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Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallace Hamilton
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Charlottes Tod hat mich ganz schön mitgenommen.»
    «Ja, es hat mir leid getan, das von Charlotte zu hören. Ich wollte zu der Beerdigung kommen, aber ich hatte das Gefühl...», Gerald zuckte ganz leicht die Achseln, «... daß du deiner Familie gehören solltest.»
    Bruce schüttelte seinen Kopf. «Du und George gehören zur Familie. Zu meiner Familie. Auf alle Fälle mehr als diese Vettern von mir.»
    Geralds Stimme wurde beschwichtigend. «Aber wir sind eine andere Art von Familie.»
    «Ich weiß.»
    Gerald strich sich mit einer Hand über seine Stirn. «Aber warum, Bruce? Nachdem wir dich mit diesem hinreißenden jungen Ding im Museum gesehen hatten, warum dann der Sumpf vom Jefferson Square? Legt er sich für dich nicht mehr lang?»
    «Auf das Wunderbarste.» Bruce kämpfte um Haltung. «Er hat mir nach der Beerdigung gefehlt. Ich brauchte ihn. Und es gab keine Möglichkeit, mit ihm in Verbindung zu treten.»
    Schweigen. Bruce spürte, daß Gerald ihn anblickte, aber er sah nicht zurück. Es lag nicht in seiner Absicht, sich in Geralds Büro zum Narren zu machen.
    Gerald sprach bedächtig. «Er bedeutet dir eine ganze Menge, nicht wahr?»
    «Ja.»
    «Und es war offensichtlich, als ich euch zwei zusammen sah, daß du ihm auch eine ganze Menge bedeutest.»
    «Das hoffe ich.»
    «Was soll das, Bruce. Das Kind ist unersättlich besitzergreifend, und wenn du ihm Gelegenheit dazu geben würdest, würde er dich in der Sauna festbinden und dich bei lebendigem Leib auffressen... aus lauter Liebe. Erstaunlich, diese jungen Schwulen. Keinen Sinn für das rechte Maß. Allerdings George, andererseits...»
    Bruce hielt eine Hand hoch. «Erspar’s mir.»
    Gerald lachte und legte seine Hände flach auf den Schreibtisch, als ob er die Befragung beenden würde. «Nun, Bruce, soweit es die Razzia anbelangt, gehe ich davon aus, daß die Anklagepunkte fallen gelassen worden sind. Ich glaube nicht, daß wir davon noch etwas hören werden. Halt dich eben vom Jefferson Square fern und vergnüg dich mit deinem herrlichen Frischfleisch. Doch denke immer daran, daß du mit einem Bein im Knast stehst. Nur kein Ehekrach.»
    Pause. Ganz offensichtlich wartete Gerald darauf, daß sich Bruce erhob. Aber Bruce blieb in seinem Sessel sitzen. «Ich bin nicht hergekommen, um mit dir über die Razzia zu sprechen.»
    «Oh? Charlottes Nachlaß? Carrington kümmert sich darum, oder? Du fährst wohl ganz gut dabei.»
    Bruce schüttelte seinen Kopf. «Ich wollte dich wegen Kevin konsultieren.»
    «Kevin?»
    «Ja.» Er zögerte und sprang dann ins kalte Wasser. «Die Razzia. Da ist mir so einiges klar geworden. Die ganze Stadt erschien mir plötzlich so feindselig wie das Gesicht des Bullen, der mich eingebuchtet hat. Merkwürdig, bis auf kurze Unterbrechungen habe ich hier mein ganzes Leben zugebracht. Und dann Charlottes Tod und die Razzia...» Er schnippte mit den Fingern. «Alles ist anders geworden. Drinnen in meinem Kopf. Die Stadt... ich gehöre hier nicht mehr hin.»
    «Eine gefühlsmäßige Reaktion.»
    «Ein anderer Standpunkt. Er war schon lange da. Plötzlich sah ich ihn.»
    «Sahst was?»
    «Alles. Die Vergangenheit. Sie holt mich ein.»
    «Bruce, alter Knabe, das ergibt keinen Sinn.»
    «Es macht mir Sinn.»
    Gerald seufzte. «Was hat dies mit dem jungen Mann zu tun... Kevin?»
     
    Die ganze Unterhaltung wurde Bruce qualvoll. Es hatte alles so einfach ausgesehen, als er in Geralds Büro gegangen war. Nun, unter Geralds kühlen, juristischen Blicken, erschien sein Vorhaben grotesk zu sein, die Aufrichtigkeit ihrer Wochenenden nahezu hirnverbrannt. Gerald war nicht nur ein Anwalt, sondern auch ein Mitglied dieser «anderen Art von Familie».
    «Ich pack’ meinen Kram zusammen. Ich gehe nach New York.»
    «Donnerwetter, das sind Neuigkeiten!»
    «Chuck Ryerson ist ein Klassenkamerad von mir aus dem College. Nachdem wir unsere Examen bestanden hatten, haben wir lange gebraucht herauszufinden, daß jeder von uns schwul ist... wir sind beide in der Investmentbranche und so. Aber eines Abends... ich war gerade auf Besuch in New York... haben wir es gegenseitig über uns herausgefunden. Nachdem wir uns darüber kaputtgelacht hatten, haben wir uns einen wunderschönen Rausch angetrunken. Ich werde das nie vergessen. Südlich der Vierzehnten Straße müssen wir in jede schwule Bar eingefallen sein. Und das in unseren Geschäftsanzügen, mit Westen...»
    Gerald trommelte mit seinen Fingern auf der Schreibtischplatte.
    «Bruce, du kommst vom Thema

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