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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Blickkontakt. Louise Bonì und ihr Lieblingskollege, ein Abschied, und sie wussten es beide.

III
    Der magische Moment
    28
    Louise fuhr, Löbinger saß neben ihr, Bermann im Fond. Er sagte minutenlang kein Wort. Wenn sie ihn im Rückspiegel ansah, war sein Kopf in Richtung Fenster gedreht.
    Löbinger dagegen, der nie viel redete, redete ununterbrochen.
    »Eigentlich eine Bilderbuchkarriere«, sagte er. »Aber wenn es um Verantwortung ging … Er wollte nie eine Soko leiten. Ich hab ihn ein paarmal gefragt, aber Soko-Leiter wollte er nicht werden. Wollte in Ruhe vor sich hin arbeiten, keine Verantwortung übernehmen. Zweimal hat er über Monate undercover gearbeitet, aber das ist schon lange her, fünfzehn, zwanzig Jahre. Hin und wieder hat er davon erzählt, das klang dann immer so, als hätte er Bürodienst geschoben. Ach, was die immer alle haben, hat er gesagt, wenn es um undercover geht. Das einzige Problem ist, dass man irgendwann nicht mehr weiß, wer man ist, aber das weiß man vorher ja auch nicht.«
    Löbinger schwieg.
    »Habt ihr in seinem Büro was gefunden?«
    »Nein.«
    »Seine Waffe?«
    »Trägt er wohl bei sich. Aber er wird sie nicht benutzen. Er hat sie nie benutzt. Zum Schießtraining musstest du ihn zwingen.«
    »Wen nicht«, sagte Louise.
    »Andi Bruckner war mal mit ihm im Schießkino und hat hinterher gesagt, dass Hans … dass Meirich die Augen zugemacht hat. Dass sein größtes Problem beim Schießen war, dass seine Augen automatisch zugegangen sind. Sie haben viel gelacht, hat Andi erzählt, auch Meirich. Jetzt aber, hat Meirich gesagt und die Waffe gehoben und den Finger an den Abzug gelegt. Klapp, waren die Augen wieder zu.«
    »Er hatte Angst vor Waffen?«
    »Und vor hübschen Frauen.«
    »Wer nicht«, sagte Louise.
    Löbinger lachte leise. »Da ist er immer still geworden. Wir hatten mal eine niedliche Sekretärin, Steffi hieß die, Jesus, eine Rassekatze, hatte alles, was ein Mann an einer Frau nur mögen kann. Er hat den Mund nicht aufgebracht, wenn sie in der Nähe war.«
    »Josepha Ettinger hat von Erektionsproblemen gesprochen.«
    Löbinger sah sie an. »Wie hat er ihn dann reingekriegt?«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Ist schwierig, weißt du.« Er lächelte freundlich.
    »Lass sie ihn Ruhe, ja?«, sagte Bermann.
    Sie warf ihm im Rückspiegel einen Blick zu. Dezernatsleiter unter sich, Männer unter sich, da wurde um alles gefochten, selbst um sie.

    Hans Meirich lebte in Herdern, ein hässlicher, siebenstöckiger Wohnbunker mit kleinen Fenstern und niedrigen Loggias, nach vorn die verkehrsreiche Stefan-Meier-Straße, nach hinten der Blick auf die Bahngleise und vielleicht über den Stühlinger und die Stadt auf den Kaiserstuhl.
    Löbinger wusste von keinem Kollegen, der Meirich je zu Hause besucht hatte, überhaupt wisse man wenig über ihn, wenig Privates. Unverheiratet, keine Kinder, keine Affären, hin und wieder sei er nach Dienstschluss auf ein Bier mitgegangen, da habe er in sich gekehrt gewirkt, aber er sei immer präsent gewesen, habe getrunken und geredet und gelacht wie die anderen auch. Klug war er, sagte Löbinger, analytisch denkend, hartnäckig, wenn er einen Verdacht hatte, ich sag’s nicht gern: ein guter Ermittler.
    Sie standen vor einem Kiosk an der Bahnunterführung. Ein Stück die Stefan-Meier-Straße hinunter warteten zwei Streifenwagen mit insgesamt vier Schutzpolizisten vom Revier Freiburg-Nord. Da Meirich im siebten Stock wohnte, reichte ein Mann, der den Hauseingang überwachte. Die anderen würden im Treppenhaus dafür sorgen, dass keine Unbeteiligten gefährdet wurden.
    Meirich war Polizist und wusste, wie es ablaufen würde. Bullen vor der Wohnungstür, die läuteten, Warnungen und Drohungen riefen, dann öffnete er, oder er öffnete nicht. Er wusste, ab welchem Zeitpunkt sie die Wohnungstür aufbrechen würden, wie sie eindringen würden, wo in der Wohnung er warten musste, wenn er es auf eine Auseinandersetzung ankommen lassen wollte.
    Falls er überhaupt zu Hause war.
    Das Einzige, das er nicht wusste, war, zu wievielt sie -kamen. Ob Löbinger das Mobile Einsatzkommando aus Umkirch angefordert hatte oder das Problem selbst lösen wollte.
    Schießen oder reden.
    »Also?«, fragte Bermann.
    Löbinger runzelte die Stirn. »Bin am Nachdenken.«
    »Denk schneller.«
    Wolken waren aufgezogen, leichter Regen hatte eingesetzt. Acht Uhr, Ben Liebermann war längst unterwegs in Richtung Freiburg-St. Georgen, nach all den Aufregungen und dem schönen Gérardmer

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