Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
Kamin zurück und schob ihn mehrfach hin und her, um sicherzugehen, dass er wieder exakt an der richtigen Stelle stand. Sie wusste, dass ihr Verhalten paranoid war. Wen würde es schon interessieren, ob sie den Eimer fünf bis zehn Zentimeter weiter in die eine oder andere Richtung rückte? Sie befasste sich mit Banalitäten, um sich zu konzentrieren und ihren Verstand zu beschäftigen, damit sie ihren Kummer nicht laut herausschrie oder weinte.
Was hatte ihr Vater gesagt? Er wollte ihr das Versprechen abnehmen, dass sie alles wieder in Ordnung brachte. Aber was um alles in der Welt sollte sie wieder in Ordnung bringen?
Es war ihm so wichtig gewesen, aber sie hatte keine Ahnung, was er damit meinte. Was sollte sie wiedergutmachen? Und was hatte er in seinem privaten Labor getan? Und Peters letzter Wunsch war gewesen, dass sie Ryland Miller und seine Männer freiließ. Was auf Erden hatte er damit gemeint, sie solle die anderen finden? Welche anderen?
»Lily?« John Brimslow stieß die Tür auf und streckte den Kopf herein. »Ich habe mehrfach versucht, deinen Vater anzupiepsen, aber er antwortet nicht. Rosa hat sich bei Donovans erkundigt. Er hat sich am späten Nachmittag abgemeldet. « Sein Tonfall war besorgt. »Hat eine Veranstaltung zu wohltätigen Zwecken stattgefunden, oder musste dein Vater sonst irgendwo eine Rede halten?«
Lily zwang sich zu einem nachdenklichen Stirnrunzeln, obwohl sie am liebsten wieder in Tränen ausgebrochen wäre und sich ihm trostsuchend in die Arme geworfen hätte. Sie wagte es nicht, ihm in die Augen zu sehen. Er kannte sie so gut. Selbst bei dieser schwachen Beleuchtung wären ihm die Tränenspuren auf ihrem Gesicht aufgefallen. Sie schüttelte den Kopf. »Er hätte mich zum Abendessen bei Antonio treffen sollen. Ich habe mehr als eine Stunde auf ihn gewartet, aber er ist nicht aufgetaucht. Bei Antonio habe ich die übliche Nachricht zurückgelassen, für den Fall, dass er doch noch hereinschaut – ich hätte aufgegeben und sei nach Hause gegangen – , aber ich habe nichts von ihm gehört. Haben sie im Labor gesagt, ob er gemeinsam mit jemandem weggegangen ist? Vielleicht ist er mit jemandem von der Firma essen gegangen.«
»Ich glaube nicht, dass Rosa sich danach erkundigt hat.«
»Hast du schon in den Terminkalender auf seinem
Schreibtisch geschaut?« Ihre Kehle war wund und schmerzte.
John schnaubte. »Also wirklich, Lily, ich bitte dich! Auf dem Schreibtisch deines Vaters kann niemand etwas finden, und selbst wenn wir etwas fänden, könnten wir diesen seltsamen Code nicht entziffern, diese Kurzschrift, in der er seine Notizen verfasst. Du bist die Einzige, die sich einen Reim auf die Einträge in seinem Kalender machen könnte.«
»Ich werde nachsehen, John. Wahrscheinlich ist er ins Labor zurückgegangen und nimmt einfach nicht ab. Ruf beim Empfang an, und erkundige dich, ob er sich wieder angemeldet hat.« Sie war stolz auf sich, weil es ihr gelang, einen praktischen Eindruck zu machen. Beherrscht und noch nicht wirklich besorgt, sondern eher ein wenig belustigt über die ewige Zerstreutheit ihres Vaters. »Und wenn nicht, dann frag nach, ob er mit jemandem fortgegangen ist. Und du könntest auch noch überprüfen lassen, ob dieser lächerliche Wagen da ist, den er immer unbedingt selbst fahren will.«
Tief in ihrem Innern hörte sie ein Weinen und wusste, dass es ihre eigene Stimme war. Die Intensität des Geräuschs war beängstigend, und sie hatte keine Ahnung, wie sie es schaffte, so natürlich mit John zu reden.
Einen Moment lang fühlte sie wieder diese Wärme in sich strömen. Sie wurde davon eingehüllt und liebkost. Es fielen keine Worte, aber das Gefühl war sehr ausgeprägt. Verbundenheit. Trost. Ihre Empfindungen waren zu stark und brachen trotz ihrer Schutzmaßnahmen aus ihr heraus.
Als sie auf die Tür und den Chauffeur zuging, stolperte Lily absichtlich über den Orientteppich von unschätzbarem Wert, der auf dem Boden lag. Auf der Suche nach
einem Halt griff sie nach John Brimslows Jacke, um nicht zu stürzen, und dabei prallte sie so fest gegen ihn, dass beide ins Wanken gerieten.
John gab ihr Halt und half ihr wieder auf die Füße. Lily sehnte sich nach einer Flut von Informationen, damit sie absolut sicher sein konnte, dass John unschuldig war, da sie dann einen Verbündeten gehabt hätte, aber es kam überhaupt nichts rüber. Johns Geist war, wie immer, gegen ihr Eindringen geschützt, obwohl sie jetzt versuchte, ihn zu ergründen.
»Ist
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