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Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Titel: Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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Kreuzfahrtschiffe umfahren hatte. Ich sprang auf den Holzsteg, ohne mich noch einmal nach Danaus umzudrehen. Aber ich spürte, dass er mir im Abstand von einigen Schritten folgte. Ich war irgendwie wütend auf ihn. Zumindest glaubte ich, dass er der Grund für meine gereizte Stimmung war. Vielleicht rührte sie aber auch daher, dass ich nicht genug Zeit für Michael gehabt oder dass ich keine Ahnung hatte, wo Jabari steckte.
    Oder daher, dass die Naturi wieder aufgetaucht waren und ich mich ihnen nicht stellen wollte. Es gab also genug Gründe, wütend zu sein, aber in diesem Moment war es am einfachsten, Danaus die Schuld daran zuzuschieben.
    Ich blieb einen Augenblick auf der Corniche el-Nil stehen, um mich zu orientieren. Die Straße führte in Nord-Süd-Richtung direkt am Nil entlang durch Assuan. Diverse Reisebüros hatten sich hier angesiedelt, von denen die unzähligen Motorboote und Feluken verwaltet wurden, mit denen man die Touristen zu den Nilinseln brachte. Wir hatten viel weiter im Süden der Stadt angelegt, als ich angenommen hatte. Unmittelbar vor mir befand sich die Insel Elephantine, gleich dahinter die Kitchener-Insel mit ihren prächtigen botanischen Gärten. Die Geräuschkulisse des einen Straßenblock entfernten Basars war bis hierher zu hören.
    Die Händler boten bis in den späten Abend mit viel Geschrei ihre Waren feil, und die Straße war von lebhafter nubischer Musik erfüllt, die mit birnenförmigen Lauten, den sogenannten Ouds, und flachen Duff-Trommeln gemacht wurde. Die Sonne war untergegangen, aber die Stadt erwachte erst jetzt richtig zum Leben, nachdem die drückende Hitze des Tages nachgelassen hatte.
    Mit Jabari hatte ich die meiste Zeit weiter nördlich verbracht, in Theben und Alexandria. Weil ich mich öfter, stärken musste als er, hatte sich der Alte mit mir immer in der Nähe dicht besiedelter Gebiete aufgehalten, obwohl er abgelegene Orte bevorzugte. Zweimal waren wir den Nil hinauf nach Assuan gereist, wo wir in nubischen Dörfern gewohnt hatten, die Jabaris Heimat waren.
    Kurz bevor ich in die Neue Welt gezogen war, hatte ich mich bei einem meiner seltenen Besuche des Konvents mit Jabari in Venedig getroffen. Er hatte davon gesprochen, dass er nach Assuan ziehen wollte, um den Bau der ersten Staumauer zu überwachen, durch den jene Gebiete überflutet wurden, die einst im Zentrum des nubischen Reichs gelegen hatten. Ich hatte zwar nie Gelegenheit gehabt, ihn später danach zu fragen, aber ich war sicher, dass der alte Nubier auch den Bau des neuen Assuan-Hochdamms und die Verlegung der Denkmäler von Abu Simbel und Philae beaufsichtigt hatte.
    Ich ging die Corniche el-Nil in nördlicher Richtung entlang und schlängelte mich durch die Touristenhorden, die aus den Feluken stiegen, um in ihre Hotels zurückzukehren, während Danaus mir wie eine dunkle Regenwolke folgte. Die Menschen beachteten mich kaum, wenn ich an ihnen vorbeiging. Die Atmosphäre dieser Stadt kündete von verborgenen, viel geheimnisvolleren Dingen. Jabari hatte sein ganzes Leben in diesem Teil der Welt verbracht. Er hatte zwar auch die grünen Länder Südamerikas und die kalte russische Tundra bereist, aber er war immer wieder in sein geliebtes Ägypten zurückgekehrt. Ich glaube, die Menschen in Assuan spürten es, wenn er dort war, ohne genau zu wissen, was sie eigentlich spürten. Vielleicht dachten sie, es wäre eine der alten Gottheiten in den Tempeln oder der Geist eines Pharaos.
    Ich fragte mich, ob sie nun auch seiner Abwesenheit gewahr waren. Die Einheimischen eilten mit gesenkten Häuptern durch die Straßen und vermieden jeden Augenkontakt. Das Leben im Nahen Osten war immer schon von sozialen Unruhen geprägt gewesen, doch nun hatten die Menschen eine Nervosität an sich, die ich nicht verstand. Vielleicht wussten sie, dass ihr Gott verschwunden war.
    Ein paar Blocks weiter fand ich schließlich, wonach ich gesucht hatte. Leider legten um diese Zeit keine Fähren ans Westufer mehr ab. Assuan lag am Ostufer des Nils, das sich durch üppige Vegetation und unzählige Hotels und Geschäfte auszeichnete. Das Westufer war dagegen größtenteils von Wüstenlandschaft bestimmt, es gab dort zwar ein paar Sehenswürdigkeiten, die tagsüber von den Touristen besichtigt wurden, aber da sie alle um fünf Uhr nachmittags schlossen, gab es danach auch keine Fährverbindung mehr.
    Ich fuhr mir mit den Fingern durchs Haar und hielt nach einer freien Feluke Ausschau. Es war nur eine Vermutung, aber ich

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