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Jäger der Schatten

Jäger der Schatten

Titel: Jäger der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa de la Cruz
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nicht, als er das Amt des Regis innehatte. Warum um alles in der Welt war sie die Vorsitzende? Sie war noch nicht bereit, diese ungeheure Verantwortung zu übernehmen. Ihr Blut mochte Jahrhunderte überdauert haben, aber in diesem Zyklus war sie erst siebzehn Jahre alt.
    Oliver hielt für einen Moment den Atem an. »Als Antwort auf deine Frage, warum wir hier sind: weil es einer der beiden Orte ist, an denen sich Victoria aufhalten könnte. Sam und Ted sind beim anderen.«
    »Beim anderen?«
    Er nickte. »Ich werde es dir erklären. Erinnerst du dich an das Muster im Carlyle?«
    »Geht es hier etwa wieder um Tapeten?«, schimpfte Mimi.
    »Lass mich ausreden. Das Muster auf der Tapete wurde bis 1880 von William Morris hergestellt. Der spätere Nachdruck wurde exklusiv für das Carlyle Hotel angefertigt. Niemand sonst auf der Welt dürfte diese Tapete besitzen. Doch etwas hat mich nicht in Ruhe gelassen. Warum kam mir das Muster so bekannt vor? Mir war, als hätte ich es schon mal woanders gesehen, nicht nur im Carlyle.«
    »Okay.«
    »Dann habe ich die Geschichte des Hotels recherchiert. Wusstest du, dass es einst den Floods gehörte? Derselben Familie, die ihr Herrenhaus der Duchesne überlassen hat? Mrs Floo d – Ros e – war zu ihrer Zeit eine Stilikone. Deshalb ist es nicht abwegig anzunehmen, dass sie die Tapete selbst ausgesucht hat. Es war ein riesiger Aufwand, sie herzustellen, sie mussten praktisch eine ganze Fabrik dafür kaufen. Das hat mich darauf gebracht: Wenn sie das Muster so sehr geliebt hat, hat sie damit vielleich t …«
    » … ihr Schlafzimmer tapeziert«, beendete Mimi den Satz. »Dann ist Victoria im Dachgeschoss?«
    »Das nehme ich an. Oder sie ist im Herrenhaus der Floods in Newport, wo die Lennox-Brüder gerade nach ihr suchen. Es ist jetzt ein Museum. Deshalb dachte ich, es wäre besser, wenn wir uns diesen Ort vornehmen und die Venatoren das Museum. So entgehst du den unangenehmen Fragen der Gesellschaft für Denkmalschutz in Newport, wenn heute doch noch irgendetwas schiefläuft.«
    »Gut mitgedacht. Aber dir ist schon klar, dass ich deine Erinnerungen lösche, wenn du falsch liegst. Dann wirst du nie wieder für uns arbeiten.«
    »Ja, ich weiß.«
    Mimi und Oliver hetzten die Stufen zu Mrs Floods Schlafzimmer hinauf. Die Klassenräume im Dachgeschoss wurden seit Jahren nicht mehr benutzt. Zu viele Red Bloods aus der Schülerschaft waren der Meinung gewesen, sie hätten dort Geister gehört oder gesehen. Menschen waren ja so dumm. Geister gab es nicht. Nur geisterhafte Erscheinungen, die von Vampiren hervorgerufen wurden. Doch um die Menschen zu beruhigen, hatte die Schulleitung diesen Bereich mit einem Ablenkungszauber versehen. Und weil dieser Zauber die Menschen vom Dachgeschoss fernhielt, war der Ort geradezu ideal, um jemanden zu verstecken.
    Mimi empfand es als große Beleidigung, dass Victoria die ganze Zeit hier gewesen sein könnt e – direkt vor ihrer Nase. Es war, als würde der Täter sie verspotten.
    Mimi drückte ein Ohr gegen die Holztür. Sie konnte etwas hören: ein ächzendes Geräusch und ein Schlurfen. Sie schlug gegen die Tür, doch ein Bann hielt sie fest verschlossen.
    Verdammt noch mal! Einen Bann heraufzubeschwören und wieder rückgängig zu machen, gehörte nicht gerade zu ihren Stärken.
    »Versuch einen Sprengzauber«, schlug Oliver vor.
    »Ich bin doch schon dabei!« Mimi ärgerte sich, dass sie nicht selbst daran gedacht hatte. Sie konzentrierte sich auf den Türknauf und stellte sich vor, er würde sich in Luft auflösen. Damit wäre der Bann gebrochen und sie könnten eintreten.
    Der Türknauf zitterte und wackelte, aber die Tür blieb verschlossen. Das ächzende Geräusch war lauter geworden und wurde jetzt von einem ängstlichen, leisen Jammern begleitet.
    Victoria? Was ging hinter der Tür vor sich? Mimis Herz begann heftig zu klopfen. Sie konnte die Angst förmlich spüren, die sich hinter der Tür ausbreitete.
    Sie versuchte es noch einmal, dann schüttelte sie resigniert den Kopf. Dieser Bann war viel zu stark. Es kam ihr vor, als würde sie gegen eine Zementwand anrennen.
    »Ich komme nicht durch«, ächzte sie. Sie sah aus dem Fenster neben sich. Es war fast dunkel. Der Himmel hatte die Farbe von grauem San d – die erste Spur des Lichts am Horizont. Die Mondsichel würde sich bald zeigen.
    »Sie ist da drin«, drängte Oliver und warf sich mit der Schulter gegen die Tür, als könnte das etwas bewirken.
    Als Mimi ihm gerade antworten wollte,

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