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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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mich.« Ben Liebermann wandte sich ihr zu. In der Dunkelheit waren die Fältchen um seine Augen nicht mehr zu sehen, und das beunruhigte sie aus irgendeinem Grund. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Kein Glück mit Männern, Bonì, sagte eine Stimme in ihrem Kopf, so war’s immer, so wird’s immer sein.
    Aber seine Freude vorhin war nicht gespielt gewesen.
    »Ich fasse mal zusammen«, sagte sie. »Du ziehst meinetwegen nach Freiburg, und dann überlegst du dir, ob du dich von mir trennen willst.«
    »Nein«, sagte Ben Liebermann.
    »Gut.«
    Sie gingen weiter. Perspektivfragen, dachte sie unwillig. Kein Wunder, stundenlang allein, draußen Dunkelheit, und alles, was man sah, war ein fast leerer Parkplatz. Da musste man sich ja solche Fragen stellen. Gibt es ein Leben über den Parkplatz hinaus? Ein Leben in der Helligkeit?
    »Ich mag deine Zusammenfassungen«, sagte Ben Liebermann und drückte sie an sich. »Nur das Wichtigste vom Wichtigsten.«
    »Ist das nicht der Sinn von Zusammenfassungen?« Sie klappte den Schirm ein, es hatte aufgehört zu regnen. »Und? Kommen da auch Antworten, wenn du dir solche Fragen stellst?«
    »Ja. Dass ich es gern hätte, wenn wir eine Perspektive hätten.«
    Sie seufzte. »Jetzt wird alles Konjunktiv.«
    Die erste Runde war zu Ende, sie begannen mit der zweiten.
    »Wie kann man so blöd sein, nach Perspektiven zu fragen, Ben? Ich meine, entweder es dauert, oder es dauert nicht. Ich dachte, wir hätten uns beide darauf eingelassen.«
    »Haben wir. Reg dich nicht auf, Louise.«
    »Also wirklich. Perspektivfragen.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Nicht aufregen.«
    »Du brauchst einen anderen Job. Einen, bei dem du arbeitest und keine Zeit hast nachzudenken.«
    »Ich denke immer nach.«
    »Aber was ist das Problem, Ben? Ich meine, wenn der Job nicht das Problem ist, was dann?«
    »Es liegt nicht an dir.«
    »Hat mein Scheißexmann auch gesagt.«
    Ben Liebermann seufzte. »Reg dich ab, Louise. Es geht nicht um dich, sondern um mich. Ich bin nicht zufrieden. Ich bin nie zufrieden. So ist das eben.«
    »Nicht zufrieden mit mir?«
    »Ich sagte doch, es geht nicht um dich.«
    »Kannst du jetzt mal sagen, ob du mit mir zufrieden bist? Ob du mich magst?«
    »Ich mag dich sehr.«
    »Gut. Ich mag dich auch sehr. Problem gelöst.«
    »Ja«, sagte Ben Liebermann und lachte erleichtert.
    Aber der Wachmann, der ihr so leicht davonkommen würde, musste erst noch geboren werden. »Warum bist du nie zufrieden?«
    »Ist eben so.«
    »Und womit nicht zufrieden?«
    »Gib Ruhe, Bonì.«
    »Raus damit, Benno.«
    Ben Liebermann stöhnte.
    »Ben«, wenn du überleben willst , hatte Thomas Ilic gewarnt.
    »Nie wieder ›Benno‹, bitte.«
    Sie lachte. »Dann red endlich.«
    »Schau mich an. Was bin ich schon? Wer bin ich schon?«
    »Versteh ich nicht.«
    »Siehst du? Können wir das bitte vertagen?«
    »Ich fasse mal zusammen. Du magst dich nicht.«
    Ben Liebermann zuckte die Achseln.
    Nichts erreicht, nirgendwo heimisch geworden, keine Familie gegründet, von Stadt zu Stadt gezogen. Den Beruf, den er irgendwann mal gemocht hatte, geschmissen, weil er ausgebrannt gewesen war. Und immer dieses Gefühl, er verdiente es nicht, wenn er sich irgendwo dann doch mal wohl fühlte, zumindest eine Zeitlang.
    Weil er nichts war. Niemand war.
    So war das eben.
    Sie schwieg. Sie hätte eine Menge sagen können. Drei Fremdsprachen, jahrelange Auslandserfahrung, guter Leumund bei verschiedenen Polizeidirektionen, Lehrerfahrung, die Fähigkeit, sich in fremden Ländern niederzulassen, zurechtzufinden, in Nachkriegszeiten Polizeistrukturen aufzubauen, war das nichts? Eine wunderliche Kollegin zu beeindrucken, die sich von Kollegen seit Jahren nicht mehr beeindrucken ließ? Dieser Kollegin das Gefühl zu vermitteln, dass da aus heiterem Himmel ein Leben ins Stillstandschaos geplatzt war? Perspektiven?
    Perspektiven, mit denen sie nicht mehr gerechnet hatte?
    Aber jeder hatte nun mal eigene Kriterien. Wer sich nicht mochte, mochte sich tief drinnen nicht, da konnten andere reden, wie sie wollten.
    »Und den Rest vertagen wir«, sagte Ben Liebermann.
    »Auf morgen Nacht.«
    Ben Liebermann lächelte.
    Sie zog ihn an sich, küsste ihn. Wenn man mit vierzig noch mal anfing mit der Liebe … All die Schatten, die Lasten. So vieles war vorher gewesen, ließ sich nicht mehr mit dem anderen teilen. Ein halbes Leben lang hatte man nicht dazugehört.
    Sie löste sich von ihm. »Mal was anderes, Ben. Hast du eine starke Taschenlampe in

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