Jäger der Schatten
hoffte, die Zwillinge hatten gute Nachrichten für sie.
Venatoren jeder Art drängten sich an Tischen neben Studenten der New York University, die hier zufällig gelandet waren und keine Ahnung hatten, dass sie von der Geheimpolizei der Vampire umringt waren. Es gab einen Billardtisch, eine Dartscheibe und eine Tafel hinter der Bar, an der die Runden angeschrieben wurden.
Mimi fand Sam in der hintersten Ecke umgeben von leeren Flaschen und setzte sich ihm gegenüber.
»Die Runde geht auf mich«, kündigte Ted an und brachte drei Gläser dunkles Ale, das mit hellem Lager aufgegossen war. Sie nannten das Black and Tans . Mimi mochte den Geschmack von Bier eigentlich nich t – sie bevorzugte Martini oder Wei n –, aber sie wollte keinen Aufstand machen. Sie nahm einen Schluck. Gar nicht mal so schlecht, aber nicht so stark wie Blut, dachte sie und wurde unweigerlich an den Geschmack von Kingsleys Blut erinnert: süß und scharf. Ihr Hals schnürte sich zusammen, ihre Augen wurden feucht und für einen Moment hatte sie das Gefühl, sie könnte die Tränen nicht zurückhalten. Doch sie riss sich zusammen.
»Als Erstes wollte ich dir sagen, dass du dich nicht über den Conduit aufregen solltest. Hazard-Perry hat es nur gut gemeint«, sagte Sam. »Seine Vermutung war ja berechtigt. Der Junge hat seit Tagen nicht geschlafen. Er arbeitet härter als alle anderen.«
»Mag sein, aber dieser aufgeblasene Sack Wendell Randolph will mich für den ›Missbrauch der Polizeikräfte‹ absägen. Er hat gesagt, dass er bei der nächsten Versammlung eine Neuwahl fordern wird.«
»Das wird er nicht. Das ist alles nur wütendes Geschwätz.« Ted machte eine wegwerfende Handbewegung. »Du bist alles, was sie haben, und das wissen sie.«
»Vielleicht hast du Recht. Hört mal, Jungs, ich möchte euch etwas sagen, was mir nicht leichtfällt.« Mimi atmete tief durch. »Ich weiß, dass wir alle in dieser Woche sehr hart gearbeitet haben und ich weiß eure Bemühungen sehr zu schätzen. Aber ich habe keine Wahl. Wenn wir sie bis morgen Abend nicht gefunden haben, werde ich die Schutzschilde außer Kraft setzen. Ich möchte das nicht tun, aber es ist die einzige Möglichkeit. Ich kann sie nicht verbrennen lassen, nicht online, nicht irgendwo. Ohne die Schutzschilde sehen wir sofort, wo sie ist. Dann können wir sie da rausholen.«
Die Venatoren nahmen diese Neuigkeit mit nüchternen Mienen auf.
»Das ist äußerst riskant. Du weißt, dass wir leichte Beute wären, wenn die Silver Bloods genau zur selben Zeit zuschlagen würden«, warnte Ted.
»Ich kenne das Risiko.« Mimi hob die Hände. »Aber habe ich eine andere Wahl?«
»Charles hätte das niemals zugelassen«, bemerkte Sam. »Auch nicht während einer Mordserie«, sagte er und spielte damit auf die Zeit vor zwei Jahren an, als mehrere junge Blue Bloods völlig leer gesaugt worden waren.
»Charles ließ sechs Vampire sterben«, erwiderte Mimi. »Und Lawrence verlor fast den gesamten Ältestenrat in Rio. Ich habe mich entschieden. Wenn wir sie nicht bis Mitternacht gefunden haben, werde ich es tun.«
Sam lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Jedes Jahr seines unsterblichen Lebens zeichnete sich in den Falten seines Gesichts ab. »Aber brauchst du dafür nicht die Genehmigung des Ältestenrats?«
»Nicht in Krisenzeiten. Nicht mit der Doktrin des Regis«, sagte Mimi ein wenig selbstgefällig. So ist das, wenn man im Kodex nachschaut, dachte sie. »Und, meine Herren, wenn das noch nicht deutlich genug war, lasst es mich so ausdrücken: Wir kämpfen hier in einem Krieg. Ich setze doch nicht wegen ein paar nutzloser bürokratischer Abläufe unsere Sicherheit aufs Spiel.«
Ted wechselte einen Blick mit seinem Bruder und Sam zuckte die Schultern. »In Ordnung, wie du schon sagtest, es ist deine Entscheidung. Aber du musst uns bis zur letzten Minute Zeit geben, bevor du dein Vorhaben umsetzt. Wir haben etwas, was wie ein Gegenzauber auf die Verschleierung wirken könnte. Wir werden sie finden. Du erinnerst dich sicher noch daran, was passierte, als der Regis das letzte Mal die Schutzschilde ausgeschaltet hat.«
Mimi erinnerte sich nicht daran, doch das hätte sie niemals zugegeben, vor allem, weil sie ihnen ihre Entscheidung schon mitgeteilt hatte. »Abgemacht. Aber keine Minute länger.«
»Wir wollten dir auch etwas zeigen«, sagte Sam. »Wir haben Renfields Notizen zurück. Nebenbei bemerkt, was stimmt nicht mit dem Typ?«
»Er hat
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