Jäger des Zwielichts: Roman (German Edition)
entkam, ohne eine einzige Brandblasen davonzutragen.
Blöd. Ich habe die Schwester einfach angeguckt und gesagt: »Ich war das.« Denn nachdem ihr so viele Leute nicht geglaubt hatten, hätte sie niemals erwartet, dass die Schwester mit den eisgrauen Augen es würde.
Oder dass die sie mit Drogen vollpumpte und aus dem Krankenhaus verschleppte.
»Wir müssen so tun, als wärst du verletzt und müsstest behandelt werden.« Sie musterte ihn. »Oder wir fügen dir eine echte Verletzung zu.«
Er hob beide Hände. »Danke, Baby, mir reicht eine vorgetäuschte Wunde. Meinst du, die Schwester erkennt dich wieder?«
»Nein.« Das letzte Mal hatte Schwester Nancy Jana mit kurzen, blond gesträhnten Haaren, braungebrannt und fünf Jahre jünger gesehen.
Nun war ihr Haar lang, dunkel, und ihre Haut war seit Monaten nicht in der Sonne gewesen. Also bezweifelte sie, dass Nancy sie wiedererkennen würde. Zudem war sie in jener Nacht nur wenige Stunden bei Jana.
Nicht dass Jana die Schwester vergessen hätte. Menschen, die einem das Leben auf den Kopf stellten, vergaß man nicht.
»Und wie kommen wir von hier zum Perseus-Projekt?«, fragte Zane.
Sie nahm seine Hand. Jetzt oder nie. »Überlass das mir.« Wenn er in die Hölle gehen wollte, brachte sie ihn hin, und vielleicht, vielleicht könnten sie gemeinsam den Teufel besiegen.
Dann bin ich frei.
Könnte sie es doch nur sein!
Fliehen hatte nicht funktioniert, denn sie folgten ihr unerbittlich. Und das würden sie weiter, solange Perseus nicht gestoppt wurde. Zane war stark; sie wusste, dass er auf einer der höchsten Machtstufen stehen musste. Aber wäre er auch stark genug, um diese Schweine aufzuhalten? Sie hoffte es.
Zane und Jana liefen zum Eingang der Notaufnahme, und als zwei Sanitäter zu ihrem Krankenwagen zurückkehrten, schrie Jana laut und verzweifelt: »Helfen Sie mir!« Gleichzeitig versetzte sie Zane einen kräftigen Stoß, so dass er ins Stolpern geriet. »Mein Bruder … er ist …«, rief sie und flüsterte Zane zu: »Fall schon um!«
Zane kippte brav um.
»Er hat schon wieder einen Anfall! O Gott, die hat er schon die ganze Zeit, und ich habe seine Medikamente nicht dabei, ich …«
Die Sanitäter, ein Mann und eine Frau, kamen zu ihnen gelaufen. Jana hielt Zanes Hand fest umklammert und weinte sogar recht überzeugend, denn sie hatte gelernt, glaubwürdig zu spielen. Die Sanitäter hievten Zane auf eine Rolltrage und schoben ihn ins Krankenhaus.
»Was für Medikamente nimmt Ihr Bruder?«, fragte der Mann.
»Äh … äh … Inovelon.«
Der Sanitäter sah Jana fragend an.
Wie bitte? Das war ein Mittel gegen besonders schwere Epilepsie, oder nicht? Im selben Moment stöhnte Zane und ließ seinen Kopf zur Seite sinken.
»Jetzt ist es vorbei«, hauchte Jana und neigte ihren Kopf. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie eine vertraute Gestalt angelaufen kam. Schwester Nancy achtete darauf, stets als Erste die Neuzugänge zu begutachten; schließlich war das ihr Auftrag.
In den letzten Jahren war Jana häufiger hierhergekommen und hatte sie aus der Ferne beobachtet. Du hast mir übel mitgespielt, Nancy.
Waren sie krank oder verwundet, fiel es Übernatürlichen meist schwerer als sonst, ihr wahres Wesen zu verbergen, und darauf zählte Nancy. Sie nutzte ihre Schwäche, wie es bei Perseus alle taten.
Der Sanitäter sagte: »Wir müssen ihn stabilisieren und …«
»Was haben wir hier?«, fragte die Schwester.
Jana drückte Zanes Hand sehr fest.
Flatternd hob er die Lider, und Jana bemerkte, dass seine Augen pechschwarz waren.
Schwester Nancy hielt hörbar den Atem an.
Ein Blinzeln, und Zanes Augen waren wieder grün. »W…was ist passiert?«, stammelte er und wandte das Gesicht sehr langsam zu Jana. »Hab ich … O nein, ich bin doch nicht im Krankenhaus! «
Er wollte sich aufsetzen, doch die Sanitäter packten seine Arme und wollten ihn wieder auf die Trage drücken.
»Ganz ruhig, Sir. Sie hatten einen Anfall. Sie müssen …«
»Ich muss gar nichts, verdammt!« Er riss sich von ihnen los und sprang von der Trage. Dann schwankte er für einen Moment und erschauderte.
Okay, er ist auch ein recht passabler Schauspieler. Das sollte sie sich merken.
Er zog Jana näher zu sich. »Du weißt doch, dass du mich nicht herbringen darfst«, raunte er. »Du weißt …«
Schwester Nancy stellte sich vor sie. »Ich würde Sie gern kurz sprechen, Sir.«
Er schüttelte den Kopf und wollte mit Jana an der Schwester vorbei.
»Wir dürfen ihn nicht gehen
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