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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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stieg auf der anderen Seite
aus, blies die Backen auf und sog mit der Luft ein bisschen Mut ein.
»Ich will da nicht noch mal rein«, sagte er. »Was
bedeutet, dass ich muss.«
    »Richtig«, sagte Breaker. Sie tauschten nicht einmal ein
winziges Lächeln aus. Irgendeine obskure Angelegenheit von Ehre
und Härte gegen sich selbst, die ich nicht nachempfinden
konnte.
    Ich war starr vor Angst, aber ich würde es für Rob
tun.
    Wir gingen durch die Stahltür. Gleich am Eingang halfen uns
vier Männer in weißen Schutzanzügen mit Visierhelmen
dabei, in ebensolche Anzüge zu schlüpfen und die
Sauerstoffflaschen festzugurten. Wir hatten Luft für drei
Stunden, wenn wir keine größeren Anstrengungen
unternahmen.
    Ich ließ den Blick über die Laderampe schweifen,
während die Männer meine Gurte festzurrten. Direkt vor uns
befanden sich die großen Wassertanks, von denen Ben
erzählt hatte. Beim Sturm auf das Gebäude waren sie
zusammengeschossen worden und ausgelaufen. Der Boden war immer noch
nass und roch nach Salzwasser. Rechts von uns zählte ich zwanzig
Tote, die in Reihen unter weißen Tüchern lagen. Ein Mann
in einem durchsichtigen Plastikanzug besprühte sie aus einem
Pumpzylinder mit einem Antiseptikum. Er sah aus wie ein Gärtner,
der Lilien gegen Schädlinge spritzt.
    Ich war bereit. Einer der Männer in den weißen
Schutzanzügen streckte mir seinen Handschuh entgegen und
spreizte den Daumen nach oben.
    »Können Sie mich hören?«, fragte Ben. Seine
Stimme klang ein wenig gedämpft, war aber deutlich zu
verstehen.
    Alle Gesichter, die ich hinter den Visieren erkennen konnte, sahen
bleich und elend aus, und das war kein Wunder. Wir sind auf unsere
kleinen bakteriellen Verbündeten angewiesen. Sie erledigen jede
Menge Arbeit für uns, sind wachsame Verteidiger und manchmal
auch strenge Richter. Im Augenblick versuchten wir, ohne diese
unterstützenden Systeme auszukommen. Wir hatten unsere
Eingeweide in Kriegsschauplätze verwandelt.
    Breaker ging auf den steilen Stufen zur Rampe voran. Ich
spähte durch die zerbrochenen Scheiben des ersten Aquariums.
Schleiminseln und große, schwarze Klumpen ragten aus einer
seichten Wasserlache.
    »Was war das?«, fragte Breaker viel zu laut, wie jemand,
der Kopfhörer aufhat. Er deutete auf den Schleim.
    »Wahrscheinlich die Kleinen Mütter der Welt.« Ich
zuckte mit den Achseln.
    »Ich steige, ehrlich gesagt, noch immer nicht richtig durch,
was dieser Blödsinn mit den Kleinen Müttern eigentlich bedeuten soll«, erklärte Ben.
    »Bakterienkolonien aus dem Meer. Diese schwarzen Klumpen
könnten Stromatoliten sein. Golochow wollte untersuchen, wie
Bakterien Gemeinschaften bilden. Vielleicht hat das hier auch
mythische Bedeutung, so als ob man Reliquien eines Heiligen
aufbewahrt. Vielleicht dachte er, dass wir alle nur hoch entwickelte
Superkolonien von Bakterien sind, Raumschiffe für Bakterien,
ohne eigenen Willen. Diese Art von Blödsinn.«
    Eine junge Frau mit Kurzhaarfrisur und einem erfahrenen,
nüchtern wirkenden Gesicht näherte sich mit
militärisch steifen Schritten unserer Gruppe. Sie hatte ein
Sturmgewehr mit einem auffallend hervorstehenden Magazin über
die Schulter geschlungen. »Secret Service, Nancy Delbarco«,
stellte sie sich durch die Sichtscheibe ihrer Plastikkapuze vor.
»Folgen Sie mir.« Ihre Augen blickten konzentriert und
emotionslos, doch ihre Lippen, die grimmig gestrafft waren, verrieten
sie: Auch sie hatte Angst.
    »Wir haben die Stromversorgung zum Teil wieder instand
gesetzt«, berichtete sie, als wir an den zerstörten Tanks
vorbeigingen. »Die Aufzüge funktionieren allerdings noch
immer nicht. Jedes Stockwerk verfügt über eine eigene
Stromversorgung, aber einige Kabel wurden durchtrennt und Generatoren
sabotiert. Unter uns«, sie deutete auf den Betonboden,
»befinden sich drei Kellergeschosse. Das unterste Geschoss liegt
fast zwanzig Meter unterhalb des Straßenniveaus. Wir haben es
noch nicht vollständig durchsucht, aber es wurde anscheinend vor
allem als Lager benutzt. Außerdem befinden sich dort die
technischen Anlagen -Klimaanlage, Heizung, Wasserversorgung, die
Pumpen, die die Wassertanks versorgt haben. Darunter verlaufen
U-Bahntunnel. Wir haben die Züge der betreffenden Linien
gestoppt, bis wir sicher sein können, dass das Gebäude
nicht vermint ist.«
    »Wie viele Leute sind bei dem Sturm auf das Gebäude
umgekommen?«, fragte ich.
    »Genug«, erwiderte Delbarco in einem Ton, der darauf
schließen ließ, dass sie diese

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