Jaegerin der Daemmerung
zwingen konnte, sich mit ihm zu paaren. Er hatte alles bereits in die Wege geleitet. Mir war natürlich klar, dass die Karpatianer ihn besiegen würden. Wir waren viel zu stark.«
Als Ivory nach einem kurzen Zögern abermals das Wort ergriff, war ihre Stimme tiefer und samtener als zuvor. Razvan war machtlos, als die weichen Töne in ihn eindrangen, sich über die schmerzhaften Erinnerungen legten und sie sanft, aber bestimmt zurückdrängten. Alles an Ivory erschien ihm plötzlich sanft, weich und friedlich.
»Xavier ist unbesiegbar.«
Ivory beugte sich zu ihm herab und raunte ihm ins Ohr: »Aber nur, weil er Helfer hat; weil er immer Hilfe hat. Bei jeder Erinnerung, die du mir gezeigt hast, benutzte er einen unbedeutenden Magier für seine Zaubereien. Weder bei meiner Entführung noch bei dem Mord an Rhiannons Lebensgefährten hat der dunkle Magier sich selbst die Finger schmutzig gemacht. In beiden Fällen war es Draven, Prinz Vlads ältester Sohn. Er war es auch, der unser Volk an Xavier verraten und der ihm den Leichnam von Rhiannons Lebensgefährten gebracht hat.«
Razvan versuchte, sich zu erheben, scheiterte jedoch an der Schwäche seiner Glieder. Er spürte, wie sein Geist zur Ruhe kam, während sie in seinem Kopf Mauern um die Erinnerungen und den damit verbundenen Schmerz errichtete, damit sie ihm nichts mehr anhaben konnten. Nach und nach versiegten Qual und Schuldgefühle, bis sein Bewusstsein aus der geschaffenen Distanz heraus fähig war, die Jahrhunderte des Versagens, der Folter und des Selbsthasses zu akzeptieren. Ihre Stimme war das Schönste, was er je vernommen hatte, und er gab sich die größte Mühe, sich auf die sanfte, liebliche Melodie zu konzentrieren, die ihn an einen weit entfernten Ort zu entführen schien. Einen Ort, der nichts mit der unglaublichen Brutalität seiner Existenz zu tun hatte.
»Ich kann mich an Draven erinnern. Schemenhaft zumindest. Ein blutrünstiger, hinterhältiger Mann, der als Belohnung für seine Informationen forderte, von Xavier junge Magierinnen zu bekommen. Als er eines Tages verschwand, war Xavier außer sich vor Wut und hat Gregori Daratrazanoff wochenlang beschimpft und verwünscht. Ich nehme an, Gregori hatte schließlich von dem Betrug erfahren und Gerechtigkeit walten lassen.« Sein Versuch, die Augen zu öffnen, um sie anzusehen, scheiterte, so schwer waren seine Lider. Außerdem wollte er unter keinen Umständen, dass sie ihre Finger wegnahm.
»Welchen Grund hatte Draven, Rhiannons Lebensgefährten zu töten?« Als ihm der Name seiner Großmutter über die Lippen kam, musste er schlucken. Er trug die Erinnerungen seines Vaters an die Frau mit der wunderbar weichen Stimme in sich, von der Xavier sich genährt hatte, bis seine Kinder alt genug waren, um ihren Platz einzunehmen.
»Draven hatte einen Narren an mir gefressen. Obwohl ich nicht seine Seelengefährtin war, wollte er mich besitzen. Er war von einer Krankheit befallen, die den einen oder anderen Mann heimsucht, denn er glaubte, dass er jede Frau haben könnte, die er wollte, nur weil er der nächste Prinz werden würde. Meine Brüder erteilten ihm eine Absage, als ich ihnen sagte, ich sei nicht für ihn bestimmt. Eines Tages, als sie in eine Schlacht ausgezogen waren, schickte Prinz Vlad mich zu Xavier in die Lehre. Vermutlich, um mich von Draven fernzuhalten.«
»Und Draven tauschte dich bei Xavier gegen die Leiche von Rhiannons Lebensgefährten ein.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Razvans Geist schien zur Ruhe gekommen zu sein, gab sich den Berührungen ihrer Finger und der sanften Melodie ihrer Stimme hin. Es war unwichtig, dass sie über ein abscheuliches Thema sprachen. Jetzt konnte er alles ohne Schuld oder Angst verarbeiten und sich den überwältigenden Gefühlen, die beim Klang ihrer Stimme in ihm aufgestiegen waren, stellen. Im Gegensatz zu vorher akzeptierte sein Verstand jetzt die Fakten. Wenn es nach ihm ginge, könnte dieser Zustand für immer anhalten. So musste es seiner Vorstellung nach im Himmel sein, ein Ort, an dem nichts Böses geschehen konnte, nicht einmal für kurze Zeit.
»Stimmt, aber Draven hatte nicht damit gerechnet, dass ich mit zehn starken Kriegern aufgewachsen war, die mir das Kämpfen beigebracht hatten. Meine fünf Brüder und die De-La-Cruz-Brüder.« Ivory zwirbelte eine Strähne seines Haares zwischen den Fingern, ehe sie kaum spürbar seinen Kopf umbettete, sodass er nun in ihr Gesicht blickte.
Razvans Lider zuckten. Er öffnete
Weitere Kostenlose Bücher