Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
hättest auf der Stelle herkommen müssen.«
Eine ihrer Augenbrauen schoss in die Höhe. Es kostete sie große Mühe, keine Miene zu verziehen. Ihre Augen begannen zu glühen wie Kohlen. »Sie können von Glück sagen, dass ich überhaupt hergekommen bin, Captain Miller.« Sie strengte sich enorm an, mit sanfter Stimme zu reden, denn in Wirklichkeit wäre sie ihm am liebsten ins Gesicht gesprungen. »Sie wissen, dass mein Vater verschwunden ist.« Sie senkte ihre Stimme noch mehr. »Du
warst bei uns, stimmt’s? Wie kannst du es wagen, wütend auf mich zu sein?« Einen entsetzlichen Moment lang drohten ihre Tränen zu fließen, und sie kämpfte dagegen an.
Seine Stimme veränderte sich vollständig, sank um eine Oktave, flüsterte in ihrem Kopf und verwob sie miteinander, als seien sie in irgendeiner Form verbunden. Du kannst nicht ernsthaft glauben, ich hätte etwas mit seinem Tod zu tun.
Die Intimität seines Tonfalls raubte ihr die Luft zum Atmen. Noch schlimmer war, dass er sie mit Wärme und Trost überschwemmte. Sein Daumen streichelte zärtlich die empfindsame Innenseite ihres Handgelenks. Sie versuchte, ihm ihre Hand zu entreißen. Es war ein reiner Reflex, der ihrem Selbsterhaltungstrieb entsprang. Seine Finger legten sich wie eine Fessel um ihr Handgelenk. Sie waren warm und ungeheuer stark und doch sehr sanft.
»Wehr dich nicht, Lily, sonst kommen sämtliche Wächter vom ganzen Firmengelände angerannt, um dich zu retten.« Seine Stimme klang so gereizt, als könnte er sich nicht recht entscheiden, ob ihn diese Vorstellung belustigte oder ob er wegen der Anklage, die sie in Gedanken gegen ihn erhob, wütend auf sie war.
Kannst du einem Menschen aus der Ferne befehlen, einen anderen zu töten? Sie weigerte sich, den Blick von ihm abzuwenden, sah ihm mitten in die Augen und sprach mit ihm, indem sie ihrerseits nun gedanklich Kontakt aufnahm. Bist du dazu in der Lage ?
Ryland konnte seinen Blick nicht von dem tiefen Blau ihrer Augen abwenden, einem Spiegel seiner Seele. Er war nicht sicher, ob er sehen wollte, was sie sah. Und er war auch nicht sicher, ob er es sich leisten konnte, sie sehen zu lassen, was aus ihm geworden war. In ihm siedete allzu viel barbarische Wut.
Die Stimme des Wächters drang knisternd durch den Lautsprecher. »Dr. Whitney, benötigen Sie Beistand?«
»Nein, danke, es ist alles bestens.« Lily sah Ryland Miller weiterhin fest in die Augen. Herausfordernd. Anklagend. Und durchdringend.
Seine Finger hielten ihr Handgelenk immer noch wie ein Schraubstock, doch sein Daumen strich federleicht über ihren beschleunigten Puls, um sie zu beschwichtigen. Er sagte kein Wort, aber er sah sie weiterhin an.
Sag es mir. Kannst du das?
Was meinst du?
Sie musterte ihn lange Zeit. Ihr Blick durchdrang seine Maske und sah das Raubtier, das dicht unter der Oberfläche lauerte. Ich glaube, du kannst es.
Vielleicht. Vielleicht ist es möglich, wenn die Person ohnehin schon voller Böswilligkeit ist. Wenn sie fähig ist zu töten, wenn sie den Wunsch verspürt zu töten, dann könnte es gehen. Eine solche Person könnte ich manipulieren, damit sie es tut.
Ich habe deine Abneigung gegen ihn gespürt. Du warst der Überzeugung, er hätte dich hierher gebracht und er sei für den Tod der Männer aus deiner Einheit verantwortlich.
Ich werde es nicht abstreiten, denn das wäre eine Lüge. Aber du berührst mich gerade. Sieh in mich hinein, Lily. Hatte ich etwas mit dem Tod deines Vaters zu tun?
Ihre blauen Augen glitten über sein Gesicht, bevor sie zu seinen glitzernden grauen Augen zurückkehrten. Soll ich etwa glauben, du könntest deine wahre Natur nicht vor mir verbergen? Ich sehe nur das, was du freiwillig preisgibst.
Ich vergieße keine Tränen über seinen Tod, das muss ich zugeben, aber ich habe niemandem befohlen, ihn zu töten.
»Peter Whitney war mein Vater, und ich habe ihn geliebt. Ich weine um ihn.« Das tat sie wirklich, tief in ihrem
Innern, wo niemand es sehen konnte. Sie fühlte sich allein. Unglücklich. Hilflos und verloren.
Sein Daumen streichelte sie wieder, ließ ihren Puls flattern und sandte Glut in Spiralen durch sie hindurch. Ich wäre ein Dummkopf, wenn ich den einzigen Mann umgebracht hätte, der uns vielleicht das Leben hätte retten können. Seine Lippen murmelten: »Es tut mir leid, dass er spurlos verschwunden ist, Lily. Es tut mir deinetwegen leid.« Er hob die andere Hand und strich ihr über das Haar, gerade so lange, dass ihr der Atem wegblieb. Du hast
Weitere Kostenlose Bücher