Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
ihre Augen sich anstrengten, um die Dunkelheit in den Winkeln ihres Schlafzimmers zu durchdringen. Die Stimme war kräftig, und sie war klar und deutlich zu vernehmen. Heftiges Verlangen ließ sie gereizt klingen. Diesmal war es kein Traum. Ryland hielt sich im selben Raum auf wie sie.
Sie drehte sich um und lugte unter ihr Bett. Lily lachte darüber, wie albern sie war, als sie ihren Kopf wieder auf das Kissen sinken ließ und zur Decke aufblickte. Der Klang ihrer Stimme half ihr dabei, die Enttäuschung zu unterdrücken, die sich in ihrem Körper breitmachte. Sie verzehrte sich nach ihm. Seelisch und körperlich lechzte sie nach ihm. Nach Ryland Miller. Nach dem silbernen Blitzen seiner Augen. Nach seinem verführerischen Mund. Nach seinem Körper. Sie träumte von seinem Körper. Davon, ihn eng an sich zu schmiegen, von seinen Händen und von seinem Mund berührt zu werden, von ihm gekostet zu werden. Seine Haut zu fühlen. Sie erwachte entflammt und allein. Hohl und leer und missmutig.
Nachdem sie ihn bei Jeff Hollister zurückgelassen hatte, war sie in das geheime Labor ihres Vaters zurückgekehrt, da sie noch eine Weile in den Aufzeichnungen hatte lesen wollen. Lily fürchtete, sie könnte etwas tun, was Hollister
schaden könnte, aber Ryland hatte glühend darauf beharrt, keine ärztliche Hilfe hinzuzuziehen. Sie hatte den ganzen Vormittag über und bis in den Nachmittag hinein gearbeitet und war kurz vor fünf ins Bett gefallen. Offenbar hatte sie bis in die Nacht hinein geschlafen.
Sie würde Ryland nicht aufsuchen. Wenn sie an ihn dachte, beeinträchtigte das ihr Konzentrationsvermögen erheblich, und sie brauchte ihre gesamte Konzentration, um ihm zu helfen. Es war weitaus wichtiger, Antworten zu finden. Sie hatte ihm einen sicheren Zufluchtsort und reichlich Nahrung zur Verfügung gestellt. Wenn sie sich darüber hinaus mit ihm einließ, konnte das alles gefährden, sagte sie sich streng. Am besten half sie Ryland Miller und den anderen, indem sie so viel wie möglich darüber herausfand, wie es ihrem Vater gelungen war, ihre Gehirne für die Energiewellen zu öffnen.
Lily fuhr sich mit einer Hand durch die dichte Mähne, die ihr um das Gesicht fiel. An dem erotischen Traum, den sie gemeinsam erlebt hatten, konnte sie sich in der Realität niemals messen. Es war ein Kinderspiel, in einem Traum vollkommen hemmungslos zu sein, aber sie hatte keine Ahnung, wie man sich gegenüber einem Mann aus Fleisch und Blut benahm, der eine Sirene erwartete. Warum hatte sie diesen gemeinsamen Traum überhaupt zugelassen? Sie lief leuchtend rot an, stöhnte und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
»Denk an etwas anderes, Lily. Um Himmels willen, du bist eine erwachsene Frau. Es ist unbedingt erforderlich, dass du die Antworten findest. Hör auf, an ihn zu denken!« Lily versuchte, sich selbst gegenüber Strenge walten zu lassen. Sie zwang sich, an andere Dinge zu denken als an scharfe Männer, die es kaum erwarten konnten. An
diesen einen ganz bestimmten Mann. Sie seufzte. »Okay, Lily, konzentriere dich auf Folgendes: Es wird zwangsläufig irgendwann dazu kommen, dass Colonel Higgens dich verdächtigt. Früher oder später wird er eine Möglichkeit finden, die Sicherheitsvorkehrungen zu umgehen. Arly glaubt zwar, er könnte Wunder vollbringen, aber das bildet er sich nur ein.«
Lily warf die Bettdecke zurück und tappte barfuß durch das Zimmer zu dem gekachelten Bad. Sie trug nur ein langes Hemd. Rylands Hemd. Es roch noch nach ihm und hüllte sie wie eine Umarmung ein. Sie hatte das Hemd gestohlen, einem erbärmlichen Impuls folgend, für den sie sich einerseits ein wenig schämte, aber andererseits war sie unendlich dankbar dafür, dass sie ihm nachgegeben hatte. Es war gemeinsam mit seinen anderen Kleidungsstücken im Laboratorium zurückgeblieben, um in die Wäscherei geschickt zu werden. Sie konnte nicht glauben, dass sie so tief gesunken war, ein Hemd zu stehlen. Das war nicht nur erbärmlich, es war das Allerletzte.
Sie ließ sich Zeit damit, ihr Gesicht zu waschen, und nutzte die Gelegenheit, um sich eine strenge Strafpredigt zu halten und dabei ihr Gesicht im Spiegel anzusehen. »Du willst ihn ohnehin nicht, Lily. Du willst um deiner selbst willen geliebt werden und nicht, weil bei dir die Chemie stimmt.« Ihre Augen waren zu groß für ihr Gesicht. Sie war zu blass. Und zu schlaff. Warum war sie nicht so schlank wie ein Model auf die Welt gekommen, eine prachtvolle Erscheinung mit anhaltender
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