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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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fünfhundert
Quadratmeter Wohnfläche und in sämtlichen Räumen hohe,
gewölbte Decken. Die Schlafzimmer lagen oberhalb eines
eleganten, mit Ahorn-Parkett verkleideten Arbeitszimmers auf einer
Empore.
    Das Studio führte auf eine zwanzig Meter breite, verglaste
Sonnenterrasse hinaus, die gegenwärtig einen nächtlichen
Regenschauer abhielt. Es roch nach Minze und Teerosen.
    Montoya erwartete uns auf der Sonnenterrasse und reichte mir eine
Tasse sehr starken Kaffee.
    »Erklären Sie es mir noch einmal«, sagte er,
nachdem Betty gegangen war. »Ich muss nächste Woche auf
fünf Beerdigungen und kann mir nicht merken, wann welche ist.
Ich möchte wissen, worauf das alles hinausläuft.« Er
stieß die Worte wütend hervor, obwohl sein Gesicht ruhig
wirkte. »Ich habe Angst vor dem Tod, Dr. Cousins. Sie haben mir
ein mögliches Schlupfloch gezeigt. Und ich habe den Köder
geschluckt.«
    Steif und reglos wie ein Ladestock blieb ich auf dem Sofa sitzen.
Ich hatte keine Ahnung, worauf er hinauswollte, aber es gefiel mir
ganz und gar nicht.
    »Manchmal probiere ich jedes Gericht auf der
Speisekarte«, sagte er. »Ich verschleudere mein Geld, nur
um von allen Gerichten zu kosten. Verstehen Sie, was ich damit
meine?«
    Ich glupschte ihn aus vor Müdigkeit trüben Augen an.
»Nein.«
    »Ich bin besorgt – richtiger gesagt, sind andere Leute
um mich besorgt. Besorgt, weil ich mit Ihnen zu tun habe und Sie in
diese äußerst ungute Angelegenheit verwickelt sind. Sie
sind vielen ein Rätsel, Hal.«
    Der Ausdruck auf seinem Gesicht verriet drängende Neugier.
Ich wischte mir die feuchten Hände an den Hosenbeinen ab.
    »Betty hat mir von Ihrer Kabbelei mit Mauritz, ehe Sie an
Bord der Sea Messenger gegangen sind, erzählt. Es muss
wohl ein ziemlich heftiger Streit gewesen sein.«
    »Wir haben uns nur begrüßt.«
    Montoya ignorierte meine Worte. »Mord folgt Ihnen wie die
Rauchwolke einem Raucher.« Er deutete mit gekrümmtem Finger
in die Richtung meines Kopfes. »Bloom hat mir empfohlen, mich
nicht mal mehr mit Ihnen zu treffen.«
    Ich ballte die Fäuste und sprang auf. »Ich war
vollkommen ehrlich zu Ihnen, Mr. Montoya.«
    »Owen, bitte.« Mit derselben unerbittlichen Neugier wie
am Anfang des Gesprächs musterte er meine geballten Fäuste.
Gleich darauf hob er den Blick und sah mir in die Augen. Er wirkte
wie ein kleiner Junge, der sich verwundert fragt, was dieses
merkwürdige, fest verschnürte Päckchen wohl enthalten
mag.
    »Mir ist nicht ganz klar, wie Betty dazu kommt, Sie
anzulügen.«
    »Ich muss meinen Leuten vertrauen.«
    »Es muss noch mehr dahinter stecken. Ich habe doch wohl eine
Erklärung verdient.«
    Montoya schien jedes Interesse an diesem Gespräch zu
verlieren. Es war so, als sei ich mitten auf seiner Veranda
unsichtbar geworden.
    Ich konnte noch nie mit Ablehnung umgehen. Und Lügen machen
mich fuchsteufelswild. Aber irgendetwas stimmte hier nicht. Wenn ich
Montoya gewesen wäre, hätte ich in Anbetracht dessen, was
passiert war und was seine Leute berichteten, vielleicht ähnlich
reagiert. Ich musste so schnell wie möglich aus der Puppenstube
dieses reichen Mannes verschwinden und selbst ein paar
Nachforschungen anstellen. Aber das Gespräch war noch nicht
beendet – nicht, soweit es mich anging.
    »Unsere Abmachung beinhaltet ausdrücklich, dass ich
wichtige, zurzeit laufende Forschungsarbeiten noch abschließen
kann, falls Sie sich aus irgendeinem Grund dazu entschließen,
die Förderung einzustellen.« Ich beglückwünschte
mich selbst dazu, diesen Bandwurmsatz so klar und deutlich
herausgebracht zu haben.
    Montoya tippte mit dem Finger auf seine Armbanduhr. »Zeit zum
Schlafengehen.«
    Er verließ die Terrasse und stieg die Treppe zu seinem
Schlafzimmer empor. Bloom und Shun warteten an der Tür des
Studios. Bloom hatte sich vornübergebeugt, um die eindrucksvolle
Sammlung gläserner Briefbeschwerer zu begutachten, die in einer
hohen Vitrine zur Schau gestellt war. Shun stand mit
verschränkten Armen ein, zwei Schritte hinter ihm und wirkte wie
ein von schlechtem Gewissen geplagtes Schulmädchen.
    »Er hat mir den Laufpass gegeben«, teilte ich den beiden
mit. »Ich könnte ihm geben, was er haben will, aber er
hört nicht auf mich. Er hört auf Leute, die
lügen.«
    Bloom rang sich ein kollegiales Nicken ab und zog die Mundwinkel
nach unten. »Tut mir Leid, das zu hören. Ich soll Sie nach
unten bringen.«
    »Den Schmarotzer rausschmeißen«, knurrte ich.
    »Wie immer Sie es nennen wollen.«
    Betty

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