Jaegerin der Daemmerung
ihren Ohren. Vor allem der rauchige Unterton, der verriet, dass er genauso erschüttert war wie sie. Als Antwort legte sie ihm den Arm um den Nacken und hielt ihn einfach fest.
Irgendwann wurde das Rudel unruhig, lief ihm Kreis um sie herum und stupste sie mit den Schnauzen an. »Die Kinder werden ungeduldig, so wie Kinder halt sind«, sagte sie mit einem Lächeln.
Zu Ivorys Bestürzung legte Razvan eine Hand auf ihren Unterleib und spreizte die Finger. »Du wirst bezaubernd aussehen, wenn du erst einmal mein Kind unter dem Herzen trägst - vorausgesetzt, es gelingt uns, unseren Feind zu vernichten.«
Ivory hatte nie ernsthaft darüber nachgedacht, Mutter zu werden. Ihr ganzes Leben war nur auf ein Ziel ausgerichtet - die Welt von einem bösartigen Monster zu befreien. Die Vorstellung, dass sie einen Gefährten und ein Kind haben könnte, dass ihr Leben irgendwann einmal den Anschein von Normalität bekommen könnte, schockierte sie. Sie war sich nicht sicher, ob sie damit würde umgehen können.
Glucksend beugte Razvan sich nach vorne und fuhr federleicht mit seinen Lippen über ihren Mund. »Nur keine Aufregung, meine kleine Kriegerin. Normalität gibt es für uns beide nicht. Wir machen einfach unsere eigenen Regeln, leben unser Leben so, wie wir es wollen.«
»Dann sollten wir das hier schnell hinter uns bringen«, sagte Ivory.
13
M ikhail Dubrinsky begrüßte Razvan und Ivory von seiner geräumigen Veranda aus, die um das große Haus lief, das von den Bäumen fast völlig verborgen wurde. Die meisten Leute würden es erst dann wahrnehmen, nachdem der Prinz seine Sicherheitssysteme abgeschaltet hatte.
Ivory trug ihre übliche Kriegerkluft. Da es ihr lieber war, dass der Prinz ihr Rudel nicht näher unter die Lupe nahm, hatte sie ihnen befohlen, sich wieder einmal in Tätowierungen zu verwandeln. Razvan blieb dicht bei ihr, lief nur einen Schritt hinter ihr, so als wäre er ihr Leibwächter und nicht ihr Gefährte. Zweimal war sie langsamer gelaufen, um ihn dazu zu bringen, neben ihr zu gehen, aber wenn Razvan sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war er nur schwer davon abzubringen.
»Guten Abend«, sagte Mikhail. »Sívad olen wäkeva, hän ku piwta - Möge euer Herz stets Stärke beweisen, Jäger«, fügte er den traditionellen Gruß hinzu.
Leise murmelte sie eine Begrüßung und warf Razvan über ihre Schulter einen Blick zu. Obwohl er wegen des Besuchs beim Prinzen des karpatianischen Volkes nicht im Geringsten nervös war, hielt er mit undurchdringlichem Gesichtsausdruck Distanz und ließ seinen Blick unablässig über das Haus, die Bäume und die Schatten dazwischen gleiten - so als würde er nach einer Falle suchen. Sein Gesicht trug einen ruhigen Ausdruck, die Lippen fest aufeinandergepresst. Mit seinem Verhalten verunsicherte er Ivory. Schließlich befanden sie sich auf karpatianischem Grund und Boden, wo sie eigentlich sicher sein müssten.
Was ist los? Um davon abzulenken, dass Razvan noch immer kein Wort gesagt hatte, lächelte sie den Prinzen an.
Ich weiß es nicht, aber er ist nicht alleine. Wir sind umzingelt.
Ivory war sich von Anfang an darüber im Klaren gewesen, dass sie nicht alleine sein würden. Zum Beispiel hätte Gregori niemals einem Treffen mit dem Prinzen und seiner Seelenpartnerin ohne seine Anwesenheit zugestimmt. Dennoch wuchs ihre Anspannung.
»Du heißt uns zwar willkommen, doch deine Leute scheinen uns zu umzingeln«, eröffnete Razvan das Gespräch.
In seiner Stimme lag eine Härte, die Ivory neu war. Jetzt war ihr auch klar, warum er sich hatte zurückfallen lassen. Er erwartete einen Angriff. Nicht von vorne, sondern von der Seite oder von hinten. Der Blick in seinen Augen sagte ihr, dass er kampfbereit war, und plötzlich war ihr Freundschaftsbesuch nicht mehr harmlos. In diesem Moment erkannte sie, dass Razvan doch nicht davor zurückschrecken würde, den Prinzen zu töten, falls ein Karpatianer es wagen würde, ihr zu nahe zu kommen.
Ivory machte einen Schritt nach hinten, und aus der Frau wurde eine Kriegerin, die ihre Armbrust anhob, sodass sie auf das Herz des Prinzen zeigte. »Wir wollten uns eigentlich nur bei dir für all die Hilfe bedanken«, sagte sie. »Nicht mehr. Falls wir nicht willkommen sind, kehren wir augenblicklich um.«
Die Hände vom Körper weggestreckt, trat der Prinz demonstrativ nach vorne, sodass er eine noch bessere Zielscheibe abgab. »Ihr seid mehr als willkommen. Meine Gefährtin ist im Haus und freut sich schon darauf, euch
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