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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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und sie in den Sessel preßt. Sie ist wie das Gewicht eines ganzen Planeten, der sie zerquetschen will. Sie kämpft dagegen an, legt alles in einen Versuch, sich hochzustemmen, aufzuspringen und zu fliehen, aber ihr gelingt lediglich ein tiefer Seufzer. Ihr Herz hämmert. Ihr Widerstand bröckelt. Sie hat nicht die Kraft zu kämpfen. Sie ist zu müde, zu schwach, kaum in der Lage, bei Bewußtsein zu bleiben.
    Ein Bild taucht vor ihr auf. Es sind die ausdruckslosen Züge des Revisors aus Tokio, Kurushima Jussai. Sie sagt zu ihm, was sie sagen muß. »Dr. Phalen... kann alles erklären. Was vorgefallen ist. Er ist jetzt abkömmlich. Er hat die Daten in seinem Computer. Er würde sich gerne... gerne mit Ihnen in seinem Büro treffen... hier... in der metawissenschaftlichen Anlage.«
    Kurushima sagt: »Das ist sehr schwierig, Ms. Berman. Was Sie von mir verlangen... ist höchst vorschriftswidrig.«
    »Es ist... unbedingt erforderlich«, erwidert Amy.
    »Also gut«, sagt Kurushima.
    Und dann versinkt alles in Dunkelheit.

67
     
    Rauch kräuselt sich und steigt auf. Bandit befingert das glatte polierte Holz seiner Flöte und läßt seine astralen Augen über die Grenzen seines Medizinzelts wandern. Er betrachtet die Felle und Knochen, die Rasseln und Trommeln und die anderen Arkana. Er hat in Gedanken nach einer Möglichkeit gesucht, wie sich das Kommende vermeiden läßt, doch seine Suche war fruchtlos.
    Der Zauber, den er vorbereitet hat, ist einer der ganz wenigen, die er kennt, welche keinen anderen Zweck haben als den, ein Leben zu nehmen. Er ist absichtlich, speziell und mit peinlicher Akribie ersonnen worden, um zu töten. Er will ihn nicht benutzen, aber er weiß, daß er aller Wahrscheinlichkeit nach keine andere Wahl haben wird.
    Es liegt in der Natur des Bösen, das heimzusuchen, was gut ist. Es liegt in der Natur des Guten, sich dem zu widersetzen. Wenngleich es falsch sein mag, ein Leben zu nehmen, ist es doch wahrscheinlich, daß in manchen Fällen, in besonderen Fällen, das, was gut ist, verteidigt und das, was böse ist, ausgetilgt werden muß, und zwar koste es, was es wolle.
    Bandit sagt sich, daß selbst Waschbär kämpft, sogar bis zum Tod kämpft, wenn ihm keine andere Wahl bleibt.
    Es liegt in der Natur der Dinge.
    Und da ist noch etwas anderes, das er nicht vergessen darf. Heute nacht, wenn er tut, was getan werden muß, wenn er ein Leben nimmt, mag er auch eines geben, Leben geben oder es zumindest zu seinem natürlichen Zustand zurückführen. Das heißt, natürlich nur, wenn er richtig begriffen hat, was er im Medizinzelt von Alter Mann erlebt hat. Er hofft, daß es so ist.
     
    Sein Beobachter kehrt zurück, indem er neben seiner linken Schulter materialisiert. »Er ist da, Meister. Wie du gesagt hast.«
    »Gut.«
    Er muß dem Magier namens Phalen entgegentreten, aber er will nicht, daß die Konfrontation im Haus des Magiers stattfindet, wo dieser all seine Bücher und Zirkel und insbesondere diesen einen Gegenstand aufbewahrt, das Roggoth’shoth, das von der Vertrauten Vorteria und anderen Geistern bewacht wird. Vielmehr will er, daß diese Konfrontation an einem Ort stattfindet, wo der Magier wahrscheinlich am verletzlichsten ist. Der einzige andere Ort, den Phalen aufsucht, ist das Metawissenschaftslabor von Hurley-Cooper, also muß es dieser Ort sein. Der Bericht des Beobachters bedeutet, daß Phalen dort ist.
    Also wird es Zeit aufzubrechen.
    Er steht auf. Die Taschen seines langen Mantels sind mit Dingen gefüllt, die er brauchen könnte, mit allem, was er sich vorstellen kann. Er tritt durch die Tür seines Zelts und sieht, daß Shell am Treppenabsatz auf ihn wartet. Sie sitzt auf dem Boden in einer Ecke. Als sie ihn ansieht, entdeckt er etwas in ihren Augen, vielleicht eine Anklage. Ansonsten sind ihre Züge gelassen, aber ihre Aura befindet sich in Aufruhr. Er sinkt neben ihr auf ein Knie. Sie umarmt ihn und schmiegt sich an ihn.
    »Ich muß jetzt gehen.«
    »Wirst du zurückkommen?«
    »Ja.« Auf die eine oder andere Weise wird er zurückkommen. Vielleicht nicht in einem Körper, vielleicht nicht für sehr lange, aber er wird zurückkommen. Im Tod wird der Geist befreit, und Geister können sich sehr rasch bewegen. Er könnte praktisch überall hingehen in der Zeit, in der ein sterbendes Herz seinen letzten Schlag tut. »Mach dir keine Sorgen.«
    »Wie kann ich das verhindern?« Shell löst sich von ihm, sieht ihn an. Gefühle huschen über ihr Gesicht.
     
    Tränen laufen ihre

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