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Jäger der Schatten

Jäger der Schatten

Titel: Jäger der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa de la Cruz
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drang ein so markerschütternder Schrei durch das Holz, dass Mimi völlig vergaß, was sie gerade tun wollte. Im Bruchteil einer Sekunde fällte sie die Entscheidung. Sie durften keine Zeit mehr verlieren. Victoria stand kurz davor, verbrannt zu werden.
    Sie musste einfach die Schutzschilde außer Kraft setzen. Jetzt!
    Azrael betrat die Gedankenwelt, der mächtige und schreckliche Engel des Todes, eine weiße Königin mit einem dunklen Schwert, das im Licht des Himmels aufleuchtete. Die mächtigen Flügel waren zu ihrer vollen Größe ausgebreitet.
    Sie sagte die Worte, die zuvor nur Michael ausgesprochen hatte.
    Die Schutzschilde fielen und im nächsten Augenblick war die Gedankenwelt von den Seelen der noch lebenden Vampire erfüllt. In dem Gewirr aus Seelen entdeckte Mimi ein schreiendes Mädche n – ein Mädchen, dessen Geist bis jetzt vor der Gemeinschaft versteckt gewesen war: Victoria.
    Mimi sah, wie sich Sam und Ted in der Gedankenwelt auf Victoria zubewegten und die Hände nach ihr ausstreckten.
    Doch dann, aus einem unerfindlichen Grund, blickten die beiden Venatoren auf, wandten sich von Victoria ab und rasten auf Mimi zu. Ihre Gesichter waren vor Entsetzen verzerrt.
    Was soll das? Nein! Kehrt um! Vi c …
    Mimi war Victoria so nah, dass sie nach ihr greifen konnte. Ihre Finger streiften einande r …
    Doch bevor sie Victoria in die reale Welt holen konnte, traf Mimi etwas mit der Kraft einer Feuerbombe. Es fühlte sich an, als würde jede Zelle ihres Körpers explodieren.

25
Mondsichel
    A ls Mimi blinzelnd die Augen öffnete, lag sie über und über mit Sägespänen bedeckt auf dem Boden. Ein vertrautes Gesicht beugte sich über sie. Mimi hustete. Was auch immer sie getroffen hatte, ihr tat alles weh. Sie fühlte sich, als sei sie in Millionen Stücke zerrissen und dann wieder zusammengesetzt worden. Und es überraschte sie, dass sie noch am Leben war. Was war das gewesen? Ein Blutzauber? Was sonst hätte sie mit solcher Kraft bewusstlos schlagen könne n – und dann auch noch in der Gedankenwelt? Aber wenn es ein Blutzauber gewesen war, wie war es dann möglich, dass sie noch lebte?
    »Was ist passiert?« Sie würgte und bemerkte, dass sie sich in Mrs Floods Schlafzimmer im Dachgeschoss der Duchesne befand. Die Tür lag zersplittert auf dem Boden neben ihr. Sie sah sich um. Oliver hatte Recht gehabt: Das Zimmer hatte dasselbe Tapetenmuster, das ihm in dem Video aufgefallen war. In der Mitte des Raumes stand ein Stuhl. Ein Venatorenseil war um die Stuhlbeine gewickelt. Direkt gegenüber war eine Videokamera angebracht. Hier war Victoria gefilmt worden. Aber sie war fort. Wie hatten die Entführer es geschafft, sie mitzunehmen, ohne dass sie es bemerkt hatten?
    »Wo ist sie? Wo ist Victoria?«, krächzte Mimi.
    Als Antwort zeigte Oliver auf einen flackernden Computerbildschirm, der auf einem Schreibtisch in der Ecke des Zimmers stand.
    Auf dem Bildschirm war Victoria Taylor zu sehen. Sie brannte. Zerschmolz in den schwarzen Flammen. Ihre Vampirhaut war verkohlt und blätterte ab, ihr Blut verwandelte sich in schwarzes Gestein. Es wurde für immer ausgelöscht.
    Victoria befand sich in dem Haus in Newport. Die Lennox-Brüder traten plötzlich aus der Gedankenwelt und versuchten tapfer, gegen die Flammen anzukämpfen. Doch es war bereits zu spät. Nichts konnte das Höllenfeuer aufhalten, wenn es erst einmal begonnen hatte, eine unsterbliche Seele zu verschlingen.
    »Verdammt noch mal!«, schrie Sam Lennox. Er trat gegen den brennenden Stuhl, während sein Bruder neben ihm weinte.
    Mimi brach auf dem Boden zusammen. Sie erinnerte sich: die Gedankenwelt, Victoria, die Venatoren. Sie waren so nah dran gewesen. Die Zwillinge hätten Victoria retten können, doch im letzten Moment hatten sie sich von ihr abgewandt und stattdessen versucht, Mimi zu helfen. Sie hatten den Blutzauber auf sie zukommen sehen.
    Mimi hatte die gesamte Vampirgemeinschaft in Gefahr gebracht, sie wäre beinahe getötet worde n – und wozu? Sie war nicht in der Lage gewesen, Victoria zu retten, wie sie auch Kingsley nicht retten konnte.
    »Oh Gott!«, hauchte Mimi.
    Am Ende blieb von Victoria nicht mehr übrig als ein Häufchen Asche.
    Mimi vergrub das Gesicht in den Händen und schluchzte. Sie war so jämmerlich gescheitert. Sie war nutzlos. Schlimmer noch als ein Silver Blood.
    Wortlos schaltete Oliver den Computer aus.
    Draußen stand die Mondsichel hoch am Himmel.
    Der Kardinal
    Florenz, 1452
    Wenn man den Worten des Wankelmütigen

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