Jäger der Schatten
kein Blutvergießen geben.
»Hör auf das Mädche n …«, presste der Kopfgeldjäger röchelnd hervor.
Skyler legte sanft eine Hand auf Abbadons Flügel. Einst war sie erschrocken gewesen, ihn so zu sehen, doch als sie diesmal sein wahres Gesicht vor sich hatte, empfand sie es als wunderschön.
Er drehte sich zu ihr um. Nichts an Abbadon ähnelte seiner Gestalt als Jack, und doch war er jetzt menschlicher als je zuvor. Er war dabei, dich zu verletzen.
Bitte, Liebling!
Dann wurde er wieder zu Jack, rotwangig und gut aussehend. Er stellte den Kopfgeldjäger zurück auf die Füße. »Geh. Sag meiner Schwester, dass ihr Schmarotzer gescheitert ist. Sag ihr, dass nichts und niemand mich zurückbringen kann.«
Das war alles, was der Kopfgeldjäger hören musste. Im nächsten Atemzug war er verschwunden.
Skyler brach in Jacks Armen zusammen und sie hielten einander fest.
Ich dachte, ich würde dich verlieren , sandte sie.
Niemals. Nichts kann uns trennen . Jack legte seinen Kopf auf ihre Schulter und sie lehnte sich an seine Brust, sodass sie seinen gleichmäßigen Herzschlag hören konnte.
Niemals.
Die Kunstwerkstatt
Florenz, 1452
Am Morgen ging Tomi wieder ihrer Arbeit in der Werkstatt nach. Ihr Meister würde erst am nächsten Tag zurückkehren und es gab noch viel zu tun. Sie begrüßte den Lehrling und nahm ihren Platz im hinteren Teil des Raumes ein, wo sie ihre Arbeit an einem marmornen Relief wieder aufnahm, das für den Osteingang der Basilika bestimmt war. Die Darstellung war gewissenhaft und fehlerfrei ausgeführt und Tomi genoss den Anblick der schönen und feinen Details. Schon bald war sie völlig in Gedanken versunken, und während ihre Hände über den Marmor wanderten, kehrte sie im Geiste zurück zu den Geschehnissen vor einem Monat.
Was hatte es zu bedeuten, dass ein Mensch das Zeichen des Dunklen Prinzen trug? Hatte ihr alter Feind einen Weg zurück auf die Erde gefunden? Das konnte nicht sein. Sie hatten den Teufel in die Hölle geschickt, hatten Caligula hinter ein unüberwindbares Tor gesperrt. Gemeinsam hatten sie den Orden der Sieben ins Leben gerufen, um die Pfade des Todes zu sichern. Der vermummte Mann musste ein Betrüger gewesen sein. Niemand hatte ihn jemals zuvor gesehen. Er war fremd in der Stadt. Andreas glaubte, dass er gelogen hatte, dass die Kreatur kein Dämon gewesen war, doch Tomi machte sich dennoch Sorgen.
Sie war sechzehn Jahre alt. Sie wusste bereits, wer sie war und welche Rolle sie in dieser Welt einnahm. Nach der Krise in Rom hatten es sich die Venatoren zu ihrer Aufgabe gemacht, die verbliebenen Silver Bloods, die sich noch immer auf der anderen Seite des Tores befanden und auf der Erde wandelten, in jedem ihrer Lebenszyklen zu verfolgen. Niemand sonst in der Vampirgemeinschaft wusste, dass es noch überlebende Silver Bloods gab. Es war ein Geheimnis, das die Venatoren hüteten, um den Frieden in ihrer Gemeinschaft zu bewahren. Die Blue Bloods hatten von den Croatan nichts zu befürchten. Und Andreas beschützte sein Volk schon seit Jahrhunderten. Die Jagd auf die Croatan war für sie genauso alltäglich wie das Mäusejagen für eine Katze. Es war nötig und sie waren erfolgreich.
Doch jetzt das. Tomi sah erneut die Triglyphe vor sich, das Blut, das aus dem Arm des Mannes und auf ihr Messer getropft war und nun einen hässlichen Streifen auf dem Relief hinterließ. Ihr Meister würde nicht besonders erfreut sein.
»Du siehst beunruhigt aus«, sagte Gio. Er hob das Messer auf und gab es ihr zurück. »Das solltest du nicht sein. Wir werden uns darum kümmern.«
Sie nickte. »Ich wünschte nur, Andreas wäre hier.« Andreas del Pollaiolo war der jüngste Berater am Hof von Lorenzo de Medici. Er war damit betraut, die Macht der Medicis in Florenz gegenüber den anderen herrschenden Familien der Stadt zu festigen. Die Bankenbeteiligung der Medicis umfasste ganz Europa und bestand aus einem Netzwerk an Niederlassungen in allen Hauptstädten. Das machte es Andreas leicht, über den gesamten Kontinent zu reisen, ohne Verdacht zu erregen.
Doch Tomi wusste, dass es einen anderen Grund gab, warum er so hart daran arbeitete, dass der Einfluss der Medicis so weit wie möglich über die Grenzen ihrer schönen Stadt hinausreichte. Die Krise in Rom war für immer in seine Seele eingebrannt. Während er Luzifer erfolgreich von der Welt verbannt hatte, war es ihm nicht gelungen, den Verfall der ruhmreichen Republik aufzuhalten, die der Morgenstern, Caligula, vergiftet
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