Jäger des verlorenen Schatzes
Fracht in den Abgrund stürzen zu sehen, aber hier würden sie gewiß versuchen, ihn zu töten oder dafür zu sorgen, daß er von der Straße abkam.
Wie aufs Stichwort, ganz so, als hätte man seine Gedanken lesen können, eröffnete der Soldat das Feuer. Die Geschosse der Maschinenpistole zerfetzten das Glas, rissen die Plane auseinander, bohrten sich in die Karosserie. Indy hörte die Kugeln vorbeiprasseln und duckte sich instinktiv. Es war unabdingbar, daß er sich vor die anderen setzte. Die Straße war immer noch kurvenreich, direkt vor ihnen ging es in eine scharfe Biegung. Jetzt ran, dachte er. Du mußt es hier versuchen. Er trat das Gaspedal durch, zog den Lastwagen am offenen Personenauto vorbei, hörte Schüsse, dann rammte er den anderen Wagen von der Seite und sah ihn von der Straße abkommen und eine niedrige Böschung hinunterkippen.
Ein Schritt war gelungen. Er wußte aber, daß sie auf die Straße zurückkehren und die Verfolgung aufnehmen würden. Er wart einen Blick in den Seitenspiegel: Da waren sie schon. Sie brausten rückwärts die Böschung hinauf, wendeten auf der Straße, rasten hinter ihm her. Er trat das Gaspedal bis auf den Boden durch. Schneller, schneller, dachte er verzweifelt. Dann war er in den Außenbezirken der Stadt, das Auto unmittelbar hinter sich. Stadtstraßen - die Sache sah wieder ganz anders aus.
Enge Durchfahrten. Er brauste hindurch, Tiere und Menschen stoben auseinander, Verkaufsstände kippten um, Körbe, Obst und andere Waren kullerten durcheinander, während die Bettler sich zur Seite warfen. Fußgänger stürzten sich in Hauseingänge, an denen der Lastwagen vorbeiraste. Indy gelangte in immer engere Straßen und Gassen, auf der Suche nach dem Platz, wo Omars Werkstatt sein mußte. Er rief sich den Weg durch das Straßengewirr ins Gedächtnis zurück. Ein blinder Bettler, auf wunderbare Weise plötzlich sehend geworden, sprang auf die Seite, ließ seine Bettelschale fallen und schob die schwarze Brille hoch, um dem Lastauto nachzustarren.
Indy nahm den Fuß nicht vom Gas. Das Personenauto war ihm immer noch dicht auf den Fersen.
Er riß das Steuer herum. Wieder eine enge Gasse. Maulesel hüpften auf die Seite, ein Mann kippte von einer Staffelei, ein Säugling im Arm seiner Mutter begann zu plärren. Tut mir leid, dachte Indy. Ich würde mich gern persönlich entschuldigen, aber das geht im Augenblick nicht.
Doch das Geländefahrzeug konnte er nicht abschütteln.
Dann war er auf dem Platz. Er sah das Schild an Omars Werkstatt, das Tor stand weit offen, und er raste hinein.
Das Tor wurde sofort zugestoßen und verriegelt, während er den Laster im letzten Augenblick zum Stehen brachte. Mehrere Araberjungen mit Besen und Bürsten begannen die Fahrspuren des Lastwagens zu beseitigen, während Indy zusammengesunken in der Dunkelheit der Garage hinter dem Steuer saß. Das Geländefahrzeug bremste, fuhr über den Platz und raste weiter, während Belloq und Dietrich fieberhaft die Straßen absuchten. Auf der Pritsche des Lastwagens, in der Kiste sicher verwahrt, begann die Bundeslade kaum merklich zu summen. Es war, als hätte sich im Inneren eine Maschine selbst eingeschaltet.
Niemand hörte das Geräusch. Es war dunkel, als Sallah und Marion die Garage erreichten. Indy lag auf einem Feldbett, das Omar ihm zur Verfügung gestellt hatte, und erwachte allein und hungrig in der stillen Dunkelheit aus einem kurzen Schlaf. Er rieb sich die Augen, als eine Deckenlampe aufflammte. Marion hatte sich irgendwo gewaschen und gekämmt und sah - hinreißend aus, schoß es Indy durch den Kopf. Sie stand vor ihm.
»Du siehst ziemlich mitgenommen aus«, meinte sie.
»Nur ein paar Kratzer«, gab er zurück, setzte sich auf und stöhnte, als er die Schmerzen in allen Gliedern spürte.
Als Sallah hereinkam, vergaß Indy Müdigkeit und Schmerzen auf der Stelle.
»Wir haben ein Schiff«, sagte der Araber.
»Ist Verlaß drauf?«
»Die Männer sind Piraten, wenn man so sagen darf. Aber Sie können sich auf sie verlassen. Katanga, ihr Kapitän, ist ein Ehrenmann - ohne Rücksicht auf seine zweifelhafteren Unternehmungen.«
»Sie nehmen uns und die Fracht mit?«
Sallah nickte. »Für einen bestimmten Preis.«
»Ganz klar.« Indy stand steif auf. »Schaffen wir den Lastwagen zum Hafen.« Er sah Marion kurz an und fügte hinzu: »Ich habe das Gefühl, daß der Tag noch nicht zu Ende ist.«
In dem eindrucksvollen Gebäude der deutschen Botschaft in Kairo saßen Dietrich und
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