleicht hatte sie überreagiert, aber sie wollte auf keinen Fall, dass jemand ihre Geheimniss e – Vaughns Geheimniss e – entdeckte. Zusätzlich zu dem normalen Schutz hatte sie sich eine sehr effektive Methode angeeignet, die sicherstellte, dass ihre Schilde sich nie nach einem bestimmten und gleichen Muster verhielten, sodass man sie unmöglich vorhersehen und entdecken konnte. Sascha hatte ihr das in der Nacht auf der Veranda beigebracht – bevor Faith ihre Konditionierung auf der tiefsten Ebene gebrochen hatte.
„Faith.“
„Ja, Sir.“ Sie antwortete Marshall ohne das geringste Zögern. Sie konnte es sich nicht leisten, auch nur einen winzigen Augenblick lang nicht auf der Hut zu sein.
„Sie wissen bestimmt schon, dass wir Sie für eine Mitgliedschaft im Rat in Betracht ziehen.“ Marshalls geistige Präsenz war glasklar und scharf wie eine Klinge.
„Ja, Sir.“ Wenn Vaughn recht hatte, schützte der Rat Mörder, um Silentium zu bewahren. Vielleicht würde man eine Warnung zu schätzen
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