Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
mit Drähten an den Köpfen in einem kleinen Raum rumzusitzen«, sagte Ryland. »Dein Vater hat uns gewarnt, es sei noch zu früh dafür. Es fanden etliche Besprechungen statt, und schließlich haben wir uns alle auf einen Kompromiss geeinigt. Wir haben jeweils drei Tage draußen im Einsatz verbracht und dann zwei Tage mit Elektroden, die jeden unserer Schritte aufgezeichnet haben.«
Lily lief jetzt wieder auf und ab. Ryland nahm den Aufruhr in ihrem Innern wahr, der sich in ihren flinken Schritten zeigte, und erkannte, was sich dahinter verbarg. Wahrscheinlich war ihr gar nicht bewusst, wie wütend sie war, aber ihre Körpersprache verriet sie. »Ich kann nicht glauben, dass er euch das hat durchgehen lassen. Er wusste ganz genau, dass er in puncto Sicherheit keine Kompromisse eingehen darf. Und aufgrund der früheren Ergebnisse erst recht nicht.«
»Aufgrund der früheren Ergebnisse?« Kaden hatte ihre Worte aufgegriffen.
Lily blieb abrupt stehen. Es schien, als hätte sie vergessen, dass die Männer im selben Raum waren.
Arly griff ein, um die Aufmerksamkeit gezielt von diesem Thema abzulenken. »Das hast du nun davon, dass du
ständig mit dir selbst redest. Du bildest dir wohl ein, du seist allein.«
Lily schnaubte und reagierte sofort auf seinen Wink. »Weiß jemand, ob Hollister traumwandern kann?« Sie achtete sorgfältig darauf, Ryland nicht in die Augen zu sehen.
Einen Moment lang herrschte Stille, während die Männer Blicke miteinander wechselten. »Das Traumwandern gilt als ein verrückter Voodoozauber, ebenso wie die Levitation«, sagte Kaden. Er sah sich im Zimmer um, und seine Blicke durchbohrten die Dunkelheit. »Es ist eine unnütze Gabe.«
Ryland zuckte die Achseln. »Dr. Whitney – ich meine Dr. Whitney senior – hat gesagt, es könnte gefährlich sein, sich mit einem anderen Menschen auf einen Traum einzulassen, und er hat uns ganz entschieden davon abgeraten, diese Möglichkeit zu erkunden.«
»Du hast es versucht?«, fragte Kaden. »Das hättest du mir sagen sollen, Ryland. Du weißt doch, dass die oberste Regel lautet, immer dafür zu sorgen, dass man einen Anker hat. Das hat uns Whitney eingeschärft. Du hast es uns eingeschärft.«
»Das wird ja immer schöner«, murmelte Tucker.
Ryland seufzte. »Ich habe durch einen reinen Zufall herausgefunden, dass ich es kann. Ich habe mit Dr. Whitney darüber geredet, und er hat eisern darauf beharrt, es sei zu gefährlich, sich damit abzugeben. Bei diesem Gespräch habe ich ihn gefragt, ob einer der anderen traumwandern kann, und er hat gesagt, ein oder zwei andere könnten es.« Er sah in die Runde. »Hat es sonst noch jemand ausprobiert? «
Im hintersten Winkel des Raums regte sich etwas. Alle Blicke wandten sich dem Mann zu, der stumm im tiefsten
Dunkel saß. Lily hatte den Eindruck von Finsternis und roher Kraft. Es schien ihr, als rührte sich etwas enorm Bedrohliches. Etwas Todbringendes. Sie versuchte, die Gesichtszüge des Mannes zu erkennen, doch der schwache Schein der Lampe drang nicht ganz zu ihm vor.
»Nico?«, hakte Ryland nach. »Kannst du traumwandern? «
»Ich konnte schon immer traumwandern.« Die Stimme passte zu dem Bild, das sie sich von ihm machte, und sandte Lily einen Schauer der Furcht über den Rücken. Sie wusste, wer das war. Nicolas Trevane. In einer Indianerreservation geboren und bis zu seinem zehnten Lebensjahr dort aufgewachsen. Später hatte er zehn Jahre in Japan verbracht. Scharfschütze beim Militär und mit mehr Orden ausgezeichnet, als sie zählen konnte. Wie viele Menschen er getötet hatte, wollte sie gar nicht wissen. Sie erinnerte sich noch daran, wie seine Augen sie verfolgt hatten, während er vollkommen still mitten in seinem Käfig gesessen hatte. Sogar hinter Gitterstäben hatte er auf sie so bedrohlich gewirkt, dass sie fast die Nerven verloren hätte. Ein gefährliches Raubtier, das seine Chance abpasste.
»Mein Vater sprach von ›ein oder zwei anderen‹. Wenn Ryland und Mr Trevane traumwandern können und kein anderer sich dazu bekennt, dann besteht immerhin die Möglichkeit, dass auch Mr Hollister es kann.« Während Lily diesen Gedanken aussprach, bahnte sie sich bereits einen Weg durch die Männer und ging auf die Tür zu.
»Lily«, sagte Ryland mit scharfer Stimme, »wohin gehst du?«
Sie blieb stehen und wirkte überrascht. »Tut mir leid. Beobachtet ihn. Sein Puls ist kräftig und seine Atmung normal. Ich muss schnell ein paar Nachforschungen anstellen.
Ich will den Versuch
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