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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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hatte. Die Augen klein und in dunklen Höhlen, die Haut teigig, weiß, fettig. Er roch nach Schweiß, nach ungewaschenem Mann.
    Sie erzählte von den Ettingers, von ihrem Verdacht, dass es sich um mindestens drei Täter handelte und dass einer von ihnen vermutlich ein Kripomann war. Von dem Mord an Dietmar Haberle, der Wohnung in Colmar und davon, dass einer der Täter möglicherweise hier war und die Wohnung beobachtete, genau wie sie. Von dem Problem, dass die Ettingers einer deutschen Kripobeamtin nicht öffnen würden, vielleicht nicht einmal französischen Kollegen. Deswegen, sagte sie, sei er hier. Er und Cesare.
    Sie wartete einen Moment, doch Rohmueller schwieg. Er stand dicht bei ihr, hatte sich zu ihr heruntergebeugt, sein Arm drückte an ihre Schulter, als suchte er in der Nähe Trost. Zu seinen Füßen lag der alte Collie.
    »Würde Ihre Tochter Cesare am Gebell erkennen?«
    Er nickte.
    Sie warf einen Blick auf den Collie. Menschen und ihre Hunde. »Dann versuchen wir es. Sie und der Hund. Aber Sie müssen mir versprechen, dass Sie nichts unternehmen. Gehen Sie davon aus, dass er Sie sieht. Er darf keinen Verdacht schöpfen. Stehen Sie das durch?«
    In Rohmuellers Augen glänzten Tränen. Wieder das Nicken, Sprechen ging offenbar nicht. Natürlich nicht. Sie dachte daran, was für grauenvolle Tage hinter ihm lagen, seit er zum ersten Mal mit dem Gedanken konfrontiert gewesen war, dass seiner Tochter etwas zugestoßen sein könnte. Und jetzt befand sie sich möglicherweise keine fünfzig Meter von ihm entfernt, und er durfte nicht hinüberlaufen und sie in die Arme nehmen.
    »Erst mal schneuzen, Herr Rohmueller.«
    Er zog ein Taschentuch hervor, wandte sich ab.
    Dann sah er sie wieder an.
    »Bringen Sie den Hund irgendwie dazu, dass er bellt. Spielen Sie mit ihm, was auch immer, ein paar Minuten lang. Dann kommen Sie hierher zurück.«
    Er räusperte sich. »Sie hoffen, dass sie mich anruft?«
    »Sie ist doch ein intelligentes Mädchen.«
    »Und wenn sie es nicht tut?«
    »Überlegen wir uns was anderes.«
    »Und wenn sie … wenn sie doch …«
    »Ist sie nicht, Herr Rohmueller. Sie lebt, sie hat zwei Menschen, die sich um sie kümmern, und jetzt sind wir da, um sie zu beschützen.«
    »Geht es Ihnen um meine Tochter oder um den … Täter?«
    »Um Ihre Tochter. Mit dem Täter befassen wir uns hinterher.«
    »Schwören Sie mir das?«
    »Schwören ist albern, Herr Rohmueller. Glauben Sie mir einfach. Für mich zählt im Moment nur, dass wir Nadine in Sicherheit bringen. Gut?«
    Er nickte. Schon wieder Tränen, schon wieder Schneuzen. »Jetzt aber, Herr Rohmueller«, sagte sie sanft.
    Ben Liebermann erzählte Henri auf Englisch von Sarajewo. Er trug Freizeitkleidung, nicht die Uniform des Freiburger Wachdienstes. Sie hatte ihn schon länger nicht mehr in Freizeitkleidung gesehen. Dieselbe Jacke, dieselbe Jeans wie damals in Osijek, am ersten Tag. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. Es war gut, ihn zu spüren, ihn hier zu haben.
    Jetzt war es an der Zeit, dass er nach Hause fuhr.
    Er brach ab, erwiderte ihren Blick.
    »Ich bin dir sehr dankbar.«
    Er nickte.
    »I don’t know« , sagte Henri und schüttelte mit skeptischer Miene den Kopf. »Sarajewo. End of world. Barbares, tous les yougoslaves.«
    Ben Liebermann beachtete ihn nicht. »Wie geht es weiter?«
    »Du fährst heim, Ben.«
    Der Kellner brachte einen Espresso. Ben Liebermann kippte Zucker hinein, rührte um. »Gleich«, sagte er und sah sie an.
    Sie fuhr ihm mit der Hand durchs Haar, lächelte warnend. Sie kannte diesen Blick. Der Beschützer-Blick. Sie nickte in Richtung Espresso. »Also?«
    »Noch zu heiß.«
    »Trinken, Benno.«
    Lächelnd griff Ben Liebermann nach der Tasse.
    Sie informierte Henri über den Plan und bat ihn, Noureddine anzurufen, damit er ebenfalls auf dem Laufenden war. Während er telefonierte, tauchte unten auf der Straße Claus Rohmueller mit Cesare auf. Am Anfang der Fußgängerzone, kaum zehn Meter von dem Haus entfernt, kniete Rohmueller nieder, nahm den Hund mit beiden Händen am Halsband, sprach auf ihn ein. Cesare begann zu bellen, Rohmueller nickte lachend, stand auf. Der Hund sprang, so gut es in seinem Alter wohl noch ging, bellend um ihn herum.
    Hunde und ihre Menschen.
    »Noureddine«, sagte Henri leise.
    Aus der Fußgängerzone kam ein algerischstämmiger Mann auf den Platz. Ein paar Meter von Rohmueller entfernt blieb er stehen, schlug einen Stadtplan auf.
    »Die alte Frau«, sagte Henri.
    Louise nickte

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