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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Nadine fortbringen konnten. Sie würden ihn später kriegen, irgendwann.
    Erst den Polizisten, dann den Mörder.
    Alles war in Bewegung, überall Gesichter, überall Männer. Kinder lachten und schrien, Sonnenlicht reflektierte grell von Fensterscheiben. Noureddine, der wachsam zwischen Cafétischen hindurchging.
    Sie begann auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes, betrat eine Bäckerei, musterte ein Dutzend Gesichter, eilte hinaus. Aus der Ferne näherten sich Polizeisirenen, am Ende der Fußgängerzone zwei Gendarmen, Noureddine winkte die beiden zu sich. Sie stieß eine Tür auf, lief durch die schmalen Gänge einer Drogerie, drängelte, schubste, ein, zwei blonde Männer, keiner attraktiv und mit markantem Kinn.
    Auf dem Platz hatte ein Polizeiauto mit Blaulicht gehalten, Gendarmen stiegen aus, die Kinder starrten mit offenen Mündern. Jenseits des Brunnens das Haus der Ettingers im Sonnenlicht, hinter einem der Vorhänge Umrisse eines schmalen Körpers, vielleicht Josepha.
    Sie lief weiter.
    Ein Hauseingang, die Tür verschlossen. Sie drückte den Türöffner, stand in einem stillen Treppenhaus. Grezhausen fiel ihr ein, der Flur der Ettingers mit den Stufen in den ersten Stock, in den sie nie und nimmer hätte gehen können vor Angst. Diesmal zwang sie sich hinauf, drei Stockwerke, zum Glück breite Gänge ohne blinde Stellen, auch hier war er nicht, natürlich nicht, wie hätte er von hier drinnen das rosafarbene Haus überwachen sollen?
    Draußen immer mehr Polizeibeamte. Noureddine verschwunden, am geöffneten Fenster des Cafés stand Ben Liebermann, eine Hand am oberen Rahmen. Sie unterdrückte den Impuls zu winken, wandte sich ab.
    War der Mann überhaupt hier?
    Sie wäre hier, an seiner Stelle. Wenn sie im Haus der Ettingers Unterlagen zu Colmar gefunden hätte, dann wäre sie hier. Würde versuchen, Nadine zu töten. Sie hätte Eddie getötet, Haberle, weil sie sie hätten identifizieren können, nun würde sie Nadine töten.
    Und sie würde es jetzt tun.
    Sie lief in Richtung eines Antiquariates. Noureddine tauchte auf, rannte weiter. Auf dem Platz und in der Fußgängerzone wimmelte es mittlerweile von Gendarmen. Die Straße war gesperrt worden. Ein Mörder in Colmar …
    Jetzt, dachte sie, jetzt musste er handeln, sonst wäre es zu spät. Jetzt musste er sich entscheiden.
    Fliehen oder versuchen, Nadine zu töten.
    Im Gehen wählte sie Henris Nummer, bekam keine Antwort. Ewigkeiten vergingen, sie hörte nur das Freizeichen. Verwirrt drehte sie sich um und blickte auf das Haus der Ettingers. Wählte erneut, hörte erneut nur das Freizeichen.
    Sie war stehengeblieben. Die Geräusche um sie herum verstummten, die Bewegungen verschwammen ineinander. Die Fenster im zweiten Stock, der schmale Körper war fort.
    Hatte er im Haus gewartet? In einer der anderen Wohnungen?
    Rufe drangen an ihr Bewusstsein, Noureddine, der ein paar Meter von ihr entfernt stand, was?, rief er, was ist denn? Sie deutete auf das rosafarbene Haus, löste sich endlich aus der Erstarrung, rannte los. »Henri!«, schrie sie Noureddine zu, der ihr folgte, eine Pistole in der Hand. Aus dem Augenwinkel sah sie Ben Liebermann aus dem Café stürmen, hinter ihm Rohmueller und der Collie, dann hatte sie den Eingang des Bekleidungsgeschäftes im Erdgeschoss erreicht, drängte sich zwischen Kundinnen hindurch zum Notausgang, stieß eine schwere Eisentür auf.
    Dahinter ein dämmriger Hausflur, Treppen hinauf in die Dunkelheit, wie ein beißender Schmerz fuhr ihr die Angst in die Glieder. Sie zögerte einen Moment, fand einen Lichtschalter und setzte eben den Fuß auf die erste Stufe, als weit über ihr wütendes Hundegebell einsetzte. Dann fiel ein Schuss, ein monströses Donnern in der Stille, wuchtig nachhallend wie eine Explosion. Sie riss die Waffe aus der Handtasche, stürzte hinauf, Noureddine unmittelbar hinter ihr, ein weiterer Schuss, noch lauter als der erste, und ununterbrochen das hysterische Gebell der beiden Hunde.
    Sekunden später war sie im ersten Stock, sah flüchtig Ben Liebermann am Fuß der Treppe, schrie »Nein, Ben! Nein!«, rannte weiter. Schritte und Stimmen hallten durch das Treppenhaus, plötzlich zwei scharfe, hohe Rufe, wie sie sie schon einmal gehört hatte, in Grezhausen, Maria Ettinger, die den Hunden Befehle gab. Auf dem Absatz des zweiten Stocks ein Körper, zusammengekrümmt wie ein Fötus, Henri, der Schädel aufgeschlagen, um den Kopf eine Blutlache, aus der sich zahllose Rinnsale über den Boden

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