Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker
Meine Schutzengel, die im Raum auf und ab schritten, blieben ruckartig stehen, als wir hereinkamen.
„Alle Menschen raus hier!", befahl ich und betrat mit Jabari und Danaus das Zimmer. Die beiden Jäger verließen rasch den heiteren, butterblumengelben Salon, doch Michael und Gabriel rührten sich nicht. „Meine Engel auch", fügte ich etwas sanfter hinzu. Die beiden sahen mich verdrossen an, räumten aber ohne Widerworte das Feld. Vermutlich riet ihnen ihr Instinkt, sich von dieser tödlichen Versammlung zurückzuziehen.
Als ich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, stellte ich fest, dass Danaus immer noch im Raum war. Ich schaute von ihm zur Tür und zog fragend die Augenbrauen hoch. Er grinste mich schief an. „Ich gehöre keiner der beiden Kategorien an." „Das könnte dir noch leidtun." „Wäre nicht das erste Mal, seit ich mit dir unterwegs bin."
Das glaubte ich ihm gern. Wenn er unbedingt bleiben wollte, dann sollte er es tun. Meine einzigen Sorgen waren Jabari und mein Hals. „Er verschwindet!", befahl Jabari. „Er ist keiner von uns."
Ich zuckte angesichts seiner barschen Stimme zusammen, versuchte aber, mir nichts anmerken zu lassen. Der Älteste wollte, dass ich eingeschüchtert vor ihm einknickte und gehorchte, doch genau das wollte ich diesmal nicht tun.
„Nein!" Ich entfernte mich von der Tür und stellte mich neben Danaus. Mein Gesicht war völlig ausdruckslos und bar jeder Unterwürfigkeit. Ich verhöhnte ihn weder, noch bettelte ich besonders um einen Kampf, aber Jabari sollte merken, dass ich begonnen hatte, klare Fronten zu schaffen.
Als der Alte den Arm ausstreckte, um Danaus am Hals zu packen, spürte ich es eher, als dass ich es sah. Ich hielt ihn am Handgelenk fest und stieß ihn fort. Jabari schlitterte über den glänzenden Dielenboden und prallte auf der anderen Seite gegen die Wand. Ich hörte, wie Sadira angesichts meiner unerwarteten Reaktion nach Luft schnappte und Tristan leise fauchte. Die beiden zogen die Köpfe ein, als Jabari mich wütend anknurrte. Es klang nicht nach Lauten eines Wesens, das einmal ein Mensch gewesen war, sondern eher nach der zornigen Warnung eines Tigers. Seine Kräfte breiteten sich im Raum aus und überwältigten mich beinahe, doch ich wollte mich nicht von ihm unterdrücken lassen. Ehrlich gesagt hätte ich mich eher von Jabari töten lassen, als mich noch einmal den Naturi zu stellen. Aber so oder so, kampflos würde ich auf keinen Fall abtreten.
„Ist das jetzt unser Ende? Ich werde nicht zulassen, dass du diese Kreatur tötest!", stieß ich hervor und fletschte die Zähne. Ich hatte eine geduckte Haltung eingenommen und wartete angespannt und kampfbereit auf den nächsten Angriff. Die Verletzungen in meinem Brustkorb meldeten sich wieder, doch ich verdrängte die Schmerzen.
Die Dunkelheit begann aus meinem tiefsten Inneren aufzusteigen und breitete sich aus, bis sie Stück für Stück alles überdeckte, was noch von meiner Menschlichkeit übrig war. Es war die Lust zu töten, dieses treibende Verlangen, das Leben eines anderen Wesens in der Hand zu haben. Ich blieb vor Danaus stehen, um den Ältesten klarzumachen, dass er nicht an mir vorbeikam, wenn er ihn haben wollte.
„Da wäre auch noch die Tatsache, dass du Nerian nicht wie befohlen getötet hast", rief Jabari mir in Erinnerung. „Jetzt ist er tot. Nur mit ein paar Jahrhunderten Verspätung." „Du hast es auch nicht geschafft, Tabors Ersatzmann zu beschützen", fuhr er regungslos fort. Die Ruhe vor dem Sturm. Offenbar hatte Sadira ihm die frohe Botschaft inzwischen übermitteln können.
„Die Naturi wussten, wo wir waren. Sie wussten es!" Rowe hatte mich immer mühelos aufgespürt. Ich dämpfte meine Stimme zu einem Flüstern. „Ich frage mich, woher." „Was willst du damit sagen?" Jabari ballte die Hände zu Fäusten, und seine Augen leuchteten auf, als koste es ihn seine ganze Kraft, mich nicht auf der Stelle umzubringen.
Er wusste sehr genau, was ich damit sagen wollte.
„Gar nichts. Ich bin nur neugierig", antwortete ich ausweichend, um mir ein wenig Spielraum zu verschaffen. „Was ich auch tue, die Naturi scheinen mir immer einen Schritt voraus zu sein. Sie können uns nicht spüren, aber Nerian hat mich trotzdem gefunden. Und sie haben Thorne getötet, bevor ich überhaupt wusste, wer er ist, verdammt! Rowe hat mich jetzt schon zweimal aufgespürt. Irgendjemand begeht hier Verrat." Ich machte einen Schritt auf ihn zu. „Und da gehst du zuerst auf deine eigenen
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