Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
und verstummte. »Letzte Nacht. Die Brücke zwischen uns. Du hast sie allein aufrechterhalten.« Ihre Hand glitt durch die Stäbe, und Finger strichen sanft und liebevoll über sein Gesicht. »Ryland, du darfst dich meinetwegen nicht gefährden. Die Stimmen, die ich gehört
habe, das warst du, als du nach deinen Männern gesehen hast. Du nutzt deine Gaben ohne jede Rücksicht auf deine eigene Verfassung. Du musst dich ausruhen und endlich einmal an dich selbst denken.«
Er zog ihre Hand wieder an seinen Mund. »Ausruhen werde ich mich erst dann, wenn sie in Sicherheit sind. Die meisten von ihnen habe ich zu diesem Experiment überredet. Ich konnte schon immer Dinge tun, die andere Leute nicht konnten. Ich wollte mehr tun. Ich gäbe gern Dr. Whitney die Schuld, deinem Vater. Aber ich fand seine Idee brillant. Mir hat es gefallen, dass ich in der Lage bin, ein feindliches Lager zu betreten und dem Wächter einzugeben, dass er währenddessen in die andere Richtung schaut. Gemeinsam war unser Team unschlagbar.«
Der Schmerz war real, Glasscherben, die sich tief in sein Gehirn gruben. Sein Puls schlug zu schnell, und kleine Schweißperlen traten ihm auf die Stirn. »Ryland, ich würde Arznei für dich bringen lassen, damit du schläfst, doch ich fürchte, sie könnten mir etwas anderes geben. Ich kann dir selbst etwas besorgen, aber es wird ein Weilchen dauern. Du musst dich ausruhen und deinem Gehirn Entspannung gönnen.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich nehme keine Medizin. Sieh nur zu, dass du mich möglichst schnell hier rausholst, Lily. Ausruhen kann ich mich, wenn ich bei dir in Sicherheit bin.«
Wenn er das sagte, klang es so intim. Lily konnte sich keine Proteste abringen. Ryland hatte sehr viel Energie für sie aufgebracht. Und für seine Männer. Er dachte an alle anderen, nur nicht an sich selbst.
Er lächelte sie an, ein kurzes Aufblitzen seiner kecken
Selbstsicherheit. »Letzte Nacht habe ich an mich selbst gedacht, Lily, nicht nur an dich.«
Trotz aller Entschlossenheit, jede seiner Anspielungen auf die gemeinsam verbrachte Nacht zu ignorieren, stieg ihr eine leichte Röte ins Gesicht. »Die Wächter sind wahrscheinlich besorgt um mich, denn ich bin schon seit einer ganzen Weile hier. Du solltest mit deiner Energie haushalten und die Sicherheitssysteme nicht noch länger unterbrechen. Wo ist deine Familie, Ryland?« Ihr einziges Mittel bestand darin, ihn abzulenken.
Er ließ nur deshalb zu, dass sie ihre Hände zurückzog, weil er sich dringend setzen musste. Ryland ging auf das Bett zu, streckte sich dort aus und schloss die Augen, damit das Licht, auch wenn es noch so schwach war, sein Gehirn nicht durchbohrte. »Meine Mutter hat mich allein großgezogen, Lily. Die alte Geschichte, die jeder kennt. Die Mutter ein unverheirateter Teenager ohne Zukunftsaussichten.« Das Lächeln, das aus seiner Stimme herauszuhören war, sagte ihr, wie sehr er seine Mutter angebetet hatte. »Sie hat mich bekommen, obwohl ihr alle gesagt haben, sie sollte mich abtreiben lassen, und abends hat sie die Highschool abgeschlossen. Sie hat gearbeitet und nebenher einen Kurs nach dem anderen absolviert, bis sie das Junior College hinter sich gebracht hatte.«
»Das klingt nach einer beeindruckenden Frau.« Lily setzte sich auf einen Stuhl in der Nähe des Käfigs, als der Computer blinkte und die Monitoren zum Leben erwachten, ein Zeichen dafür, dass Ryland sie nicht länger ausschaltete.
»Du hättest sie gemocht«, bestätigte er ihr. »Wir haben in einer ramponierten alten Baracke gelebt, inmitten einer heruntergekommenen Siedlung. Bei uns war es sauberer
als bei allen anderen. Und um unser Haus herum standen all diese Blumen und Sträucher. Sie kannte den Namen jeder Blume im Garten, und sie hat mich das Unkraut ausrupfen lassen.« Ryland rieb sich mit dem Handballen die Stirn. »Nein, sie hat gemeinsam mit mir das Unkraut gejätet. Sie fand es wichtig, über alles zu reden.«
Ein kleines Lächeln zog gegen ihren Willen an Lilys Mundwinkeln. »Die Geschichte hat doch nicht etwa eine Moral? Mir scheint, du willst mir eine Lektion erteilen.«
»Wahrscheinlich. Ich wollte gerade darauf zu sprechen kommen.«
»Darauf würde ich wetten.« Lily zog eine Augenbraue hoch und sah den Wächter an, der hereingestürmt kam. »Gibt es einen Grund dafür, dass Sie uns bei unserem Gespräch stören?«
Ihre Stimme war ultracool. Ryland bewunderte sie wider Willen für den selbstbewussten Eindruck, den sie erweckte, als sie sich in
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