Jäger des Einhorns
deutlich zu verstehen, sprach zu ihm.
Fremde Gedanken bestimmen das Handeln deiner Freunde, Luxon! Nur du wirst nicht heimgesucht. Du sollst alles miterleben, bis zum tödlichen Ende!
Eine Stunde lang wechselten sich Ecken und Gänge, Mauern und Durchgänge, massige Eisengitter und Rampen und Treppen ab. Ununterbrochen rumpelten und knirschten Steinplatten, die an einer Stelle die Gänge versperrten, an einer anderen neue Korridore öffneten. Fremde Einflüsse tobten sich auch in den Köpfen der Männer aus, die sicher waren, den richtigen Weg unter ihren hastenden Füßen zu haben. Casson versuchte erst gar nicht, sie eines Besseren zu belehren. Er hoffte, daß im Lauf der nächsten Zeit sich einige Dinge klären würden – und überdies befanden sich viele seiner Vertrauten außerhalb des steinernen Labyrinths.
Er hastete eine Rampe aufwärts und erkannte an den Linien, die er mit dem Dolch in die Mauern geritzt hatte, daß er wieder einen Teil des Kavernen erreicht hatte, der dem ursprünglichen Weg entsprach.
Freue dich nicht! Ich bestimme, wohin ihr eure Schritte lenkt! wisperte Kaizan. Ich sehe alles! Ich weiß alles! Ich werde euch verderben!
So einfach ist es auch nicht, dachte Casson und lief in jene Richtung weiter, die sich ihm offen darbot.
Seine Krieger und Ergyse mit seinen Männern folgten ihm schweigend, keuchend und schweißgebadet. Sie begannen zu erkennen, daß bei jedem weiteren Schritt neue Probleme auftauchten.
Für sie war unter dem Einfluß der Magie der falsche Weg der richtige. Und natürlich merkten auch sie, daß keine Wächter auftauchten. Die verzweifelte Flucht ging weiter. Casson, der versuchte, die Gesamtheit des’ Fluchtplans nicht zu vergessen, fragte sich, wo Kukuar war, und was er tun konnte, ob Hesert seinen Bericht bereits beendet hatte, und ob er selbst wohl damit recht hatte, daß der Dunkeljäger sie alle vor den riesigen Opferstein bringen wollte.
Mit Sicherheit wurden die Flößer bereits ungeduldig. Casson, der über ein gutes Zeitempfinden verfügte, rechnete sich aus, daß sie inzwischen zu lange auf ihn warteten.
Er warf sich nach links, nach rechts, rannte geradeaus, sah Steinplatten herangleiten und zurückschrammen, atmete einmal frischere Luft, dann wieder den dumpfen Grabesduft, der aus größeren Tiefen und abgelegeneren Teilen des Kerkers kam.
Es gibt nur einen Weg für euch! wisperte die Stimme.
Nach einer Weile sagte haßerfüllt der Dunkeljäger:
Der Weg zum Opferstein. Dort warten sie auf euch alle, ihr Dämonenknechte!
Die Gruppe sammelte sich. Erschöpft ließen sich die Männer auf den Steinboden fallen, lehnten sich mit zitternden Knien gegen die Wände und warfen einander Blicke der Erschöpfung zu. Keuchend ging ihr Atem. Ihre Knie und Ellbogen waren abgeschürft von dem rauhen Stein der Wände. Casson schob sich bis zu Ergyse durch und sagte:
»Wir erholen uns. Dann geht es weiter. Wir werden es überleben, verlaßt euch darauf!«
Müde nickte der Kapitän. Casson sah ein, daß sie keine wirkliche Möglichkeit hatten. Kaizan hielt alle Waffen in der Hand.
Jedenfalls jetzt, in den schwierigsten Augenblicken.
*
Das schmale, faltenreiche Gesicht des Floßvaters war von Sorge und Wut gezeichnet. Er hatte sich Rauco genähert, hatte mit Gewalt und der Hilfe seiner Söhne die drängenden Männer zur Seite geschoben und flüsterte in Raucos Ohr:
»Wir haben ein Gerücht erfahren, von betrunkenen Calcopern.«
»Ja? Worum geht es?«
»Sie wissen, daß sich ein Dunkeljäger unter dem Tempel befindet. Er will ohne die Hilfe der Magier uns alle töten lassen.«
»Wir müssen ihn aufhalten!« sagte Rauco nach kurzem Nachdenken. Aber der Flößer schüttelte den Kopf.
»Seine Magie ist mächtig, Herrscher!«
»Ich denke, daß meine magischen Fähigkeiten etwas größer sind. Wißt ihr, wo er ist?«
Giryan winkte. Seine Söhne zerrten einen jungen Calcoper heran, der schwankte und seine glasigen Augen immer wieder schreckhaft aufriß. Er lallte und stotterte, als ihn Paryan befragte. Dabei bohrte sich die Spitze seines Dolches neben das Rückgrat des Kriegers.
»Wo hast du Kaizan zuletzt gesehen?«
»Ich bringe… dich zu ihm… will euch alle sehen. Alle. Wir fürchten ihn, aber euch wird er bewirten…«, murmelte er undeutlich. Rauco, ein paar Krieger, die Flößer und zwei Männer der Schiffsbesatzung folgten dem Betrunkenen. Sie versuchten, nicht allzu sehr aufzufallen, verließen die Menge der Wartenden und kamen im Schatten der
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