Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
ich ihn, bevor er fortfahren konnte, und griff erneut nach seiner Schulter. „Danaus und ich gehen da allein rein. Umso einfacher kommen wir dann auch wieder raus .. " „Glaubst du wirklich, dass sie euch dafür nicht umbringen werden?", fragte Valerio scharf. Ich hatte vergessen, dass der Nachtwandler immer noch bei uns war. Ich warf ihm einen Blick über die Schulter zu und bemerkte überrascht, dass seine schönen Gesichtszüge angespannt wirkten. Die vollen Lippen waren zu einem harten, dünnen Strich zusammengepresst, und flache Furchen zogen sich um seine Augenwinkel und kreuzten seine Stirn.
Die Naturi waren zu einer albernen Gruselgeschichte geworden, die wir allen neuen, kleinen Nachtwandlern erzählten, um sie das Fürchten zu lehren, aber jetzt wachten wir alle auf und stellten fest, dass diese fast ausgestorbene Art sich urplötzlich zur Wehr setzte. Unsere Albträume drohten Wirklichkeit zu werden und uns ins Sonnenlicht zu zerren. Wieder einmal.
„Das ist die nächste Frage, auf die ich mir eine Antwort erhoffe", gab ich mit einem Grinsen zu. „Wie unersetzlich bin ich eigentlich wirklich? Würden sie das Risiko eingehen, das Tor zu öffnen, indem sie mich oder Danaus töten? Würden sie alle Nachtwandler opfern, nur um ihre Pläne nicht zu gefährden? Oder ist das vielleicht ohnehin ihr Plan?"
„So wichtig bist du nicht, Mira", mahnte Valerio und legte die Stirn in noch tiefere Falten. Damit hatte er vermutlich recht, aber ich hatte nicht vor, mich so leicht umbringen zu lassen. Mit Danaus hatte ich immer noch ein oder zwei Asse im Ärmel. Selbstverständlich konnte mich dieser Plan auch ebenso gut die Haut kosten, wie er sie mir retten konnte, falls ich Jabaris Absichten falsch verstanden hatte.
„Ich brauche deine Hilfe", begann ich und wandte mich an Valerio. Ich griff rasch nach seinem Jackettärmel, obwohl ich ihn hier nicht festhalten konnte, egal wie sehr ich es wollte. „Ich begleite dich nicht zum Konvent. Mich brauchen die sogar noch weniger lebendig als dich." „Stimmt, aber ich brauche dich lebendig", entgegnete ich. Ich umschloss seine linke Hand mit meiner. „Geh nach Osten. Finde andere, die älter sind als ich. Berichte ihnen alles, was ich dir berichtet habe. Falls der Konvent Erfolg hat, was auch immer seine Pläne mit den Naturi sein mögen, muss unsere Rasse vorbereitet sein."
„Du willst, dass ich eine Armee für dich aushebe", sagte Valerio und versuchte, mir seine Hand zu entziehen. „Nein, wenn der Konvent und die Naturi Erfolg haben, wird es deine Armee sein. Irgendjemand muss die Nachtwandler vor dem Konvent beschützen." „Mira, ich bin kein Anführer." „Quatsch. Du hast dich bloß immer vor der Verantwortung gedrückt. Schön. Dann finde jemand anders, dem du den Job aufhalsen kannst. Aber lass das Wissen nicht zusammen mit dir untergehen."
Valerio verzog das Gesicht und drückte mir die Hand. „Du willst vielleicht keinen Sitz, aber du bist die Einzige, die es verdient, dem Konvent anzugehören." „Ich hoffe für uns alle, dass du damit falschliegst."
16
Sobald ich wieder in die Lederhosen und eines der letzten Baumwolloberteile geschlüpft war, die meine Reisen überlebt hatten, schnappten Danaus und ich uns ein Schnellboot und rasten zur Insel hinaus.
Der Jäger steuerte das Boot; seine großen Hände umklammerten das Steuerrad. Sein schwarzes Haar wirbelte im Wind und gab den Blick auf die zusammengebissenen Zähne und die zu Schlitzen verengten Augen frei. Der muskulöse Körper vibrierte vor Anspannung und war von lautlos knisternder Energie umgeben. Ich wollte mich von ihm fernhalten, in der hintersten Ecke des Bootes, aber diese Möglichkeit gab es nicht. Wir mussten reden und uns irgendeinen gemeinsamen Plan zurechtlegen, bevor wir in den Thronsaal hineinspazierten.
Ich ließ mich in den Sitz neben ihm fallen und fixierte die Insel, während wir näher kamen. „Hast du irgendeine Ahnung, was da zur Insel geflogen ist?", fragte ich. „Riesenfledermäuse", murmelte er. „Toll. Sind sie die Einzigen?
Eine Pause entstand, als die Kraft sich von seinem Körper bis in den letzten Winkel unserer Umgebung ausbreitete. Sie durchströmte mich wie eine warme Welle. Ich war mir nicht sicher, ob ich mich an dieses Gefühl jemals gewöhnen würde, dennoch ließ es mich immer mit dem Wunsch zurück, ich könnte mich noch einen Augenblick länger hineinhüllen, bevor ich mich der harten Realität dessen stellte, was uns bevorstand.
„Ich werde nicht
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