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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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deinem hübschen Büro?«

    Eine dritte Runde noch und ein paar leidenschaftliche Umschlingungen, dann ließ sie Ben Liebermann in seinem hellerleuchteten Wachhäuschen zurück, ging zu ihrem Auto, in der Hand eine zentnerschwere Stablampe mit dem Etikett eines Freiburger Wachdienstes, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, leere Parkplätze zu bewachen.
    Sie fuhr nach Grezhausen. Josepha Ettinger und ihre merkwürdigen Worte.
    Josepha Ettinger, die nichts gesehen hatte, nichts wusste. Die am Samstag an der Scheune vorbeigegangen war, nicht am Sonntag. Das war der Ansatz.
    Sie wissen doch nicht einmal, wo Sie suchen müssen, richtig?
    Das verstand sie ja noch.
    Wen Sie suchen müssen.
    Auch das verstand sie grundsätzlich, wenn nur die Betonung nicht gewesen wäre. Wen. Als wäre der, den sie suchten, etwas … Besonderes. Doch woher sollte Josepha Ettinger das wissen?
    Und wenn Sie ihn hätten, blieben immer noch die anderen.
    Das verstand sie nicht. Die anderen. Hatte Josepha Ettinger in ihrem Zorn auf die Welt von den Menschen gesprochen, die ihr vor sechzig Jahren Schlimmes angetan hatten? Einen Verbrecher fing man, doch die von damals eben nicht? Oder meinte sie ganz allgemein die zahllosen Verbrecher, die nie festgenommen worden waren? Ach, die Polizei taugt doch sowieso nichts. War es so banal?
    In plötzlicher Wut schlug sie mit der Hand auf das Radio. Die Symbole leuchteten auf, Radiomusik setzte ein, französische Autos, die verstanden sie nun mal.
    Sie ließ das Fenster herunter. Der Fahrtwind wehte kühle Regentropfen auf ihren Arm.
    Verirrst dich wieder in Ahnungen und Spekulationen, Bonì?
    Keine Ahnungen, dachte sie. Nur ein paar Merkwürdigkeiten.

11
    Langsam fuhr sie durch Grezhausen. Auf der Straße keine Menschenseele. Sie dachte an Ben Liebermann, auch der starrte in diesem Moment in die reglose Nacht.
    Im Haus der Holzners brannte Licht. Hinter einem der Fenster im Obergeschoss sah sie Eddies Mutter herumgehen. Eine junge Frau tauchte auf, verschwand wieder. Tröstete nachts um eins.
    Am selben Tag den Sohn und den Mann verloren.
    Sie wendete.
    Im Haus von Dennis’ Familie brannte kein Licht. Sie wusste inzwischen, dass es nur die Mutter gab. Der Vater stand nicht mal in der Geburtsurkunde.
    Dennis und seine Mutter waren bei Verwandten in Karlsruhe.
    Erneut wendete sie, fuhr am Haus der Holzners vorbei, beschleunigte auf der Straße nach Hartheim.
    Die Scheune war in der verregneten Dunkelheit nicht zu erkennen. Im Morgengrauen würden die Einsatzwagen zurückkehren, die Kollegen die Suche fortsetzen.
    Eddie und Nadine. Nadine und Eddie.
    Am frühen Abend in Bermanns Büro hatte Bruckner gesagt: Und wenn’s die Kleine war? Wenn er sie gevögelt hat, und sie hat sich gerächt? Hat ihn ertränkt?
    Dabei wussten sie nicht einmal, ob Nadine noch lebte.
    Sie hielt am Straßenrand, ließ das Fenster hinunter, blickte in die Dunkelheit. Die Luft war feucht und roch modrig. Müdigkeit überkam sie. Sie stieg aus, stand eine Weile gähnend im kühlen Regen. Sie musste dranbleiben jetzt. Irgendetwas war da.
    Dass Nadine aus der Scheune verschwunden war, konnte drei Gründe haben.
    Erstens: Der, der sie misshandelt hatte, hatte sie gesucht und entdeckt. Dann würden sie sie nicht so leicht finden. Dann lebte sie vielleicht nicht mehr.
    Zweitens: Sie hatte die Scheune aus eigener Kraft verlassen. Dann musste sie irgendwo in der Nähe sein. Irgendwo hier. Aber dann hätte sie vermutlich ihre Eltern angerufen.
    Es sei denn, Bruckner hatte recht. Dann wäre Eddie gestorben, weil er sie in der Scheune »angeschaut« und »angefasst« hatte.
    Und der andere? Der sie so zugerichtet hatte, wie Dennis es beschrieben hatte? Würde der dann auch sterben?
    Der andere, dachte sie.
    Und wenn Sie ihn hätten, blieben immer noch die anderen.
    In ihren Armen kribbelte es. Der Gedanke wurde konkreter. Das Etwas, das sie am späten Nachmittag übersehen hatte.
    Drittens: Jemand anders hatte Nadine gefunden und sich um sie gekümmert.
    Aber dann hätte der ihre Eltern angerufen. Oder die Polizei. Es sei denn, er fürchtete die Polizei.
    Oder Nadine wollte es nicht.

    Nur ein Hund diesmal.
    Kein Licht, keine Frauenstimme, die den Hund beruhigte. Nichts. Nur das Gebell und das Prasseln des Regens.
    Im Schein der Straßenlaterne waren ein paar Meter Kies und Pfützen zu sehen. Das Haus lag in der Dunkelheit. Sie klingelte noch einmal. Der Hund bellte hysterisch, die Kette rasselte und schlug gegen Holz.
    Kein Licht, keine

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