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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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geraubt.
    Ohne uns auszuziehen, rollten wir uns auf dem großen
Doppelbett zusammen und schliefen vier Stunden. Als das Tageslicht
durch die Vorhänge sickerte, wachte ich von Geräuschen auf,
die darauf schließen ließen, dass die Witwe meines
Bruders duschte. Es waren angenehme, alltägliche Geräusche.
Der Dampf, der durch die offene Badezimmertür quoll, machte mich
mutig: Ich ging ins Badezimmer, blieb dort – in Strümpfen,
wie ich war – stehen und spürte die Kacheln unter meinen
Zehen.
    Sie zog den Vorhang zurück. »Wenn du schläfst,
riechst du genau wie Rob«, bemerkte sie, als sie auf die
Badematte trat. Das heiße Wasser hatte sie erhitzt, ihre Haut
schimmerte von Kopf bis Fuß rosig. Sie sah zum Anbeißen
aus, wie Himbeeren mit Sahne; ihr nasses Haar hatte die Farbe von
Karamell und Vanille. »Ja, wirklich.« Sie verhielt sich
völlig ungezwungen, wickelte das Haar in ein Handtuch und
trocknete sich mit einem anderen ab, wobei sie sich methodisch und
gründlich von den Schultern bis zu den Zehen vorarbeitete.
    Ich konnte keine Seife riechen. Nur den Dampf. Die Seifen und
Shampoos in dem kleinen Weidekörbchen waren nicht
angetastet.
    Sie beugte sich in dem engen Badezimmer nach vorn, wandte mir den
Po zu und rubbelte sich mit dem Handtuch das Haar trocken. Als sie
sich ein paar Zentimeter rückwärts bewegte, stieß sie
sanft gegen meine Hüfte und hinterließ zwei dunkle Flecken
auf meiner Hose. Sie richtete sich auf, drehte sich um und sagte:
»Wir sollten bald losfahren.«
    Alles vollkommen unverfänglich und vernünftig, aber
begleitet von diesem Schlafzimmerblick, der mir verriet, dass sie
mich nicht zurückweisen würde. Sie griff nach einer kleinen
Flasche mit Hautlotion – ihre eigene, nicht die des Hotels
– und cremte damit Arme, Beine, Brüste und Gesicht ein.
    »Wohin fahren wir überhaupt?«, fragte ich.
    »Nach Los Angeles«, sagte sie und rubbelte sich mit dem
Handtuch zum zweiten Mal ihr Geschlecht trocken.
    »Was ist dort unten?«
    »Wo?« Sie hörte auf zu rubbeln.
    »In Los Angeles.«
    »Ach so.«
    »Ich bin verwirrt.«
    »Und ich bin jetzt fertig«, sagte sie, streckte das
Handtuch vor und rieb mir damit sanft übers Gesicht.
    Der Sex mit ihr war wunderbar und zugleich schrecklich. Ich musste
ständig daran denken, dass Rob die älteren Rechte hatte,
auch wenn ich mir wieder und wieder sagte, dass sie sich getrennt
hatten und er tot war, dass sie mir das Leben gerettet hatte und ich
ihr etwas schuldete. Ich wusste, sie fühlte sich so, als schlafe
sie mit Rob, und das machte mich befangen, obwohl es mich
gleichzeitig wahnsinnig erregte.
    »Erzähl mir jetzt bloß nicht, dass ich im Bett
genau wie Rob bin«, sagte ich.
    Es war halb neun.
    »Das bist du nicht«, sagte sie.
    »Und erzähl mir erst recht nicht, dass ich besser bin
als er«, knurrte ich, jetzt noch wütender.
    »Tut mir Leid«, sagte Lissa. Sie lag auf der Seite, den
Kopf auf den angewinkelten Arm gestützt. Ihre Brüste, die
eine auf dem weißen Bettlaken ruhend, die andere so leicht
darüber drapiert, dass eine Feder hindurchgerutscht wäre,
waren nahezu perfekt. Ich wollte sie von neuem, jetzt sofort.
    »Du warst lange nicht mehr mit einer Frau zusammen?«,
fragte sie.
    »Lange, ja«, sagte ich.
    »Armer Mann. Aber was mich angeht, fühle ich mich gut
bedient.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war ziemlich neben der
Spur. War es, wie mir vorkam, seit Ewigkeiten.
    Sie ließ die Kaffeemaschine laufen und brachte mir einen
Styroporbecher mit dem braunen Gebräu. »Das Wasser ist
abgekocht«, sagte sie. »Es ist ein bisschen salzig, aber
schließlich sind wir hier im Imperial Valley.«
    Wir nippten schweigend an unseren Bechern, während wir zu
ergründen versuchten, was sich in dieser neuen Arithmetik
für uns unter dem Strich geändert hatte. Lissa bewegte sich
nackt völlig ungezwungen und locker. Sie roch wie eine Mischung
aus Heu und Tee, Fleischbrühe und Zitrone. Sie klopfte das
Kissen auf, schob es sich unter den Rücken und lehnte sich gegen
das Kopfende des Betts. Ihre Zehennägel waren perfekt. Nicht
lackiert, sorgfältig, aber offenbar nicht professionell
manikürt. Makellose Haut. Feine blonde Härchen auf
Unterarmen und Nacken. Dass sie die Beine nicht rasierte, tat ihrer
Schönheit keinen Abbruch.
    Der Kaffee schmeckte so salzig, dass ich nur den halben Becher
austrank. Sie nahm ihn mir ab und goss den Rest ins Waschbecken.
Gleich darauf zogen wir uns an und gingen nach unten.
    Am Kiosk in

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