Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker
gurgelnden Lauten, die Nerian von sich gab, während er versuchte, ohne Luftröhre zu atmen.
Als der blutige Regen aufhörte, öffnete ich die Augen.
Nerian kippte vornüber, doch da er an die Wand gekettet war, konnte er nicht umfallen. Sein Kopf baumelte vor seiner Brust, sein ganzer Körper war blutüberströmt. Als ich langsam zurückwich, verrauchte mein Zorn und ich kam wieder zu mir. Ich schmeckte sein Blut in meinem Mund, und ein Teil von mir geriet in Panik. Naturi-Blut war giftig für Nachtwandler. Ich spuckte aus und hob den Arm, um mir den Mund abzuwischen, aber mein Arm war ebenfalls voller Blut.
Ein kleiner Tropfen brachte mich zwar nicht um, aber mir jagten vor Entsetzen kalte Schauer über den Rücken. Naturi-Blut schmeckte nicht wie anderes Blut. Es war bitter und abartig. Als ich mich umdrehte, sah ich mich Danaus gegenüber.
Ich hatte völlig vergessen, dass er da war. Er stand sprungbereit mit dem Naturi-Dolch in der Hand vor mir. Ob er ihn absichtlich gezückt oder instinktiv reagiert hatte, als ich Nerian die Kehle herausriss, wusste ich nicht, aber es spielte auch keine Rolle. Ich war immer noch viel zu aufgewühlt, um klar denken zu können.
Ich stürzte mich auf ihn und griff nach dem Dolch, doch er holte aus, und ich wich ruckartig zurück und schlug schreiend um mich. Es gab kein Halten mehr. In diesem Moment wollte ich seinen Tod und vielleicht sogar meinen. Mir war alles recht, um mich von der Erinnerung an Nerians Grinsen zu befreien. Ich drängte Danaus an die Wand und trat ihm mit einem gezielten Tritt den Dolch aus der Hand, der darauf durch die Luft wirbelte und gegen die Schlackenmauer prallte.
Die widerwärtige Waffe hielt mich in ihrem Bann, und ich musste mich von ihr befreien .. ein für alle Mal. Ich kehrte Danaus achtlos den Rücken zu und schleuderte einen blauen Feuerball auf den Dolch. Die Flammen, die ihn erfassten, waren so heiß, dass der Beton zu zischen begann und Blasen warf. Es wurde immer wärmer und stickiger im Raum, doch ich nährte das Feuer mit meiner ganzen Wut und meinem Hass, um die Klinge zum Schmelzen zu bringen.
Schließlich sank ich erschöpft auf die Knie und löschte die Flammen. Dann starrte ich den Naturi-Dolch an und brach in schrilles, schon beinahe irres Gelächter aus: Die Klinge war völlig unversehrt. Einen Moment lang hatte sie rot geglüht, aber nun sah sie genauso aus wie vorher. Ich konnte sie nicht vernichten. Der Zauber, der auf ihr lag, bewahrte sie davor zu rosten, zu splittern und zu schmelzen. Solange die Naturi existierten, bestand auch dieser Dolch fort.
Ich drehte mich um und richtete meinen Blick auf Nerian. Wenn ich den Dolch schon nicht vernichten konnte, so konnte ich die Welt doch zumindest von ihm befreien. Sein Körper ging augenblicklich in herrlichen orangefarbenen Flammen auf. Der Gestank von verbranntem Fleisch und Haar breitete sich im Keller aus, aber das kümmerte mich nicht. Ich ließ das Feuer brennen, bis von dem Naturi nur noch ein kleines Häufchen Asche übrig war. Der Rauch drang durch die Ritzen in der Holzdecke in den oberen Teil des Hauses.
Es kümmerte mich nicht, ob ihn jemand bemerkte, denn ich hatte nicht vor, noch länger an diesem Ort zu bleiben. Nerian war tot, aber vergessen würde ich ihn wohl nie.
Zum ersten Mal seit Jahrhunderten hatte ich Sehnsucht nach Jabari. Er hatte mich einst vor Nerian und seinen Leuten gerettet. Er hatte mir dabei geholfen, die entsetzlichen Erinnerungen in Schach zu halten. Und nun sehnte ich mich danach, dass er seine starken Arme um mich legte und mit seiner ruhigen, gelassenen Art in mein Bewusstsein vordrang, um meine Gedanken zu ordnen.
Aber Jabari war verschwunden. Ob er tot war oder einfach nur unterwegs, wusste ich nicht. Aber wenigstens war Nerian nun tot. Ich stand schon seit über vier Jahrhunderten auf eigenen Füßen. Und ich würde auch weiterhin allein klarkommen, wie schwer es auch sein mochte.
Das Geräusch von Schritten auf dem kalten Betonboden lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf Danaus. Als ich ihn über die Schulter ansah, entfuhr mir ein leiser Seufzer. Ich fühlte mich etwas freier; so frei wie schon lange nicht mehr. Ich hatte einen Geist in die Hölle zurückgeschickt. Dort gehörte er hin - und dort würde er auf mich warten. Aber das war ein anderes Kapitel.
Ich war ziemlich überrascht, dass Danaus nicht versucht hatte, mich zu töten, als ich ihn angegriffen hatte. Er hatte sich lediglich verteidigt, mehr nicht. Hilfe bei
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