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Jaegerin der Daemmerung

Jaegerin der Daemmerung

Titel: Jaegerin der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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vorherige Zelle. Ich hatte tagelang nichts zu essen bekommen. Vermutlich hielt er mich für zu schwach, um einen Fluchtversuch zu unternehmen.« Razvan zuckte mit den Achseln.
    Mikhail musterte das von Qual gezeichnete Gesicht. Das Achselzucken verriet ihm einiges über sein Gegenüber. Er hatte es weder auf Mitgefühl abgesehen noch wollte er sich für das Leben entschuldigen, zu dem er gezwungen worden war. Dennoch sprachen seine Worte Bände.
    Mikhail verneigte sich. »Du bist ein wahrer Drachensucher.« Kein Drachensucher war je der Dunkelheit erlegen, die die Männer ihrer Spezies bedrohte. Wenn jemand Grund hatte, Wut, Hass und Verbitterung zu empfinden, dann Razvan, vorausgesetzt, es hatte sich alles so zugetragen. »Momentan befinden wir uns in einem existenzbedrohenden Kampf. Womöglich könnt ihr beiden uns mit eurem Wissen dabei unterstützen, unsere Kinder zu retten. Lara ist bereits eine unschätzbare Hilfe.«
    Razvan blieb stumm, hielt den Blick weiter auf Ivory gerichtet. Allein den Namen seiner Tochter zu hören machte ihm schwer zu schaffen, löste ungeahnte Gefühle in ihm aus, von denen er sich jedoch nichts anmerken ließ. Er hatte jahrhundertlange Erfahrung darin, seine Emotionen hinter einer Maske zu verstecken, sodass er den Prinzen nicht sehen ließ, wie er sich bei dem bloßen Gedanken an Lara innerlich wand. Als Ivory die Augen aufschlug und in seine Richtung blickte, trafen sich ihre Blicke. Razvans Herz machte einen Satz.
    Sie wusste es. Sie musste unsägliche Schmerzen erleiden - wahrscheinlich fürchtete sie sich auch vor den Folgen seiner Bedrohung des Prinzen der Karpatianer - aber auf ihren Lippen lag ein halbes Lächeln. Das nur ihm galt. Dieses versteckte, innigliche Lächeln verband die beiden wie zwei Teile desselben Puzzles. Ihren Augen wohnte etwas Weiches inne, als sie seinen Geist mit Wärme umgab.
    Tief in Razvans Innerem bildeten sich harte Knoten. An anderer Stelle schmolz etwas dahin. Sein Herz überschlug sich fast, seine Kehle schnürte sich zu. Ivory. Wieso hatte er sie gerade jetzt gefunden? Sie war wie ein Schatz, den er nicht gesucht, aber dennoch gefunden hatte. Niemand, am allerwenigsten er, verdiente diese Frau mit all ihrer Unerschrockenheit und Großzügigkeit.
    Weibliche Belustigung schlich sich in sein Bewusstsein. Mach dir nichts vor. Niemand außer dir würde mich als großzügig bezeichnen. Ich bin eine Vampirjägerin. Nicht mehr und nicht weniger.
    Dabei war sie so unendlich mehr. Sie war alles. Razvan hielt ihren Blick weiterhin gefangen, während sie sich schüttelte und weitere Parasiten durch ihre Poren nach draußen drangen und in den blutbesudelten Schnee fielen. Er flößte ihrem Bewusstsein Stärke ein, ließ ihr die Düfte in die Nase steigen, die er in ihrer Höhle entdeckt hatte und von denen er wusste, dass sie sie beruhigen würden.
    Die Beseitigung der Parasiten war ein schwieriger Prozess. Der Heiler musste penibel darauf achten, dass er keines der winzigen Wesen übersah. Als Gregori in seinen Körper zurückkehrte, schwankte er vor Erschöpfung.
    »Sie braucht dringend Blut«, verkündete er und sank neben ihr in den Schnee.
    »Genau wie du«, sagte Mikhail und glitt an die Seite des Heilers. Mit einer beiläufigen Geste, die die Vermutung nahelegte, dass er ihm schon unzählige Male Blut gegeben hatte, bot er ihm sein Handgelenk dar.
    Razvan zögerte. Er hatte keine Ahnung, wie stark Xaviers Macht über ihn war, ob er auch seine Zellen und Moleküle beherrschte. Was würde geschehen, wenn er Ivory von seinem Blut trinken ließ? Würde er Xavier damit die Chance geben, auch sie zu vereinnahmen? Da er die Antwort nicht kannte, wollte er kein Risiko eingehen.
    Der Heiler warf ihm einen düsteren Blick zu, der ihn unwillkürlich an Xaviers Augen erinnerte, wenn sie bedrohlich funkelten. Zum ersten Mal seit seiner Begegnung mit diesen Männern empfand er so etwas wie Scham.
    »Du beschützt mich«, sagte Ivory. »Und dafür danke ich dir. Keiner der anderen kann nachvollziehen, was du, was wir durchmachen mussten.«
    »Ich biete dir aus freien Stücken mein Blut an«, wiederholte Sara und streckte Ivory das Handgelenk hin.
    Ivory senkte das Haupt. »Ich bin dir dankbar.«
    Das Blut war gehaltvoll, karpatianisch. Als es in ihren Blutkreislauf gelangte, durchströmte sie ungeahnte Energie. Begierig nahmen ihre Zellen das rote Elixier auf, vor allem in ihrer Schulter und den Rippen, die der Heiler so gut es ging wieder instand gesetzt

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