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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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29. Juli.«
    Der Ausschnitt, der von einer an der Decke installierten Kamera
aufgenommen war, zeigte zwei magere junge Männer und zwei
matronenhafte Frauen, die in der Küche und an der Essensausgabe
arbeiteten. Sie trugen alle weiße Schürzen und
Plastikhauben. Sie arbeiteten an mehreren Ausgabetheken, wischten die
Metall- und Glasflächen sauber und füllten die Vitrinen mit
Speisen auf.
    Nacheinander bespritzten sie mit kleinen Plastikflaschen eine
Salatbar, eine Reihe warmer Gerichte auf Wärmeplatten und
schließlich die Glasfächer in den Vitrinen mit
Götterspeise, Puddings und anderen Desserts. Die Männer und
Frauen, die im Vorbeigehen ihre Tabletts füllten, schenkten
ihnen keinerlei Beachtung. Es gehörte zum ganz normalen Gang der
Dinge.
    Dann folgten weitere, an anderen Orten aufgenommene Passagen mit
Titeleinblendungen wie »Ü-KAM. CIA ARL VA, 30. Juli«
oder »Ü-KAM. FBI ACDY, 2. Aug.«
    »Das ist der Beginn oder die Fortsetzung eines groß
angelegten Angriffs auf unsere staatlichen Institutionen, inszeniert
von etwa fünfzig Kurieren von Silk«, erklärte Breaker.
»Sie wissen über unsere Aktivitäten Bescheid, die
ihnen offensichtlich Angst machen, und ergreifen jetzt
Gegenmaßnahmen.«
    Es folgten Tonaufnahmen, Mitschnitte von mehreren
Telefongesprächen, die von außerhalb des
FBI-Hauptquartiers mit Büros im Gebäude geführt
wurden.
    »Die Anrufer behaupten Verwandte zu sein«, sagte
Breaker. »Meist verstorbene Verwandte. Sie lesen eine Liste von
Zahlen vor und verlangen vom Angerufenen, sie zu wiederholen. Fast
jeder wiederholt die Zahlen. Danach erinnern sich die Agenten nur
noch daran, dass sie einen Anruf erhalten haben, aber niemand dran
war.«
    »Ich weiß, wie das abläuft«, sagte ich.
    »Dann können Sie das Ausmaß unseres Problems
erkennen«, erwiderte Breaker.
    »Es ist gewaltig«, stimmte ich zu. »Ich
fürchte allerdings, Sie haben zu lange gewartet.«
    Breaker wölbte die Augenbrauen. »Möglich.«
    »Irgendeine Nachricht von Garvey und Crenshaw?«, fragte
Ben.
    »Nichts. Wir unternehmen auch nichts gegen umgedrehte
Agenten, bis wir die Situation im Griff haben. Und bis wir wissen, ob
sie markiert sind oder nicht.«
    »Lassen Sie mir freie Hand mit den beiden. Ich werde sie mir
vorknöpfen«, knurrte Ben.
    »Sie sind nicht wesentlich für diese Operation, Mr.
Bridger«, erwiderte Breaker. »Ich werde Sie
rausschmeißen, falls nötig.«
    »Gibt es was zu essen an Bord?«, fragte ich und
fühlte mich dabei seltsam aufsässig.
    »Nein«, erwiderte Breaker. »Aber es gibt
heißen Kaffee. Sehr heißen.«
    Der Kampfwille dieser Armee, sah ich, würde nicht von einem
vollen Magen abhängen. Dem Magen und allem unterhalb davon
konnte man nicht mehr trauen.

 
Kapitel 34
     
14. August, 8:00 Uhr – Manhattan
Jenner Building, die »Anthrax-Zentrale«
     
    Wir fuhren die breite Straße hinter dem grauen Betonkasten
hinab. Ich entdeckte die Stahltür, die Ben beschrieben hatte.
Die Graffiti sahen aus wie im LSD-Rausch gemalt. Auf ein Hupen hin
wurde die Tür von innen aufgestoßen. Breaker und zwei
andere Agenten stiegen aus den Wagen und unterhielten sich mit
Gestalten in weißen Schutzanzügen, die aus dem Innern des
Gebäudes kamen. Sie gestikulierten und redeten eine Weile.
    Ich schaute durch das Wagenfenster auf die öden Flächen
aus Stein und Beton, die in den klaren, sonnigen Morgenhimmel ragten.
New York hatte sein freundlichstes Gesicht aufgesetzt. Es würde
ein wunderschöner Tag werden.
    Mein ganzes Ich war auf einen winzigen Punkt zusammengeschrumpft.
Erschöpft und ausgelaugt, war sich dieses Ich nur vage der
Vergangenheit bewusst, dafür umso intensiver mit der Gegenwart
verbunden, doch nicht willens, an die Zukunft zu denken. Es hatte nur
noch wenig gemein mit dem Prinz Hal früherer Zeiten und seinen
Sehnsüchten.
    Ich war ein Tier – eine Katze, ein Bär, ein Kaninchen.
Mit den Menschen wollte ich nichts mehr zu tun haben.
    Breaker kam zum Wagen zurück und klopfte gegen das Fenster.
Der Fahrer ließ mein Fenster heruntergleiten, Breaker lehnte
sich darüber. »Alles klar, aber unsere Widersacher in der
CIA und in den anderen Regierungsbehörden können jeden
Augenblick hier auftauchen, wir müssen uns also beeilen.
Offensive ist nicht mehr angesagt, Sicherheit jetzt oberstes Gebot.
Außerdem wird bald eine Gruppe von Technikern hier sein, die
Sie unterstützt. Sind Sie so weit?«
    Ich nickte und log dabei, ohne den Mund aufzumachen.
    Breaker öffnete die Tür. Ben

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