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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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atemlos. »Wie... was...«
    Sie steht so kurz vor dem Zusammenbruch, daß sie die Worte nicht herausbekommt. Sie löst sich von ihm, um ihn zu betrachten, und kann kaum etwas sehen, weil ihr Tränen in den Augen stehen. Aber sie weiß, daß er es ist. Er sieht genauso aus, wie sie ihn in Erinnerung hat: nur wenig größer als sie, drahtiger Körperbau, schmales Gesicht. Die gleichmütigen Züge, die bei einem Betrachter immer den Eindruck erwecken, als sei er eine Million Kilometer entfernt oder einfach unaufmerksam. Sein Haar ist sehr kurz geschnitten. Er trägt einen langen dunklen Duster und irgend etwas auf dem Rücken, eine Flöte.
    Er drückt ihr etwas in die Hand.
    »Das hast du verloren«, sagt er.
    Es ist eine burgunderrote Brieftasche, die ganz genauso aussieht wie diejenige, die sie Anfang der Woche verlegt hat. Nein, es ist diejenige, die sie verlegt hat! Wie kann Scottie sie gefunden haben? Aber wen interessiert das! Nach allem, was passiert ist... und jetzt noch das...
    Sie wirft ihm die Arme um den Hals und schluchzt.
    Ihr kleiner Bruder... sie kann es nicht glauben.

23
     
    Schnüfflerin.
    Von ihrem Bürofenster im ersten Stock des metawissenschaftlichen Laborgebäudes beobachtet Germaine Olsson, wie die magere, behelmte Gestalt in der leuchtend gelben Jacke das vor dem Eingang geparkte leuchtend gelbe Motorrad besteigt und einen Augenblick später losfährt. Germaine hatte sich schon gefragt, ob die Schlampe gar nicht mehr verschwinden will. Amy Berman. Das hohe Direktionstier. Die Schnüfflerin. Gut, daß sie wieder weg ist.
    Germaine schüttelt die Arme, um die Fäuste zu lockern, zu denen sich ihre Hände geballt haben, und schnauft aufgebracht.
    Genau das, was allen gerade noch gefehlt hat: noch ein naseweiser Konzernbürokrat, noch ein Pinkel. Noch eine Glatte, der es nicht reicht, sich um ihren eigenen Kram zu kümmern. Als hätte Hurley-Cooper nicht schon genug davon. Lind Berman gehört zu den schlimmsten. Ständig steckt sie ihre Nase in Dinge, die sie nichts angehen. Sie ist nicht damit zufrieden, in ihrem schicken Büro im Hauptquartier Daten hin und her zu schieben. O nein. Sie muß ja herkommen und sich auch in das Netz der Forschungsabteilung einstöpseln. Wenn sie gerade mal nicht Sachen verändert, nur um Sachen zu verändern, oder sich neue Methoden ausdenkt, um allen mehr Arbeit zu machen, schnüffelt sie herum und versucht Dinge über Leute herauszufinden, und sei es auch nur, um sie mit ihrer Autorität zu beeindrucken und sich selbst in ein besseres Licht zu rücken. Als hätte sie nichts Besseres zu tun. Aber wahrscheinlich hat sie das auch nicht.
    Sie müßte einen richtigen Job haben. Einen produktiven.
     
    Mit einem weiteren Schnauben begibt sich Germaine an ihr Terminal, um nach den Doktoren Phalen und Hill zu suchen, die sich, wie sie sieht, jetzt im Labor 12 der Metaserologie befinden. Es ist wohl besser, wenn sie den beiden Doktoren sagt, daß die Wichtigtuerin aus dem Hauptquartier das Gebäude endlich verlassen hat. Sie ist davon überzeugt, daß sie froh sein werden, das zu hören.

24
     
    Die Stimme, die sich bei NewMan Management Systems am Telekom meldet, ist nur eine Computersimulation oder eine Aufzeichnung. Das Telekom selbst befindet sich in einem schmierigen Ziegelhaus in einer heruntergekommenen Gegend von Yonkers. Tikki bleibt in dem düsteren Flur vor der Tür mit dem New- Man-Logo stehen, lauscht, wittert und setzt dann ihr Magna Z Passepartout ein. Die Tür klickt und öffnet sich.
    Tikki betritt ein kahles Ein-Raum-Büro. Es gibt keine Möbel, nichts an den Wänden und ein drekverschmiertes Fenster. Das Telekom steht auf dem Boden und ist in die Wand rechts eingestöpselt. Tikki bückt sich, beschnüffelt es und überlegt, was sie tun soll.
    Am liebsten würde sie das Gerät in tausend Stücke zerschlagen und dann hundert oder noch mehr Explosivgeschosse in die Trümmer jagen, aber das würde nicht reichen. Das ist der Instinkt, der aus ihr spricht. Die Wildheit. Vielleicht auch der Mond. Orakels Informationen haben sie an diesen Ort geführt, zu dieser Fassade, die von O'Keefe benutzt wird und bei der es sich vermutlich um eine Telekomadresse für Kunden handelt, die mit O'Keefe, dem Kopfgeldjäger, reden wollen. Jetzt muß sie zu O'Keefe selbst Vordringen. Schwache Rückstände in der Luft künden von Elfen, aber ihre Nase wird ihr jetzt wenig helfen. Sie braucht klarere Hinweise.
    Clutch der Verräter hat O'Keefe durch einen Schieber namens Sabot

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