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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Stimmen.
    Sie schaltete die Stablampe ein. Der Hund war nicht zu sehen. Im Haus schien sich nichts zu regen, aber allzu deutlich waren die Fenster nicht zu erkennen. Das rote Auto war fort.
    Sie rief Josepha Ettingers Namen. Keine Antwort.
    Erst jetzt fiel ihr die Visitenkarte ein. Sie steckte nicht mehr zwischen den Torflügeln.
    Sie ging zum Auto, suchte in den Aktenfotokopien nach einer Telefonnummer. Das Handy am Ohr, kehrte sie zum Anwesen zurück. In der Ferne hörte sie ein Telefon klingeln. Niemand hob ab.
    Wie am Nachmittag legte sie die Hände an die Stangen, sah nach oben. Regentropfen fielen ihr ins Gesicht. Hochkommen würde sie schon. Über die Spitzen zu klettern war sicher schwieriger. Das Gestänge war nass.
    Sie schloss die Augen. Ein Uhr, da schliefen Staatsanwälte und Amtsrichter. Doch selbst tagsüber hätte sie keinen Durchsuchungsbeschluss bekommen, nur weil eine alte Frau merkwürdige Dinge gesagt hatte und ein Auto fort war.
    In was haben Sie sich da verrannt, Frau Bonì?
    In eine Hoffnung.
    Also warten, dachte sie und kehrte zum Auto zurück.

    Sie schlief ein paar Stunden, ließ sich um fünf vom Handy wecken. Weit im Osten schon ein wenig Helligkeit, im Westen, über dem Hof und dem Rhein, Finsternis. Sie stieg aus, atmete die kühle, feuchte Luft ein. Es regnete nicht mehr.
    Als sie am Tor läutete, antwortete wieder nur der Hund.
    Das Freizeichen am Ohr, das Telefonklingeln in der Ferne. Fröstelnd starrte sie in die Dunkelheit. Sie sah zwei alte Frauen mit Ohrstöpseln in einem großen Bett. Am Fußende lagen zwei alte, fast taube Hunde, die von besseren Zeiten träumten.
    Sie konnte doch nicht auf ein Privatgrundstück eindringen.
    Vor ein paar Jahren, dachte sie, hätte sie es getan. Sie hätte ihre Ahnungen über alles andere gestellt und wäre über das Tor geklettert. Doch zwischen damals und heute standen ein paar furchtbare Ereignisse. Todesfälle, an denen sie sich mitschuldig fühlte. Falsche Entscheidungen, grobe Fehler.
    Sie folgte der Mauer in Richtung Ortsende. Fünfzig, sechzig Meter verlief sie entlang der Straße, dann, an einer Wiese, ein scharfer Knick nach Süden. Sie stapfte durch hohes Gras, Turnschuhe und Hosenbeine waren rasch durchnässt. Auf der Rückseite des Anwesens knöpfte sie die Hose auf, ging in die Hocke, pinkelte.
    Zehn Minuten später stand sie wieder vor dem Tor. Keine Hinterpforte, keine Möglichkeit, über einen Baum auf die Mauer zu gelangen. Aber beim Gehen war ihr ein Gedanke gekommen.
    Autos.

    Die alte Frau war schon wach. In einem rosafarbenen Morgenmantel stand sie vor Louise, am Halsausschnitt hing eine gebügelte Serviette. Aus dem Inneren des Hauses drang Musik, »Liebe ist« von Nena.
    »Oh, die Frau von der Polizei.«
    »Ich hab noch eine Frage.«
    Ein rotes Auto? Die Frau nickte. Ja, das Auto von Josepha und Maria Ettinger. Irgendwann am Wochenende hatte es vor der Scheune gestanden.
    »Vor der Scheune? Sind Sie sicher?«
    »Ja, ja, vor der Scheune.«
    Am Sonntag, es war derselbe Tag gewesen, an dem sie das blaue Auto mit dem Ersatzrad huckepack gesehen hatte. Sie war von der Bibelstunde heimgekommen, so um Viertel nach fünf, und da hatte es vor der Scheune da drüben gestanden, der Scheune, die den Ettingers gehörte, und als sie später aus dem Fenster gesehen hatte, war es weg gewesen.
    »Haben Sie die Ettingers bei ihrem Auto gesehen? Oder sonst jemanden?«
    »Nein, nur das Auto, und später, als ich aus dem Fenster geschaut hab, ist es weg gewesen.« Es klang entschuldigend. Die Augen der alten Frau waren groß. Hoffentlich hab ich Ihnen helfen können, sagten sie. »Hat es was mit dem Eddie zu tun?«
    »Sie kannten ihn?«
    » So ein netter Junge.«
    Louise nickte. Niemand mochte Eddie, auch diese Frau nicht. Im Radio kamen Kurznachrichten. Brasilien hatte den Confederations Cup gewonnen. Deutschland war nach seinem Sieg gegen Mexiko Dritter geworden. Sie dachte an Holzner und Eddie und daran, dass ein Fußballspiel alles war, was einem Vater von seinem ermordeten Sohn geblieben war.
    »Noch eine Frage. Kann man hier einkaufen? In Grezhausen?«
    »Nein, da müssen Sie schon rüber nach Oberrimsingen.«
    Wir kamen vom Rhein und haben danach im Ort eingekauft. Also muss es Samstag gewesen sein.
    Josepha Ettingers Lügen.
    Sie bedankte sich.
    »Wenn Sie noch was wissen wollen«, sagte die Frau. »Ich bin ja da.«
    Ja, dachte sie auf dem Weg zum Auto, sie wollte noch etwas wissen, aber das würde auch die alte Frau nicht beantworten

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