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Jäger der Schatten

Jäger der Schatten

Titel: Jäger der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa de la Cruz
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allmächtig und er trieb seine Spielchen mit ihr! Die menschliche Kakerlake sollte zerquetscht werden! Niemand durfte sich Azrael widersetzen!
    »Ich will nicht herablassend klingen, aber nach dem fünften Gebot des Vampir-Kodexes gibt es eine Vampir-Conduit-Vertraulichkeit. Ich bin nicht dazu verpflichtet, Informationen über meine ehemalige Herrin preiszugeben. Sieh nach. Du wirst es in den Archivakten finden. Du kannst mir nichts anhaben.«
    Wutentbrannt griff Mimi nach der Tiffany-Lampe auf ihrem Schreibtisch und schleuderte sie auf Oliver, der noch im letzten Moment ausweichen konnte.
    »Ruhig Blut, meine Liebe, ruhig Blut.«
    »Raus aus meinem Büro, du Wurm!«
    Oliver stand langsam auf. Es war offensichtlich, dass er seinen Triumph auskostete. Bevor er das Büro verließ, drehte er sich noch einmal um und sagte in sanftem Tonfall: »Mimi, wir wurden beide unserer großen Liebe beraubt. Mir ist bewusst, dass du nicht viel auf meine Worte gibst, aber trotzdem möchte ich dir sagen, wie leid es mir für dich tut. Ich habe Skyler sehr geliebt und ich weiß, wie sehr du Jack geliebt hast.«
    Jack! Wie konnte er es wagen, ihr seinen Namen ins Gesicht zu schleudern? Es war keine Liebe, was sie für ihren Zwillingsbruder empfand, nur ein verwirrendes Durcheinander aus Empörung und Trauer. Liebe? Welche Art von Liebe sie auch immer verloren hatte, ihre Gefühle Jack gegenüber hatten sich in brennenden Hass verwandelt, einen Hass, den sie in ihrem Herzen hegte wie einen wertvollen Schatz.
    »Liebe!«, zischte Mimi. »Ihr Vertraute wisst nichts über die Liebe. Ihr Menschen habt nie wahre Liebe empfunden. Ihr könnt nur fühlen, was der Heilige Kuss euch vorschreibt. Das ist keine echte Liebe.«
    Oliver sah für einen Moment so verletzt aus, dass Mimi ihre Worte am liebsten zurückgenommen hätte. Immerhin war er der Erste, der Mitleid mit ihr empfand, seit sie jeden verloren hatte, der ihr etwas bedeutet hatte. Dennoch fühlte es sich gut an, ihrem Hass endlich freien Lauf zu lassen. Zu schade, dass Oliver versucht hatte zu helfen. Der Dummkopf hatte sich damit nur in die Schusslinie gestellt.

15
Das Video
    D er Sandsack schwang wie ein Pendel vor und zurück und Mimi gab ihm noch einen heftigen Trit t – genau in die Mitte. Sie war an diesem Tag direkt aus dem Büro in das Fitnessstudio gegangen.
    Sie brauchte kein Mitleid, von niemandem, am wenigsten von diesem dämlichen Archivschreiber. Die Zeiten waren tatsächlich hart, wenn jetzt schon ein Mensch einem Vampir Mitgefühl entgegenbrachte. Insbesondere einem Vampir ihrer Abstammung und ihres Ansehens.
    Was war nur aus der Welt geworden? Hatte sie die Krise in Rom überlebt und die Reise nach Plymouth überstanden, nur um von einem Red Blood bemitleidet zu werden? Das war absolut lächerlich.
    Sie trat erneut gegen den Sandsack und katapultierte ihn fast durch den ganzen Raum. Ihre Muskeln schmerzten von den letzten vier Stunden, in denen sie sich den ganzen Mist von der Seele geboxt hatte. Sie stellte sich Jacks blutiges Gesicht vor, gebeugt vor Scham und um Gnade bettelnd. Wie befriedigend es sein würde, wenn sie endlich ihre ganze Wut an ihm auslassen könnte. Wo war er? Was tat er? Dachte er vielleicht sogar an sie?
    Warum konnte sie es nicht einfach auf sich beruhen lassen, fragte sie sich, als der Sandsack zurückgeflogen kam und sie für einen Moment aus dem Gleichgewicht brachte. Sie wollte Jack nicht einmal meh r – das war ihr vor dem Altar klar geworden. Er wollte sie nicht und sie wollte ihn ebenso wenig. Warum war sie dann so versessen auf seinen Tod?
    Weil jemand für Kingsleys Tod bezahlen musste. Kingsley war fort, er war tot oder gefange n – das spielte keine Rolle. Der Hass auf ihren Bruder war leichter zu ertragen, als der erdrückende Kummer um ihre verlorene Liebe. Es brachte Mimi fast um, daran zu denken, dass Jack überlebt hatte und Kingsley nicht. Dass Jack irgendwo da draußen glücklich mit seiner Halbblut-Geliebten war und sie hier allein. Wenn Mimi nicht glücklich werden konnte, sollte auch sonst niemand glücklich sein.
    Andererseits war es ermüdend, die ganze Zeit wütend zu sein. Mimi sehnte die körperliche Erschöpfung, die ihr das anstrengende Kickbox-Training brachte, jedes Mal herbei. An den meisten Tagen verließ sie das Fitnessstudio fast betäubt und zu fertig, um irgendetwas anderes zu tun, als sich mit ihrem Laptop faul auf das Sofa zu legen, E-Mails zu beantworten und ihren Status in sozialen Netzwerken zu

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