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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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wissenschaftlichen Unbekannten zu entdecken, wenn wir als Verwaltungskräfte versuchen, die Richtung der reinen Forschung zu steuern oder vorzugeben.«
    Mehrere leere Blicke irren in ihre Richtung, aber das Zitat von da Vinci scheint Enoshi Kens Aufmerksamkeit zu wecken. Amy hofft, daß es mehr ist als das. Die Vorliebe dieses Mannes für Zitate ist wohlbekannt. So bekannt, daß Amy ihre Assistentin Laurena den ganzen Nachmittag Datenbanken nach ›weisen Worten‹ hat durchsuchen lassen, die man Enoshi möglicherweise entgegenhalten kann, um ein Argument zu untermauern.
    Enoshi erwidert: »Vielleicht wollen Sie damit andeuten, Ms. Berman, daß viele Details zur Perfektion führen und Perfektion kein Detail ist?«
    Wenn Perfektion darin besteht, die Wahrheit zu suchen, nach echten Antworten und nicht nur nach kommerziellem Erfolg zu streben, dann hat Mr. Enoshi Kens Aussage etwas für sich. Echte Forschung ist kein unbedeutendes Detail. Der Versuch, die Welt zu verbessern, ist keine triviale Bemühung. Wie unmaßgeblich es auch sein mag, Amy stimmt ihm zu.
    Das Essen endet um acht. Vernon äußert sich dahingehend, noch einen der protzigen Nachtschuppen auf der Plaza zu besuchen: Twelve Chrome Spikes. Heute abend mit ME-109 im Programm. Amy beschließt, sich zurückzuziehen.
    Doch bevor sie sich absetzen kann, tippt ihr der Verwaltungsdirektor auf die Schulter und sagt: »Sie wollten mich heute nachmittag sprechen.«
    Amy nickt. Sie hat das Gefühl, sich in einer ziemlich prekären Lage zu befinden. Wahrscheinlich wäre es klug, dem Verwaltungsdirektor alles zu erzählen, was sie über die geheimnisvolle Datei aus der Metawissenschaftsgruppe in Erfahrung gebracht hat, so daß sie jemanden fest auf ihrer Seite hat, wenn sie soweit ist, irgendwelche belastenden Enthüllungen zu machen.
     
    »Es tut mir leid«, sagt Amy. »Morgen würde mir besser passen. Ich fühle mich heute abend wirklich nicht besonders. Entschuldigen Sie mich bitte, ja?«
    »Selbstverständlich.«
    Die Plazaeigene Monobahn befördert Amy wieder zu ihrem Bürohochhaus. Ein Aufzug fährt sie nach unten in das unterirdische Parkhaus. Sie steigt in ihren gesetzten silbergrauen Toyota Arbiter GX, schließt die Tür, lehnt sich zurück und schließt die Augen.
    Es geht auf halb neun zu. Sie sollte keine Zeit verschwenden. Scottie hat versprochen, sie heute abend zu besuchen. Sie läßt den Motor an, legt den Rückwärtsgang ein, und dann klingelt ihr Mobiltelekom.
    Es ist Harman, der auf dem kleinen Zwölf-Zentimeter-Schirm vor dem Hintergrund flackernder Stroboskope und blitzender Laserlichter zu sehen ist. Als Verkaufsdirektor von Mitsuhama Systems Engineering hat Harman keine andere Wahl, als an nach Büroschluß stattfindenden Geschäftsbesprechungen und Treffen teilzunehmen. Das steht ausdrücklich in seinem Vertrag.
    »Ich habe nur ein paar Sekunden Zeit, Liebling«, sagt er, »aber mir ist etwas zu Ohren gekommen. Ich meine, du solltest es wissen. Also, was ich meine, ist, ich finde, ich muß es dir sagen...«
    Warum wirkt er so unsicher. Das sieht ihm gar nicht ähnlich. »Hat es mit dem Geschäft zu tun?«
    »Ja.«
    »Wenn es dir unangenehm ist, erzähl mir lieber nichts.«
    »Nein, das stimmt nicht«, beharrt Harman. »Ich meine, du hast recht. Es ist mir unangenehm. Ich glaube, es liegt daran, daß ich es einfach nicht gewohnt bin, Leuten so zu vertrauen.«
    Das Lächeln, daß sich daran anschließt, verstärkt nur den Eindruck des Unbehagens. Amy sucht verzweifelt nach einer angemessenen Antwort. Normalerweise reden sie nicht über das Geschäft, höchstens ganz allgemein, um alle etwaigen Konflikte zu vermeiden, die ihre jeweiligen Konzerne gegen sie benutzen könnten. Sie wissen definitiv, daß ihnen bei einigen Verabredungen Spione von MCT gefolgt sind. Das ist ein weiterer Grund, warum Harman erwägt, sich von MCT zu trennen.
    Kann Harman ihr vertrauen? Das scheint er sie zu fragen, ohne die Frage tatsächlich direkt zu formulieren. »Vielleicht ist es besser, wenn du nichts sagst«, erwidert Amy. »Aber wenn du mir etwas im Vertrauen erzählst, bleibt es unter uns. Es ist deine Entscheidung, Harman.«
    »Ja, ich weiß«, sagt Harman. »Natürlich vertraue ich dir. Es ist nur so, daß... nun, dir sind die Risiken bewußt, denen wir beide ausgesetzt sind.«
    »Natürlich.«
    »Ich weiß nicht, ob es etwas zu bedeuten hat oder nicht, aber du hast mir ja einiges über die jüngsten Ereignisse in deiner Firma erzählt. Das legt den Gedanken

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